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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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ich nicht Klavierspielen gelernt hatte. Ich hätte alles zum Teufel jagen und mir meinen Lebensunterhalt in den Bars verdienen können wie sonst einer, der mehrere Pfeile im Köcher hat. Oder Saxophon.
    - Also ehrlich, du spinnst …. unterbrach mich Sarah um ein Uhr morgens, eines Nachts, als ich ihr von meiner Unfähigkeit bezüglich der Musikinstrumente erzählte. Ich finde, du hast das richtige Gesicht, um Saxophon zu spielen … Nein, Dan, ich wette, du hättest eine irre Ausstrahlung …
    - Jaja … Vor allem zögert man weniger, sich in die Tiefe zu stürzen, wenn man weiß, daß man auf beiden Beinen landet. Fürs erste werde ich mich mit dem Akkordeon begnügen …
    Sie hatte einen Typen im Restaurant sitzenlassen und keine Lust zu schlafen. Auch nicht, sich auf meinen Schoß zu setzen, wie ich ihr vorgeschlagen hatte. Der Länge nach auf dem Sofa, einen Arm im Nacken, rauchte sie eine Zigarette, und sie hatte die Beine übereinandergeschlagen, um meinen schlechten Gedanken ein Ende zu machen, naja, zumindest glaubte sie das.
    Hermann, Gladys und Richard waren seit vierzehn Tagen gemeinsam auf Campingtour, und Sarah haßte es, allein in einem leeren Haus zu sein. Kaum hatte sie die Stiftung verlassen, kreuzte sie bei mir auf, küßte mich auf die Nasenspitze und flitzte in die obere Etage, um sich ein kaltes Bad einlaufen zu lassen, ansonsten würde sie sterben, behauptete sie. Manchmal hörte ich sie nach einer Zeit trällern, und ich legte den Kopf zurück, um einen Blick zur Decke zu werfen.
    Wenn sie nichts vorhatte, verbrachte sie den Abend bei mir, und wir aßen zu zweit in der Küche, sie erzählte mir ihre sämtlichen Geschichten, und ich nickte vergnügt, wenn sich wie durch ein Wunder ihr Bademantel öffnete und sie dann meinen Blick bemerkte und sich mit einer Hand bis zum Hals zuknöpfte und zu mir sagte, du hörst überhaupt nicht zu, hör endlich auf, nur da dran zu denken! Doch zärtlich leuchtend fügten ihre Augen hinzu: Um Himmels willen …. so daß ich mit dem verklärten Lächeln eines Buddha, der über Rosenblüten schwebt, auf meinem Stuhl wippte.
    - Das ist doch was ganz anderes, als wenn du sie bumsen würdest, trichterte ich mir ein. Aber garantiert.
    Sicherheitshalber ging sie zum Schlafen nach Hause. Ich fand diese Marotte total lächerlich, zumal sie mitunter auf dem Sofa einnickte, während ich arbeitete, aber sie hatte sich den Floh ins Ohr gesetzt, das sei etwas anderes, solange ich noch auf sei und ich hatte darauf verzichtet, sie zu fragen, warum.
    - Weißt du, langsam fehlen sie mir wirklich …. seufzte sie. Ich komme mir vor wie eine alte Jungfer, die zu nichts mehr taugt …
    - Hm … Du wirst noch gut eine Woche aushaken müssen … Sie hatte sich aufgerichtet und sich mit einem Kissen im Kreuz gegen die Armlehne gedrückt, und das ist eine der angenehmsten Haltungen, die man auf einem Sofa einnehmen kann, ich hatte lange sämtliche anderen ausprobiert, aber auf die da kam man immer wieder zurück, unermüdlich und ohne den geringsten Vorbehalt, so daß mir schon der Gedanke gekommen war, das könne die ideale Haltung sein, um auf den Tod zu warten, aber ja, vielleicht, indem man noch einmal Schall und Wahn liest oder etwas in der Art.
    - Und du … Macht dir das nichts aus …?
    - Was …? fragte ich.
    - Naja, ganz allein zu sein, ohne Hermann …
    - Och … Ich glaub, es ist besser, man gewöhnt sich daran, dann haben wir schon ein wenig Übung …
    Sie preßte die Knie gegen die Brust, ließ sie jedoch gleich wieder sinken, als sie meine Blickrichtung merkte. Ich glaube, dieser Vorsatz, nicht miteinander zu schlafen, hatte nicht nur positive Seiten, vor allem, was mich betraf, manchmal hätte man mit dem Finger auf mich zeigen und mich mit Fug und Recht als Sexbesessenen bezeichnen können. Aber ich konnte nicht anders. Es fiel mir schon schwer genug, auf meinem Platz sitzen zu bleiben, viel mehr durfte man nicht von mir verlangen. Und so hatte ich, wenn ich mit Sarah zusammen war, keinerlei Hemmungen, mich so zu geben, wie ich wirklich war, sie kam mich schon teuer genug, unsere Freundschaft.
    Die Nacht war so warm, daß ich aufstand, um mir ein Glas zu kredenzen. Eines zumindest war klar: Die Temperatur kam der Fixiertheit meines Verstands entgegen, ebenso der Schnitt ihres Minirocks oder die feinen Trägerchen ihres mauvefarbenen Oberteils, und wenn ich’s recht bedenke, wüßte ich nicht, wie ich mich anders hätte verhalten können, wenn man, Jessesmaria,

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