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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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keinen schlechten Eindruck auf mich machte. Er wirkte wie einer, der sich recht wohl in seiner Haut fühlt, ein Typ um die dreißig, dunkelhaarig mit interessantem Blick.
    - Ich glaub, wir sind ein bißchen spät dran, meinte er zu mir.
    - Ach … Das macht nichts.
    Sarah wischte ein letztes Mal mit dem Lappen über den Kühlschrank, sie wollte auf gar keinen Fall, daß sich jemand bei ihr bedankte, schließlich habe sie auf die Tour mehr Raum, und wenn ich recht verstand, hatte sie es nur ihnen zu verdanken, daß sie all diesen Platz gewonnen hatte, ich fand das großartig. Im übrigen war sie dermaßen entzückt, daß sie besagten Marc am Arm packte und mit dem Bescheid, es sei Zeit, einen Schluck zu trinken, ins Haus schleppte.
    Ich nahm die Gelegenheit wahr, Elsie in eine Ecke zu zwängen und ihr voller Neugier einen Zungenschlag zu verpassen, indes - gebrach es mir an Schwung, waren meine Sinne nicht hinreichend geschärft, griff sie auf irgendwelche ungeahnten Reserven an Raffinesse zurück, um mich hinters Licht zu führen …? Wie dem auch sei, ich entdeckte nichts, was faul war, alles schien in bester Ordnung. Nun ja, ich mochte mich täuschen. Alles in allem machte mich dieser Kuß ratlos.
    - Ich verlang ja nur, daß er Eiswürfel produziert, mehr nicht, sagte Marc, als wir reinkamen. Er hatte sich in dem Sessel breitgemacht, den ich sonst bevorzugte, aber das war nicht weiter schlimm, ich stützte mich mit den Ellbogen auf die Kante des Kamins. Es wurde Abend und die Temperatur ein wenig milder. Marc erklärte uns, er sei von einem langen Auslandsaufenthalt zurück und habe den Fehler begangen, seine Wohnung einem Freund zu überlassen.
    - Das einzige, was er nicht mitgenommen hat, ist der Sicherungskasten! machte er uns lachend klar.
    Die Mädchen fühlten mit ihm. Sie hatten nur noch Augen für ihn, aber ich war groß genug, das nachzuvollziehen. Niemand konnte leugnen, daß der Kerl Charme hatte.
    Kurz darauf trafen die Kinder ein. Sie traten auf eine etwas merkwürdige Weise ins Haus, Hermann und Gladys vornweg, Schulter an Schulter, Richard hingegen versuchte sich, quasi in ihrem Windschatten, Richtung Treppe zu verdrücken, nachdem er ein kaum vernehmbares »‘n Abend zusammen« hervorgebracht hatte, was sonst nicht seine Art war, wenn ein Fremder im Haus war. Die beiden anderen rückten im gleichen Moment ins Wohnzimmer vor und beeilten sich, mit allen möglichen Faxen unsere Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Doch Sarahs Blick hatte alles registriert.
    - He, Richard, komm doch mal her …! rief sie ihm nach. Er erstarrte auf der Treppe.
    - Hörst du, du sollst herkommen …
    - Du bist geliefert! sagte ich.
    Die beiden anderen blickten sich mit betrübter Miene an, während ein zartes Schweigen das Haus erfüllte. Richard senkte den Kopf. Dann entschloß er sich, in unsere Richtung zu schwenken.
    - Herr im Himmel! Was ist das denn …?! rief Sarah aus.
    - Naja, das ist eine kleine Katze …. sagte er und hob sie vorsichtig in Augenhöhe. Das heißt, ich glaube nicht, daß das eine Katze ist …
    - Meine Güte, das sieht doch jeder, daß das ‘ne Katze ist …!
    - Ich meine, es ist wahrscheinlich ein Kater.
    - Gib mal her, sagte Marc. Das ist leicht festzustellen.
    - Wir haben sie auf der Straße gefunden, erklärte Richard, während er die Treppe hinunterstieg. Sie ist uns den ganzen Weg gefolgt.
    - Soso, ich hoffe, du hast nicht vor, sie hierzubehalten …
    - Och, Mama …! meinte Gladys.
    - O nein, kommt nicht in Frage.
    - Er hat recht, das ist ein Kater.
    - Ich kümmere mich um ihn, Mama. Gladys und ich, wir kümmern uns beide um ihn …
    - Ja, ein paar Tage lang … Ich weiß, was danach kommt.
    - Aber nein, ich verspreche es dir.
    - Hör mal, mir wäre lieb, ihr würdet vorher mit mir darüber sprechen, wenn ihr auf solche Ideen kommt …! Findet ihr nicht, ich hab dabei auch ein Wörtchen mitzureden?
    Die Katze sprang von Marcs Knien und rannte durch das Zimmer, doch Richard und Sarah ließen sich keine Sekunde aus den Augen.
    - Glaubst du, die ist herrenlos? fragte Elsie.
    - Puh, naja, ich kann nur sagen, sie stand mitten auf der Straße, anwortete Gladys. Und wir haben mit einer Frau in einem Garten gequatscht, und die hatte sie noch nie in ihrem Leben gesehn, sie hatte noch nie was von ihr gehört …
    - Na klar ist die herrenlos … Das sieht man doch, fügte Hermann hinzu.
    - Bitte, ich möchte sie behalten …
    Sarah schüttelte den Kopf, ohne die Augen von ihrem Sohn abzuwenden.
    -

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