Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
Vom Netzwerk:
Ich hatte die gleiche, als ich in New York war, meinte Marc. Sie war ganz genauso, pechschwarz, bloß ein wenig älter …
    - Wir können sie doch nicht einfach wegschicken …! sorgte sich Gladys.
    - Das Lustigste ist, sie ist uns einfach gefolgt, den ganzen Weg. Richard hat sie bloß hochgehoben, als sie vor dem Garten anfing zu miauen, oh, Scheiße, ihr hättet sie hören sollen …!
    - Bei mir ist eine, die spaziert übers Dach und guckt zum Badezimmerfenster rein, erklärte Elsie.
    Richard gab zuerst nach. Er schlug die Augen nieder und steckte die Hände in die Taschen, so daß sich sein Rücken rundete und sein Hals zwischen den beiden Schultern verschwand. Ich verstand nur zu gut, daß sich Sarah nicht mit einem Tier im Haus herumärgern wollte, trotzdem war ich überzeugt, daß sie einen Fehler machte, wahrscheinlich hatte sie das Für und Wider nicht abgewogen. Während die anderen mit ihren Geschichten weitermachten, drehte sich Richard wortlos um und ging los, die Katze einzufangen, die sich unter dem Tisch vergnügte. Eine Mischung aus Stille und Geräuschen erfüllte das Zimmer, wie ein Löffel voll Öl in einem Glas Wasser.
    Sarah saß in einem Sessel, beide Arme der Länge nach auf den Lehnen, und sie klammerte sich fest, als wollte sie aufspringen. Vielleicht kämpfte sie auch gegen eine Kraft, die sie in die Polster drückte, oder dieser Sessel war dabei, sie zu verschlingen. Ihre Augen waren auf den Rücken ihres Sohnes gerichtet, man hätte meinen können, sie sitze einer Brillenschlange gegenüber.
    Als Richard die Tür öffnete, stieß sie einen tiefen Seufzer aus, und eine ihrer Hände flog in die Luft.
    - Na schön … Einverstanden, Richard … Du darfst sie behalten …
     
    Später half ich Marc dabei, den Kühlschrank in den Kleinbus zu verladen. Ich stellte mich dabei so geschickt an, daß mir plötzlich ein Blitz in den Rücken fuhr. Herrgott! Ein Anflug von Panik schoß mir durch den Kopf. Ich richtete mich langsam wieder auf, sehr langsam, mit offenem Mund horchte ich in meinen Körper, regelrecht in Furcht und Schrecken bei dem Gedanken an den Dolchstoß, der nicht säumen würde, mich von einer Sekunde auf die andere an Ort und Stelle festzunageln, sollten sich meine Wirbel verklemmen.
    - He, stimmt was nicht? erkundigte sich Marc.
    Zum Glück schaffte ich es, in die Vertikale zu kommen, ohne daß die Hölle über mich hereinbrach. Ich war derart glücklich darüber, daß ich vor Vergnügen laut quiekte.
     - Ich glaube, ich bin haarscharf einem Hexenschuß entgangen, anwortete ich ihm. Du bist noch zu jung, um zu verstehen, was das heißt.
    Ich war dermaßen froh, noch einmal davongekommen zu sein, daß mir für den Rest des Abends nichts mehr etwas anhaben konnte. Meist müssen erst solche Sachen passieren, damit einem dieses absolute Wunder bewußt wird, dieses Wunder, einen völlig intakten Körper zu haben, nicht leiden zu müssen, laufen, springen, tanzen zu können, imstande zu sein, auf einen Baum zu klettern, seine Schnürsenkel zuzubinden, vor Vergnügen zu kreischen, wenn man einen Hügel hinunterstürmt. Daß Elsie neben ihm Platz nahm, während er den Zündschlüssel suchte, ließ mich kalt. Sie sah mich verärgert an, aber ich ging sogar so weit, ihr mit einem großartigen Lächeln um die Lippen freundlich die Tür zu schließen. Ich hatte Lust, ihr zu sagen, es sei mir völlig schnurz, was in ihrem Kopf vorgehe, ich wolle es gar nicht wissen, so sehr war ich von dem unendlich sanften Gefühl erfüllt, am Leben zu sein. Kein Wässerchen konnte in diesem Augenblick meine Freude trüben, einen strahlenden Körper mein eigen zu nennen.
    Ich wußte nicht, ob die Luft so mild war oder ich. Ich wartete eine Weile auf dem Bürgersteig, nachdem die Lichter des Busses um die Straßenecke verschwunden waren, ich spürte, daß sich eine Flut von Bildern über meinen Kopf ergoß. Ich lächelte, als ich Richards Gesichtsausdruck wieder vor mir sah, wie er sich zu seiner Mutter umgedreht hatte, ich hob ein Kugellager auf und ließ es geschickt den ganzen Bürgersteig entlang flitzen. Wie ihm die kleine Katze aus den Händen gefallen war. Und Sarah, die den Schlüssel aus der Tasche genommen hatte und ihn ihm gereicht hatte:
    - Hier, Richard … Ich nehme an, sie wird sich in allen Räumen des Hauses tummeln wollen …! Ich hörte das Lager über den Asphalt sausen, doch ich sah es nicht mehr. Ich sah ohnehin nicht viel, das war kein sehr hell erleuchtetes Viertel.
    Ich schickte noch

Weitere Kostenlose Bücher