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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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sich ein sportives Wochenende gönnt. Harold hätte sein Schüler sein können, einer, der es sich erlaubte, die Vorlesungen im Jogginganzug zu hören, und ihn zwang, die Augen niederzuschlagen. Obwohl der Himmel rot war, wurde Bernie kreidebleich. Plötzlich packte er den Tisch, er biß sich auf die Lippen und stieß ihn mit dem Becken an.
    - Puh, so schaffen die das nie! murmelte Richard.
     
    Ich habe in meinem Leben bei so vielen Umzügen geholfen, daß ich mich schon gefragt habe, ob ich sie nicht magisch anziehe und ob dem womöglich eine tiefere Bedeutung zugrunde liegt. Sollten wir hienieden vielleicht nur auf Durchreise sein?
    Als wir hinter ihnen auftauchten, verzog Bernie vor Anstrengung das Gesicht, doch der Tisch bewegte sich keinen Millimeter. Immerhin war das ein ziemlich schweres Exemplar aus massiver Eiche, ein Tisch, den man aus einer Burg hätte klauen können. Harold traten die Augen aus dem Kopf.
    - Los, streng dich an, Bernie, um Himmels willen … !! kreischte er.

7
    - Also nein, Max …! Fühlst du dich hier wohl …?! knurrte ich eines frühen Sonntagmorgens, als ich im Gleichschritt neben ihm her trabte. Findst du das nicht vollkommen lachhaft? HMM …?!!
    Der Bürgersteig, auf den wir abgebogen waren, stieg ein wenig an. Auf der einen Seite engte uns eine lange Backsteinmauer ein, auf der anderen eine Reihe von parkenden Autos, und jedesmal, wenn wir an einem Laternenpfahl vorbeikamen, mußte ich zur Seite springen und aufpassen, daß ich mich nicht an einem Rückspiegel aufspießte.
    Statt mir zu antworten, blickte er stur geradeaus, mit verschlossenem Gesicht, und ein azurnes Licht schimmerte in seinen weißen Haaren.
    Ich zwang ihn stehenzubleiben.
     - He, wart mal ‘ne Sekunde, sagte ich zu ihm.
    Ich lehnte mich mit dem Rücken gegen die Mauer und nestelte an dem Handtuch, das um meinen Hals hing, um mir das Gesicht abzuwischen. Er nutzte die Pause, um seine Hose hochzuziehen, dann atmete er, die Fäuste in die Seiten gestemmt, tief durch.
    - Max, sag ehrlich … Bist du sicher, daß sie in dieser Straße noch niemandem die Kehle durchgeschnitten haben …? Spürst du keine bösen Schwingungen …? fragte ich ihn in bissigem Ton.
    Er setzte eine ärgerliche Miene auf und fixierte einen Punkt am Horizont.
    - Weißt du, wenn nicht, dann sag’s mir, dann können wir immer noch die Route wechseln …!
    Weiter unten waren der Sportplatz und das große Brachgelände zu erkennen, das direkt dahinter lag, die einzige Stelle, wo sich’s noch laufen ließ, wo man noch ein wenig Gras entlang der Pfade vorfand, und Bäume und riesige, schweigsame Ginster, die einen starken Duft unter den Strahlen der aufgehenden Sonne verströmten. Max’ neuste Errungenschaft machte mich wütend.
    - Scheiße, das ist ‘ne Gegend wie jede andere …! fügte ich hinzu. Was haben wir hier zu suchen …?! Findest du das etwa angenehm, mitten auf der Straße zu laufen, findest du, hier riecht’s gut …?! Meine Güte, du bist ja schlimmer als ein kleines Kind …!
    - Jaja, aber das verstehst du nicht, seufzte er. Für mich ist das was anderes … Ich seh das Tag für Tag.
    - Ich weiß … Ich weiß, daß du das Tag für Tag siehst! Aber Herrgott nochmal, wenn man sie in der Metro überfallen hätte, würdest du dann auch nicht mehr Metro fahren … ??!
    Er sah ganz danach aus, als ließe er sich das durch den Kopf gehen, und ich bin nicht da, um Witze zu erzählen. Schließlich schüttelte er den Kopf.
    - Bitte mich nie mehr, da unten zu laufen, Danny … Ich will da nicht mehr hin … Tut mir leid. Versuch nicht, mir irgendwelche Dinge einzureden … Das läßt sich nicht erzwingen, weißt du.
     
     
    Auf dem Rückweg machten wir einen Abstecher in den Massageraum. Wir hatten die Strecke Seite an Seite zurückgelegt, ohne ein Wort zu wechseln. Auch unter der Dusche blieben wir stumm, und wir trockneten uns in einem eisigen Schweigen ab. Er machte ein mürrisches Gesicht, und ich war nicht imstande, gegen Dinge anzukämpfen, die sich nicht erzwingen ließen.
    Erst als ich mich auf dem Tisch ausstreckte, blickte er wieder normal drein.
    - Probieren wir’s mal mit Zypresse …. schlug er mir vor, und schon bald verspürte ich im Lendenbereich ein heftiges Stechen, als mir sein ätherisches Öl mehr und mehr in die Haut drang. Aber deswegen brauchte ich mir keine Sorgen zu machen, im Gegenteil, das sei eher ein gutes Zeichen, meinte er.
    - Das zeigt nur, daß das wirkt, versicherte er mir. Daß dein Körper das

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