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Rudernde Hunde

Rudernde Hunde

Titel: Rudernde Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Heidenreich
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da kein Problem, im Gegenteil.
    Als ich noch draußen am Stadtrand wohnte, hatte ich Katzen. Sie hatten natürlich Namen. Der Hund auch. Sogar ein Igel, der mich regelmäßig besuchte, um sich ein Ei abzuholen, wurde von mir getauft. Er hieß Wilhelm Meister. Und auch die beiden Tauben, die ich in der Stadt auf meinem Küchenfensterbrett regelmäßig heimlich füttere, haben Namen. Die verrate ich aber nicht. Sogar ein Schwanenpaar im städtischen Weiher, das ich in harten Wintern füttere, wurde von mir getauft: Wanda und Wladimir.
    Warum sollte nun dieses Huhn, das inzwischen die Bonbonpapiere aus meinem Aschenbecher pickte, keinen Namen haben?!
    Ich werde es Carola nennen, wie eine Frau heißt, die ich kenne, die einem Huhn ähnlich sieht.
    »Ich taufe dich Carola, dann bist du wenigstens getauft, wenn du das Zeitliche unter dem Axthieb von Karlheinz segnest.«
    Es schaute mich mit seinen furchtsamen Augen fragend an.
    »Carola«, sagte ich.
    Es drückte wieder, als hätte es den Namen akzeptiert, seinen Kopf in meine Hand.
    Ach, hätte ich doch Norbert Blüm noch mal fünf Mark gegeben, damit er dich schlachtete. Du hättest mich nicht so treuherzig ansehen können, du wärst in einer Plastiktüte gelandet und hättest keinen Namen bekommen. Warum habe ich verdammt noch mal nicht deinesgleichen im Supermarkt tiefgefroren gekauft? Da gibt's auch welehe, auf denen ›körnergefüttert‹ steht, was genausowenig nachweisbar ist wie die Behauptung des Bauern Blüm, daß er dich mit Körnern und nicht mit Tiermehl gefüttert hat.
    Der Stau hatte sich aufgelöst, es war dennoch viel Verkehr, aber es lief zügig, allerdings mit viel zu geringen Abständen zwischen den Autos. Carola pickte jetzt intensiv in die schäbigen Polster meiner Autositze. Schon zog sie weiße Flusen aus dem Inneren.
    Sachte griff ich hinüber, um sie abzulenken. Für einen Moment lag wieder ihr kleiner warmer Kopf in meiner Hand. Sie schaute mich an. Ich sah ihre Augen, dann blinkende rote Lichter - und schon krachte es. Vor mir hatte jemand voll gebremst, ich war aufgefahren, saß mit meiner Kühlerhaube fast im Kofferraum des Autos vor mir, es tat einen weiteren Knall und hinter mir schob sich ein Auto in mein Wageninneres. Scheiben klirrten, die rechte Tür sprang auf, ich konnte gerade noch meinen Sicherheitsgurt lösen, um hinter Carola herzueilen, die durch die offene Tür auf die Fahrbahn geflogen war. Im letzten Moment bekam ich sie zu fassen. Ein Auto, das noch ausweichen konnte, hätte uns fast beide überrollt.
    Nun stand ich verwirrt da, hielt Carola fest umschlossen, spürte ihr Zittern, schaute befremdet fluchende Männer und weinende Frauen an und registrierte kaum das Desaster um mich herum. Ich hatte ein Lebensretter-Glücksgefühl.
    Plötzlich stand eine Frau vor mir.
    »Oh, ein Huhn, ein wirkliches echtes Huhn, ist ihm was passiert?« flötete sie.
    »Das ist Carola.«
    »Carola! Gott, wie süß!«
    »Wir haben Glück gehabt, es scheint alles in Ordnung zu sein.«
    »Aber schauen Sie, die Kleine blutet ja!«
    Tatsächlich, Carola blutete, ein Flügel war eingerissen. Ich muß sie zu fest an mich gepreßt und dabei verletzt haben. Die Frau bot an, Carola in ihr unbeschädigtes Auto zu bringen, bis die unseligen Unfallformalitäten erledigt sein würden. Als wir alles hinter uns hatten und mein Auto abgeschleppt war, nahm die verständnisvolle Frau Carola und mich in ihrem Auto mit. Wir sollten zur Sicherheit zum Tierarzt fahren, schlug sie vor, denn es könnte sein, daß Carola einen Schock hat und daß man die Wunde behandeln muß. Die Frau kannte in der Nähe eine vorzügliche Tierarztpraxis, von zwei ganz lieben Schwulen betrieben, die ihren Kater Benno schon seit Jahren behandelten.
    Wir fuhren hin.
    »Name des Patienten?«
    »Carola.«
    »Katze?«
    »Huhn.«
    »Ah, Hund.«
    »Nein, Huhn!«
    »Ah, Huhn!«
    »Geschlecht?«
    »Ja, also, weiblich würde ich sagen - es ist ein Suppenhuhn.«
    »Also weiblich?«
    »Ja.«
    »Waren Sie schon bei uns?«
    »Nein.«
    »Wenn Sie bitte Platz nehmen wollen.«
    Die beiden Schwulen waren begeistert.
    »Oh, ein Suppenhühnchen, wie süß!« gackerten sie unisono.
    »Das ist Carola«, sagte ich betont sachlich.
    Mir entging nicht, daß sie mich belächelten. Übertrieben kümmerten sie sich um Carola. Nein, einen Schock habe sie nicht.
    Sie verarzteten die Wunde, verabreichten eine Spritze, verlangten fünfzig Mark und wünschten viel Glück.
    Die hilfsbereite Frau, Henny Wohlgemut, fuhr

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