Ruby und Niall
die trockene Haut juckte noch immer.
"Rasieren und eincremen", sagte Ruby und er meinte, das würde nach einem seltsamen Sex-Spiel klingen.
"Vielleicht hätte es dann mit Alice geklappt, wenn du es mal versucht hättest."
Er kniff ihr in die Seite und hielt ihr den Mund zu, als sie aufquiekte. Damit sie sich nicht nur flüsternd unterhalten mussten, machte Niall den Fernseher an und suchte einen Sender mit Talkshows.
"Du bist eine kleine Hexe", sagte er, "willst du wissen, wie ich Michael dazu gebracht habe, dass er mir eine reinhaut?"
Sein blaues Auge hatte mittlerweile die Farbe gewechselt und seine angeschlagene Nase war wieder in Ordnung. Michael hatte es nicht geschafft, sie zu brechen.
Die Falle
Im Haupthaus waren sie den ganzen Morgen damit beschäftigt gewesen, persönlich signierte Exemplare des neuen Buches für den Postversand vorzubereiten, Michael hatte wie üblich die meisten Aufgaben verteilt, kümmerte sich um die Organisation der Hotelzimmer und sprach mit den Veranstaltern. Dazu hockte er mit einem Headset vor dem Computer, der im chaotischen Büro stand, kam nur in Abständen vor die Tür, um die anderen zu kontrollieren.
Niall und Sean hatten die Kisten mit der Technik gepackt und in den Transporter gebracht, wobei Sean eher die Kisten packte, weil er sie weder tragen noch rollen konnte mit Gipsbein und Krücke.
Als er vom Klo kam, stolperte er Michael in die Arme und in dem schmalen Flur zu den Toilettenräumen gab es keine Chance, ihm aus dem Weg zu gehen. Michael war ein großer und breiter Kerl, der es offensichtlich niemals gelernt hatte, dass man auch mit einem freundlichen Gesicht weiterkam. Er blieb vor Niall stehen, blockierte den Weg und erst, als Niall fragte, ob er vorbeidürfe, sagte er: "Wenn es nach mir ginge, hättest du deinen Job nicht wiederbekommen."
"Ich war nur beim Pinkeln, Michael, lass mich in Ruhe."
Michael machte einen Schritt zur Seite, und als Niall sich an ihm vorbeidrückte, rempelte er ihn an und zischte: "Ich bin echt froh, dass ich dich nicht beim Pinkeln am Urinal erwischt habe. Vermutlich hätte ich ihn dir abgerissen."
Michael machte eine schnelle Bewegung in Nialls Richtung und der zuckte zurück, kam aus dem Gleichgewicht und wäre fast hingefallen. Der Gummistopper der Krücke rettete ihn auf dem glatten Steinboden.
Er kehrte zurück in den Versandraum, wo er Kabel zu sortieren begann. Die Tür in den Nebenraum war nur angelehnt, er hörte, dass Sean und der Boss sich dort unterhielten, und dass der Boss sich zufrieden darüber anhörte, dass alles gut lief. Er freute sich jedes Mal auf diese Promotiontours, und dabei war es ihm egal, was er vorstellte, ein neuer Roman, ein neuer Bildband mit Fotos und Lyriktexten, eine neue CD, die er gemeinsam mit irischen Musikern aufgenommen hatte. Der Mann war verdammt vielseitig und hatte Spaß an allem, was er machte. Und es machte ihm doppelt Freude, die Dinge an den Mann zu bringen und sich mit Journalisten und Verehrern in kleinen Konzerthallen oder in Universitäten bei Gastvorlesungen zu treffen.
Niall hatte einen sehr spontanen Einfall, ebenso spontan wie seine Flucht vor Michael, die ihn in den Wanderzirkus getrieben hatte. Er tat so, als würde er Autogrammkarten in unbeschriftete Umschläge sortieren, und Michael tat ihm den Gefallen und kam herein. Niall drehte sich kurz zu ihm herum, winkte mit den Karten und rief: "Michael, kannst du dir das hier mal eben ansehen?"
Er ging davon aus, dass Sean und der Boss ihn gehört hatten, aber bei dieser normalen Ansage nicht reagieren würden; sie hörten nur, dass es um etwas Geschäftliches ging.
Als Michael neben ihm stand, sich die Autogrammkarten ansah, murmelte Niall, ohne ihn anzusehen: "Ich weiß nicht, weshalb du ein Problem mit meinem Schwanz hast. Deine Schwester hat ihn geliebt."
Michael brauchte eine Sekunde, um zu begreifen, was Niall gesagt hatte und ihm flog augenblicklich die Sicherung raus. Er packte Niall mit der Linken und schlug ihm zwei harte Punches mit der Rechten ins Gesicht. Sie gingen gemeinsam zu Boden, Niall war vollauf damit beschäftigt, sein Gesicht zu schützen, während Michael vor Wut schnaufend wie ein aufgedrehter Bulle auf ihn einschlug - bis zu dem Moment, als Sean und der Boss ihn sich packten und wegzerrten. Während Michael versuchte, sich wieder zu beruhigen und gebetsmühlenartig vor sich hinmurmelte: "Ich bin ruhig, ich bin ruhig", stützte Niall sich auf seine Krücke, die ihm bis unter den Tisch geschlittert war, und
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