Rueckkehr nach Abbeydale
zusammen mit seiner Schwester und deren Kindern gesehen und die falschen Schlußfolgerungen daraus gezogen hatte.
„Wie haben in dieser Woche ziemlich viel miteinander geredet, und dabei hat er mir zu verstehen gegeben, daß er sich nicht mit Frau und Kindern belasten will. Ich möchte nicht das Risiko eingehen, daß Cherry verletzt wird, wenn sie erfährt, daß er ihr Vater ist, sie aber nicht will.”
„Obwohl du ihn noch liebst.”
„Obwohl ich ihn noch liebe”, bekräftigte sie, „und das mehr als je zuvor.”
Silas blieb bis zum Abend. Als Kate seiner Unterhaltung mit ihrem Vater lauschte, dachte sie daran, daß er gut in ihre Familie paßte. Die beiden sprachen gerade über die Vorteile der selektiven Zucht.
„In der Theorie ist ja alles schön und gut”, sagte ihr Vater gerade spöttisch, „aber warten Sie nur, bis Sie Ihre Erkenntnisse in die Praxis umsetzen müssen.”
„Da stimme ich Ihnen zu”, erwiderte Silas. „Ich werde auch bald herausfinden, wie vielversprechend diese Neuzüchtung ist. Ich habe einen Hof hier ganz in der Nähe gekauft. Er ist ziemlich heruntergekommen, und das Land muß erst wieder bewirtschaftet werden. Aber wenn ich Ende des Sommers offiziell in der Forschungsstation aufhöre, kann ich mich hoffentlich ganz auf die Schafzucht konzentrieren …”
Kate blickte ihn entgeistert an, und das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Ohne sich darum zu kümmern, was die anderen dachten, fragte sie heiser: „Wie willst du das denn machen? Du hast doch gesagt, du würdest nach Äthopien gehen.”
Silas wandte sich ihr zu. Er war so in das Gespräch mit ihrem Vater vertieft gewesen und hatte sich so für das Thema begeistert, daß er gar nicht darauf geachtet hatte, was er gesagt hatte. Nun war seine Lüge aufgeflogen.
Ihm war äußerst unbehaglich zumute. Als er den wütenden und zugleich gequälten Ausdruck in Kates Augen sah, begann sein Herz schneller zu klopfen. War es möglich, daß er ihr trotz allem noch etwas bedeutete?
Es mußte so sein. Wenn er ihr nichts bedeutet hätte, wäre sie in der Nacht, als sie mit ihm geschlafen hatte, nicht so leidenschaftlich gewesen.
Dem Zauber des Moments zu erliegen war jedoch eines, eine dauerhafte Beziehung einzugehen etwas anderes. Er konnte den Gedanken nicht ertragen, daß Kate womöglich nur aus Mitleid bei ihm bleiben würde, wenn sie die Wahrheit erfuhr. Aus Angst davor und auch aus Stolz wollte er ihr auf keinen Fall sagen, wie sehr er sie liebte und brauchte.
Als Cherry ihm ihren Hund gezeigt hatte, hatte sie ihm erzählt, daß sie ihren Vater nicht kannte und auch nichts über ihn wußte. Das schloß allerdings nicht aus, daß dieser Mann eines Tages zu Kate und ihr zurückkehren konnte, um mit ihnen zusammenzuleben. Schließlich hatte Kate ihm, Silas, gestanden, daß sie den Vater ihrer Tochter liebte.
„Ja … ja, das tue ich auch”, log er. „Ich werde jemanden einstellen, der den Hof bewirtschaftet.”
Wenn sie die Wahrheit erfuhr, würde sie längst wieder in London sein, und er würde dafür sorgen, daß er ihr nicht begegnete, wenn sie künftig ihre Eltern besuchte.
Dann begleiteten ihn alle nach draußen, um sich von ihm zu verabschieden. Kates Vater erklärte ein wenig schroff, er sei jederzeit willkommen.
Silas wollte gerade in den Range Rover steigen, als Cherry zur Überraschung aller auf ihn zugelaufen kam und ihn umarmte.
Er hielt sie automatisch fest und strich ihr durchs Haar. Für eine Achtjährige ist sie viel zu groß, dachte er dabei. Sie würde einmal eine Schönheit werden, doch noch war sie so natürlich wie alle Kinder in ihrem Alter, die von ihrer Familie geliebt wurden.
Sobald Silas weggefahren war und sie alle wieder in die Küche gingen, meinte Cherry wehmütig. „Silas ist unheimlich nett. Es wär’ toll, wenn …”
„Was?” fiel Kate ihr ins Wort, während sie sie angespannt ansah. Hoffentlich sagt sie jetzt nicht, sie wünscht sich, er wäre ihr Vater, dachte sie. Gleich darauf stellte sie jedoch fest, daß ihre Phantasie mit ihr durchgegangen war, denn Cherry erwiderte:
„Es wär’ toll, wenn wir hierbleiben könnten und nicht nach London zurückfahren würden, Mum. Hier ist es viel besser.”
In dieser Nacht schlief Kate schlecht. Erst störte sie der Wind, der ums Haus heulte, später dann die Stille. Eigentlich fühlte sie sich durch alles gestört. Oder kann ich deswegen nicht schlafen, weil mir so viel im Kopf herumgeht? überlegte sie. Vielleicht liegt es auch daran,
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