Ruchlos
abgeschlossen, Kirsten. Ich muss Geld verdienen. Schließlich will ich bald mal wieder in die Staaten fliegen.« Er zwinkerte mir zu und verließ die Küche.
Ich glaubte ihm nicht. Dale gab sich nicht so schnell zufrieden, wenn ein Fall nicht gelöst war, auch wenn er sein Geld bekommen hatte. Oder sollte er sich so verändert haben? Ich folgte ihm in den Flur, wo er gerade seine Turnschuhe anzog.
»Du hast gar nicht mit den anderen Verwandten gesprochen?«
»Nein, das brauchte ich nicht mehr.« Er richtete sich auf und kam auf mich zu, umfasste meine Schultern. »Kirsten, Hantzsche wird den Mord aufklären. Du musst nichts unternehmen.«
Ich wich seinem Blick aus.
»Versprich mir, dass du nur zur Arbeit und hierhin zurückfährst!«
Stand ich unter Hausarrest? »Ich werde ja wohl noch meinen Freund im Krankenhaus besuchen dürfen.«
»Genehmigt. Aber keine weiteren Erkundigungen. Bitte.« Er zog mich kurz an sich, sein Sweatshirt roch frisch gewaschen. »Also: heute Abend um sieben?«
»Ich lade dich zum Essen ein«, bot ich an, in der Hoffnung, dass er dann gesprächiger sein würde.
»Das wird nicht klappen. Ich muss kurz nach sieben schon wieder weg.«
*
Andreas ging es viel besser. An der rechten Seite lag noch die Dränage, aber der Schlauch an der Hand war verschwunden.
Er trug seinen eigenen Schlafanzug, die Gesichtshaut wies ein wenig Farbe auf, seine Augen blickten mich wach an. Er hatte es geschafft, jemanden dazu zu bringen, ihm die aktuelle Ausgabe der Zeitung zu besorgen, und beschwerte sich, dass wir den Artikel über den vermeintlich gesprächigen Rechtsradikalen nicht größer aufgezogen hatten.
»Ohne Namen und dann so klein. Was soll das bringen?«
»Möglichst keine Toten«, murmelte ich schlecht gelaunt.
»Wenn ich in der Redaktion gewesen wäre, sähe das anders aus. Zeit, dass ich wieder meinen Job antrete«, sagte er und grinste mich an.
»Untersteh dich! Was sagt der Arzt?«
»Gleich soll wieder geröntgt werden, und dann wird wahrscheinlich die Dränage gezogen. Alles im grünen Bereich.« Er schien tatsächlich schon wieder voller Tatendrang zu stecken.
»Wenn du mir versprichst, ohne Murren hierzubleiben, solange die Ärzte es für richtig halten, erzähle ich dir, was ich gestern erfahren habe.«
»Du vertraust den Ärzten hier?«, lautete seine ironische Antwort.
»Gute Frage, aber die einzige Alternative ist eine andere Klinik.«
Er drehte sich etwas zur Seite, um an das Wasserglas auf dem Nachttisch zu kommen, und verzog das Gesicht. »Keine Bange, ich bin bekehrt. Ich gelobe, meine Rippen erst wieder in Bewegung zu setzen, wenn es nicht mehr wehtut.«
Ich reichte ihm das Glas, er trank einen Schluck.
»Aber dann hast du gestern doch noch etwas unternommen? Du hattest mir auch etwas versprochen!«
»Die Informationen sind zu mir gekommen.« Ich setzte mich auf seinen Bettrand, strich über die Decke und berichtete von dem Anruf Marianne Gärtners.
»Das ist wirklich auffällig. Meine Recherchen zu ›VitalMed‹ am Mittwoch haben übrigens auch noch etwas erbracht.« Vorsichtig veränderte er seine Position. »Die Firma hat in den vergangenen Jahren stark expandiert, Gerüchte sprechen von großen Gewinnsteigerungen.«
»Würde ins Bild passen. Eine gut organisierte Kungelei von Krankenhaus und Herstellerfirma, von der beide profitieren – und die Leidtragenden sind die Patienten.« Nachdenklich ließ ich meinen Blick aus dem Fenster schweifen, wo ein Windstoß gerade Blätter vor sich hertrieb.
»Bloß, was kann man da weiter tun?«, fragte Andy.
»Gar nichts, mein Lieber. Du hast mir was versprochen, und ich habe dir was versprochen.« Ich beugte mich hinunter und gab ihm einen Kuss. »Es gibt übrigens noch etwas sehr Schönes …«
»Dass du trotzdem machen kannst, was du willst, weil ich es nicht mitkriege?« Seine grünen Augen blitzten.
In diesem Moment kam ein Pfleger ins Zimmer. »Einmal Thorax röntgen«, kündigte er mit munterer Stimme an.
Nach einem kurzen Blick auf die Uhr sagte ich, dass ich versuchen würde, am Nachmittag wieder vorbeizukommen.
*
Mitten in der Konferenz, wir besprachen gerade die Wochenendausgabe, platzte Ingeborg in die Redaktion, ihr direkt auf den Fersen Hartmut Müller, der sofort das Wort ergriff.
»Entschuldigen Sie die Störung, Herr Alex.« Er grüßte knapp in die Runde. »Aber das geht uns alle an. Es wurde eine einstweilige Verfügung erwirkt. Die aktuelle Zeitung darf seit«, er schaute auf seine
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