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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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hundertprozentig sicher, ob man den Teufel mit Beelzebub austreiben konnte. Wie dem auch sei, nach kurzer Überlegung war ich in der Stimmung, dem Tiger auf den Schwanz zu treten. Ich hob den Kopf, und indem ich mir eine Zigarette ansteckte, bat ich den Kerl, sie mir einzupacken.
    Für einen kurzen Moment zweifelte ich an der Realität meiner finanziellen Schwierigkeiten und scherzte mit dem Typ, der mich hinter seiner Registrierkasse erwartete. Ich war außerordentlich zufrieden, daß ich dieses Problem mit soviel Energie behandelt hatte. Ein leichter und köstlicher Schwindel elektrisierte mich, so daß ich allen Ernstes nach einem Paar Handschuhe aus Pekarileder unter der Scheibe des Ladentischs schielte.
    Hermann riß mich aus meinen Träumen, als er mit einem superben, durchgehend gefütterten Lederblouson aufkreuzte. Ich hörte den Verkäufer unauffällig durch die Zähne pfeifen. Ein Anflug von Panik zuckte mir durch den Kopf, während ich über den Kragen der Fütterung strich, eine eiskalte Hand legte sich auf meinen Nacken. Ich erzitterte, wenn auch unmerklich, als ich gleich danach die unübertreffliche Qualität des Leders entdeckte, seine verblüffende Geschmeidigkeit. Ich hatte das Gefühl, mir einen Finger in der Tür zu klemmen.
    - Wie findest du die …?
    - Schön … Wirklich sehr schön … Großartig …. brachte ich mit mechanischer Stimme hervor.
    - Komisch, ich hab gar keinen Preis gesehn …
    - Das macht nichts, sagte ich zu ihm. Entspann dich …
    Ich blickte den Verkäufer an. Er lächelte mir zärtlich zu. Statt den Preis zu nennen, ganz so, als handele es sich um etwas Schändliches, kritzelte er mir die Summe auf einen Block.
    Ich stützte mich mit den Ellbogen auf den Ladentisch, um meine Beine zu entlasten.
    - Besser das sehen als blind sein …! sagte ich.
    - Aber ja …! gab er mir zur Antwort.
    Es herrschte dichtes Schneetreiben, als wir nach Hause fuhren. Die Wagen hatten am hellichten Nachmittag die Scheinwerfer an, und die Straßen waren bereits rutschig. Genauer betrachtet, machte es nicht immer Spaß, ein Motorrad zu haben. Die Gründe, die mich nach Francks Abreise dazu bewogen hatten, den Aston Martin zu verkaufen, waren längst nicht mehr so klar. Augenklimpernd und mit der Zunge nach den Schneeflocken schnappend, liebäugelte ich einen Moment mit dem Gedanken, mir einen Kleinwagen zuzulegen, um den Unbilden der Witterung zu entgehen, einen in Richtung Fiat 500 , und die Triumph für die schönen Tage aufzusparen. Ich war hocherfreut, die ideale Lösung gefunden zu haben. Der Schnee fiel wie verrückt und fing an, uns einzudecken, aber ich lachte innerlich, denn das war bestimmt das letzte Mal. Um so mehr, als mich so eine Kiste kein Heidengeld kosten würde.
    - Ah, Herrgott nochmal, du armer Irrer … Armer Irrer … !! sagte ich mir im nächsten Augenblick. Wie willst du von heute an nur die geringste Ausgabe ins Auge fassen …?! Wie kannst du nur entfernt daran denken …?! Bist du krank …?!!
    Kurzum, ich spürte, wie mein Herz erstarrte.
    Es schneite den ganzen Abend so weiter. Von Zeit zu Zeit stand ich auf, um einen Blick darauf zu werfen, im Garten lagen gut und gern vierzig Zentimeter, und Flocken von der Größe einer Pflaume trudelten einem friedlich entgegen. Gegen acht Uhr rief Bernie an, um zu fragen, ob ich ein wenig Oregano hätte.
    - Hab ich.
    - O.k. Ich schick Harold rüber. Sag mal, hast du gesehn, was da runterkommt …?
    - Und ob!
    - Ah, meine Güte! Weißt du, ich hab das wirklich gern … Ich komm mir vor wie ein Kind.
    - Jaja, so geht’s uns allen.
    Ich hatte kaum aufgelegt, als ich Harold durch den Garten stapfen sah. Ein Elefant in einem Porzellanladen. Ich brauchte ihm nicht erst ins Gesicht zu sehen, um zu wissen, daß er laut vor sich hin fluchte. Der Schnee reichte ihm bis zu den Knien, und er schwang die Beine in die Höhe, zog sich die Kapuze seines Dufflecoats unters Kinn und dampfte wie eine Lokomotive. Ein luziferischer Mönch, der sich unter einen Hostienregen verirrt hat, so sah er aus.
    Fast hätte er meine Terrassentür aus den Angeln gerissen, als er reinkam. Ich hatte ihm schon hundertmal gesagt, daß man eine Tür nicht unbedingt mit der Schulter rammen mußte, aber schließlich hatte ich es aufgegeben, und ich wußte auch nicht, ob er es mit Absicht tat oder nicht.
    - Meine Fresse …! motzte er, und ein Schneeklumpen löste sich von seiner Schulter und zerplatzte auf meinem Teppich. Sieht ganz so aus, als ging das noch ´ne

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