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Ruchlos

Ruchlos

Titel: Ruchlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Baum
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Armbanduhr, »25 Minuten nicht mehr verkauft werden.«
    »Was? Weshalb?«, fragte Martin entgeistert.
    »Wegen des Hooligan-Artikels. Der beschriebene Nazi hat einen guten Rechtsanwalt, der dem Gericht glaubhaft gemacht hat, sein Leben sei durch diesen Artikel gefährdet.« Er machte eine Pause. »Herr Seltmann ist not amused, wie Sie sich denken können.«
    »Aber …«, begann Martin.
    Ich setzte an zu argumentieren, dass die Idee von einem Kripobeamten gekommen war, als Jonas Michaelis mir ins Wort fiel.
    »Der Artikel ist von mir. Ich hatte Herrn Rönn in der Klinik besucht und erfahren, dass er den Rechtsradikalen gut beschreiben kann. Dann habe ich den Text geschrieben. Weder Herr Alex noch Frau Bertram wussten davon.« Er machte eine Pause. »Wenn das negative Folgen für die Zeitung hat, tut es mir leid, aber wir haben schließlich einen Auftrag.«
    War der Junge bekifft? Was wollte er beweisen? Gerade in diesem zweifelhaften Fall? Auch der Chefredakteur sah ihn an, als wisse er nicht so recht, was er davon halten sollte. Nach einigen Sekunden, in denen niemand etwas sagte, räusperte er sich.
    »Nun sind zunächst die Rechtsanwälte am Zug. Herr Alex, Sie planen die nächste Ausgabe und ich teile Ihnen mit, ob wir eine Gegendarstellung bringen müssen. Sollten Sie sonstige Artikel über diese Nazis im Köcher haben«, er ließ seinen Blick rundum schweifen, »bitte alles über meinen Tisch.« Er verließ den Raum.
    Martin war zu verdattert, um etwas zu sagen. Er führte die Konferenz zu Ende, forderte dann Jonas Michaelis und mich auf, mit ins Chefbüro zu kommen.
    »Also, was ist Sache? Der Artikel war doch von dir, oder?«, wandte er sich an mich. Mittlerweile war seine Fassungslosigkeit in Wut umgeschlagen.
    Ich nickte.
    »Und warum habe ich gestern nichts davon erfahren? Ich hasse es, dich daran zu erinnern, aber: Ich bin zurzeit für alle Vorgänge hier verantwortlich. Und ich hätte diesen Text nicht abgesegnet. Wenn Müller nicht reingeplatzt wäre, hätte ich dich darauf in der Konferenz ohnehin angesprochen!«
    Wieder beschränkte ich mich auf ein Nicken. Er hatte recht, das wusste ich.
    »Denn was du da gerade von dir gegeben hast, Jonas, von wegen unseres Auftrags, zeugt nur davon, dass du noch nicht annähernd genug gelernt hast, um als Redakteur zu arbeiten.« Ich registrierte, dass auch er den jungen Kerl duzte. » Auch wenn es dich ehrt, dass du Kirstens Kopf retten wolltest, wie ich vermute.«
    Martins Zorn schien verraucht, die Ratlosigkeit zurückgekehrt.
    »Aber so kann Journalismus doch etwas bewirken«, argumentierte der Abgekanzelte, ohne auf den letzten Satz einzugehen.
    »Himmel! Andreas’ Einfluss auf junge Leute ist kriminell!« Martins Blick wanderte zu mir. »Tatsächlich steckt er hinter dem Text, oder?«
    Ich musste unwillkürlich lachen, weil der jugendliche Martin Jonas Michaelis jung nannte, stimmte dann zu: » Irgendwie schon. Dann sorge du mal dafür, dass Sandra auf dem Boden bleibt«, fügte ich an.
    Martin grinste verlegen.
    Ich beschloss, über meinen Schatten zu springen. Wahrscheinlich hatte der junge, offenbar von Andy schwer beeindruckte Michaelis mir wirklich meine Zukunft in diesem Haus erleichtert. »Danke«, sagte ich und streckte ihm die Hand entgegen. »Ich heiße Kirsten, aber das weißt du ja schon.«

14 . KAPITEL
    Es dauerte lange, bis ich zu Kommissar Clausnitzer durchgestellt wurde. Ich war im Chefbüro geblieben, um nicht so viele Mithörer zu haben, und starrte aus dem Fenster in einen grau-trüben Himmel, während die viel zu laute Warteschleifenmusik aus dem Hörer dudelte. Endlich meldete er sich.
    »Ihr Plan hätte mich meinen Job kosten können«, sagte ich direkt nach der Begrüßung und berichtete, was vorgefallen war.
    »Das tut mir leid, aber ich bin sicher, dass sich unsere Behauptung in dem Artikel noch heute als richtig erweisen wird.« Der Beamte klang angespannt, aber voller Energie. »Wir haben den jungen Mann mit seinem Anwalt hier im Haus. Er wollte Herrn Rönn wegen Körperverletzung verklagen.«
    »Er hat den Namen genannt?«, fragte ich entgeistert. Sämtliche Vorwürfe, die ich dem Kommissar machen wollte, waren vergessen.
    »Genau.« Clausnitzer lachte glucksend auf. »Er ist ihm rausgerutscht. Der Anwalt bemüht sich nun natürlich, das wieder hinzubiegen, aber ich denke, wir haben einen Ansatzpunkt. Wir versuchen alles, in diesen Minuten müsste ich den Hausdurchsuchungsbeschluss bekommen. Wir beißen uns durch, Frau Bertram,

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