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Ruchlos

Ruchlos

Titel: Ruchlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Baum
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Umhängetasche. »Wenn nicht, müssten wir improvi sieren.«
    In diesem Moment betrat eine Krankenschwester den Raum.
    »Es reicht, meine Herrschaften. Morgen ist auch noch ein Tag.« Der Ton ließ keinen Widerspruch zu. Ohne uns auch nur weiter zu beachten, inspizierte sie den Tropf und die Dränage, fragte Andreas, wie er sich fühle.
    »Ich muss Herrn Rönn noch Fotos von Verdächtigen zeigen.« Clausnitzer klang ebenfalls entschieden.
    Andy beteuerte, dass es ihm gut ginge, konnte aber die Krankenschwester nicht umstimmen.
    »Wenn es unbedingt sein muss, kommen Sie in einer Stunde wieder. Nun ist fürs Erste Schluss.«
    Unwillig blickte der Kommissar auf seine Uhr. »In Ordnung.«
    Ich gab Andy einen Kuss und verließ nach Clausnitzer das Zimmer.
    »Sie haben eine Idee?«, fragte ich, als wir auf den Aufzug warteten.
    »Ich stelle mir vor, dass Sie einen Artikel in die Zeitung bringen – natürlich ohne Ihren Namen – in dem wir behaupten, dass dieser Bomberjacken-Typ von einem potenziellen Opfer überwältigt wurde und danach bei der Polizei ausgepackt hat.«
    Mit einem leisen Geräusch öffneten sich die matt silbernen Türen vor uns.
    »Was soll das bringen?« Wir glitten nach unten.
    »Unruhe. Im besten Fall flüchtet derjenige sich zu uns, weil er Angst vor der Rache seiner Leute hat.«
    Das erschien mir eine sehr gewagte Vorgehensweise. »Er wird doch durchschauen, dass das von der Polizei eingestielt wurde.«
    Aber Clausnitzer ließ sich nicht abbringen. »Ich denke, Ihren Mann kann ich dafür begeistern.«
    »Da bin ich mir sicher«, antwortete ich.
    »Er riskiert ein Menschenleben«, war Dales Einschätzung.
    Wir saßen in seiner Küche beim Abendessen. Er hatte Spaghetti mit leckerer Hackfleisch-Kräuter-Soße gemacht, dazu einen Salat. Ich fühlte mich herrlich verwöhnt.
    »Du meinst, dass die Nazis diesen Typ als Verräter lynchen könnten?«
    Er nickte.
    »Vielleicht gut, dass Andy ihn auch nicht in dem Fotoalbum der Polizei wiedererkannt hat und wir ihn jetzt bloß beschreiben.«
    Dale guckte skeptisch. »Es war einer der ›Sturmtrupp‹-Hooligans? Andreas hat die Binde an seinem Ärmel gesehen?«
    »Ja. Da ist er sich sicher.«
    »Na ja, vielleicht ist der Kerl schlau genug, zu einer Aussteiger-Organisation zu gehen. Dann hätte die Aktion zumindest ein Gutes.« Er trank einen Schluck Wasser.
    »Du musst meinetwegen nicht auf Wein verzichten«, sagte ich.
    Dale lächelte. »Mache ich nicht. Ich muss später noch mal weg und brauche einen klaren Kopf.«
    Mehr würde er dazu nicht sagen. Nicht, ob es ein Routineauftrag war oder gefährlich sein könnte. Mit Sicherheit würde er mir aber zuvor einschärfen, das Haus nicht zu verlassen.
    »Den Auftrag Ronnie hast du jetzt also zum zweiten Mal abgeschlossen.«
    »Ja«, antwortete er nur.
    »Sein Alibi war Michaela Kattner – heißt das, sie haben ein Verhältnis?«
    Dale drehte ein paar Nudeln auf seine Gabel. »Scheinbar. Das war Frau Kattners Sport.«
    »Und wo?«
    »In der Wohnung von Ronnies Mutter. Die hat dienstags immer einen Frauenabend.«
    »Und du glaubst das?« Die Vorstellung, mit diesem heruntergekommenen, schlecht riechenden jungen Mann engeren Körperkontakt zu haben, sorgte spontan dafür, dass mir übel wurde und ich das leckere Essen wegschob.
    »Ja. Frau Kattner hat lange herumgedruckst, bis sie damit rausgerückt ist. Es ist ihr offenbar sehr peinlich. Ich vermute, die Geschichte hat angefangen, als Ronnie vielleicht ein wenig den Outlaw gegeben hat, aber eigentlich der normale liebe Junge von nebenan war.« Er zuckte die Achseln. » Sie kennen sich ja schon ewig.«
    »Eben. Sie sind nahe Verwandte! Er ist aber nicht Leons Vater, oder?« Ich fühlte einen Schauder.
    »Keine Ahnung. Das herauszufinden, war nicht mein Job.« Er lächelte und stand auf. »Du willst keinen Kaffee, oder?«
    *
    Vielleicht sollte ich noch einmal selbst mit Michaela Kattner sprechen, dachte ich, als ich nach dem Essen die Küche aufräumte. Dale war, wie erwartet, gegangen, ohne mir zu sagen, was er tat. Ich hatte ihm versprochen, im Haus zu bleiben und niemanden hereinzulassen.
    Es war seltsam, allein in diesen Räumen zu sein. Viel hatte sich nicht verändert, seitdem ich ausgezogen war. Meine Bilder, Bücher, CD s fehlten, auch die Möbel, die ich mit in die Böhmische Straße genommen hatte – die Atmosphäre war jedoch gleich geblieben.
    Ich trocknete mir die Hände ab und ging nach oben, um meine Tasche auszupacken. Dale hatte mir mein altes

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