Ruby und Niall
Bettdecke wühlte und es sich auf der Gästecouch so gemütlich wie möglich machte, dachte sie an Mona, an die Jungs aus der WG und die anderen Leute aus Winslow. Sie fühlte sich ein wenig schuldig, weil sie sie nicht vermisste, aber vielleicht war das ein gutes Zeichen.
Es mochte bedeuten, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte.
Die Wochen vor der Promotiontour schrumpften zu Tage zusammen und Ruby und Niall verbrachten jede freie Minute miteinander. Sie begleitete ihn ins Krankenhaus, wo sie drei Stunden darauf warteten, dass er den Gips loswurde. Sein Bein war wie das eines Fremden; dünner als das andere, die Haut faltig und ausgetrocknet. Niall versuchte das Bein zu belasten und sagte, es sei alles in Ordnung. Er war sich nicht sicher, ob es die Bruchstelle war, die noch immer wehtat, aber er fragte den Arzt nicht danach. Er wollte nicht, dass der Gips wieder draufkam.
"Sie sollten noch ein paar Tage mit Krücke laufen", sagte der Arzt, und Niall grinste zu Ruby hinüber. Der hatte seine Gedanken erraten. Die paar Tage würde er noch umkriegen.
Vor dem Krankenhaus sagte Ruby: "Ich bin gespannt auf Sex ohne Gips."
Sie aßen in einem Schnellimbiss, bis es Zeit wurde, dass Ruby mit dem Lieferservice begann. Obwohl sie nicht damit gerechnet hatten, war das Angebot so gut angenommen worden, dass Ruby jeden Tag für ein paar Stunden unterwegs war. Der wöchentliche Lohn war viel zu wenig, als dass sie damit auch nur einen Teil der Miete hätte bezahlen können, aber sie hoffte, dass sich das noch steigern würde. Eigentlich hatte sie nichts dagegen, zehn Stunden am Tag durch die Gegend zu fahren, selbst bei dem schlechten Wetter. Sie gab Helen den größten Teil des Geldes.
Niall hatte von Sean eine Liste mit Mietobjekten im Umkreis von Arlington bekommen, nachdem sie darüber gesprochen hatten. Der winzige Raum unter dem Dach war von Anfang an nur ein Provisorium gewesen. Zwar dachte Sean, dass der aktuelle Zusammenstoß mit Michael den Ausschlag dazugegeben hatte, aber das spielte für Niall keine Rolle.
Ruby hatte noch immer keine Ahnung, dass er als Techniker und Mädchen für alles ganz gut verdiente. Die Monate, die er verschwunden gewesen war, hatte der Boss als unbezahlten Urlaub abgehakt, erwartete allerdings jetzt von ihm, dass er nicht mehr aus der Reihe tanzte.
Das dicke Ende kommt noch
, dachte Niall,
aber wenigstens wird der Boss nicht versuchen, mich kalt zu machen
.
Er begleitete Ruby zu den Rigantis, wo sie ab und zu eine Kleinigkeit zu essen bekamen, wenn sie zu früh dran waren. Vincente begrüßte sie, deutete auf die fertig zusammengestellten Lieferungen, die in aufgestapelten Kartons neben der Theke standen.
"Für den Sommer solltet ihr einen Kühlwagen besorgen", sagte Niall und trat damit eine laute Diskussion unter den Italienern los. Vater Riganti behauptete, Kühlakkus in den Kartons würden ebenso den Zweck erfüllen, aber Vincente meinte, ein kleiner Kühlwagen würde der ganzen Sache einen professionellen Anstrich verleihen. Seine Mutter stimmte ihm zu und warf ihrem Mann vor, dass er geizig sei.
Während die Familie Rigante sich weiter ereiferte, Ruby kräftig mitmischte, weil sie die Vorstellung, mit einem weißen Kühlwagen und in einer schicken Uniform auszuliefern, einfach klasse fand, kamen zwei Kunden in den Laden und fragten nach Kaffee und Espresso. Als niemand reagierte, schlich Niall sich hinter die Theke und bediente die professionellen Kaffeemaschinen, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Als er fragte, wo die Tassen seien, wurde Vincente hellhörig und übernahm die Bedienung.
Er warf Niall nur einen fragenden Blick zu und Niall sagte: "Wer in einem Pub groß geworden ist, kennt sich auch mit den Maschinen aus. Ob Kaffee oder Bier."
"Darf ich auf dich zukommen, wenn wir mal hinter der Theke Hilfe brauchen?", fragte Vincente.
Niall flüsterte: "Ich werde den Teufel tun und mit Ruby zusammenarbeiten. Ich habe bereits einen Job, aber danke für das Angebot."
Erst, als sie sich am letzten Abend vor Nialls Abreise zum Essen trafen und in seinem Zimmer im Bett landeten, erzählte Niall im Detail, wie er mit Michael zusammengeraten war.
Die Heizung war repariert und lief auf Hochtouren, sie hatten sich bemüht, beim Sex so leise wie möglich zu sein, und lagen danach nackt nebeneinander, die Decken waren zur Seite gestrampelt. Niall kratzte sich abwesend an seinem ehemals gebrochenem Bein. Die Muskeln waren mit der normalen Belastung zurückgekommen, aber
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