Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rudernde Hunde

Rudernde Hunde

Titel: Rudernde Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Heidenreich
Vom Netzwerk:
erklären. Und da stand ein Auto von »Breuer -
    Heizung - Klima - Sanitär«. Als ich durchs Gartentor ging, kam Siggi aus dem Haus.
    »Hü« sagte er, mehr nicht.
    »Hallo!« antwortete ich und sah ihn ins Auto steigen und wegfahren. Dann war da auch schon Klara. Steif nahmen wir uns in die Arme. Ich suchte Worte.
    »Ist die Heizung kaputt?«
    »Nein, warum?«
    »Breuer- Siggi -?«
    »Ach so, nein, Siggi wohnt hier.«
    »Er wohnt hier?«
    »Mit Sonja, seiner Frau, die kriegt ein Kind, da konnten sie bei den Eltern in der Wohnung nicht bleiben. Hier ist Platz, sie sind sehr nett, im Mai kommt das Kind, Sonja will aber wieder arbeiten, ich kann mich dann kümmern. «
    »Und das da draußen, das Bauzeug?«
    »Wir bauen jetzt den Speicher aus. Dann haben sie mehr Platz.«
    Ich stand im Flur wie ein Fremder. Wir gingen in die Küche, ich legte nicht einmal den Mantel ab, und sie forderte mich auch nicht dazu auf. Ich setzte mich.
    »Geht es dir gut?«
    »Interessiert dich das wirklich?«
    »Soll es mich - soll es mich nicht?«
    »Können wir in einem anderen Ton miteinander reden?«
    »Wie du willst, das liegt an dir.«
    Schweigen. Sie hatte sich vorbereitet, wußte, was sie wollte, und trug es auch vor, und es klang wie ein fertiger Vertrag, unter den wir nur noch unsere Unterschriften zu setzen hätten.
    »Ich habe das Haus von einem unabhängigen Schätzer schätzen lassen. Er kommt auf 380000 Mark. Das Inventar, Teppiche, Bilder und so und die beiden Autos machen etwa 100000 aus. Das ist unser Zugewinn. Fallen auf jeden 24OOOO Mark. Deine beiden Lebensversicherungen haben einen Rückkaufswert - Stichtag 1.1.
    diesen Jahres - von 75 300 Mark. Davon steht mir die Hälfte zu.
    Ich kaufe dir das Haus ab, also deinen Anteil - macht 240000
    minus der Hälfte aus dem Rückkaufswert, bekommst du von mir also 202350 Mark. Auf einen Unterhalt, auf den ich Anspruch hätte, verzichte ich. Wir können das als notarielle Trennungserklärung machen, das ist billiger. Eine Scheidung kommt teurer. Ich brauche sie nicht. Aber das entscheidest du.«
    »Warum«, sagte ich, »willst du auf einen Unterhalt verzichten?«
    »Ich brauche ihn nicht. Ich habe einen Roman geschrieben und verkauft und gutes Geld dafür bekommen, ich schreibe an einem neuen. Ich schreibe Geschichten aus dem Leben - nicht die große Literatur - einfach Geschichten aus dem Leben - darum will ich Leben um mich haben.« »Und die 200000, die du mir zahlen willst?« »Sind von meinen Eltern. Vorgriff auf mein Erbe.« Was sollte ich noch sagen, was tun? Ich verabschiedete mich, stellte in Aussicht, daß wir telefonieren würden, wurde von ihr nicht gehalten und konnte von mir aus nicht bleiben. An der Tür gaben wir uns einen kalten Kuß. »Es ist auch deine Chance«, sagte sie,
    »nutze sie.« Ich holte mir mit ihrem Einverständnis noch die Willy-de-Ville-LPs aus dem Regal und ging. Als die Haustür geschlossen war, hörte ich von drinnen ein Geräusch. Ich war mir nicht sicher, ob es das Blaff-blaff der Heizung oder ein Seufzer von Klara war.
    Beides durfte mich jetzt nichts mehr angehen.
    Ich fuhr über die Dörfer, dachte nach und wurde leicht. Das alles hätte ich mich nicht getraut vorzuschlagen. Aber es war das Beste für uns, es stellte auch für mein Leben die Weichen, denn seit ein paar Tagen wußte ich, daß Jenny ein Kind von mir erwartete. Ich hatte nicht gewagt, Klara davon zu unterrichten.
    In der Stadt holte ich Jenny von den Proben ab. Ich hatte mir einen Kombi geliehen, um mit ihr zum IKEA hinauszufahren. Wir wollten dort den Grundstock für unsere Wohnung kaufen. Wir standen im Stau. Ich legte meine Hand auf ihren Bauch, und ich dachte an das Kinderbuch, das ich schreiben würde. In dessen Zentrum würde eine sprechende, launische, eine Familie terrorisierende Heizung stehen.
    »Glaubst du, sie haben beim IKEA Wickelkommoden?«
    »Glaube ich schon.«
    Auch der Titel für das Buch fiel mir ein: BLAFF-BLAFF.
    Es würde ein Bestseller werden.

Der Mantel der Liebe
    D ie beiden Katzen liegen schnurrend aneinandergeschmiegt auf dem Pelzfutter meines Trenchcoats, den ich auf dem Bett ausgebreitet habe. Eigentlich kann ich den Anblick dieses Mantels nicht mehr ertragen. Die Katzen versöhnen mich mit ihm. Ich behalte ihn nur noch für sie, ziehe ihn niemals an, auch nicht an kalten Tagen mit Nieselregen, für die er gemacht ist - ein schöner, klassisch geschnittener, beiger Trenchcoat, mit hellbraunem Bisamfell gefüttert, ein wertvoller Mantel. Er hat

Weitere Kostenlose Bücher