Rueckkehr nach Abbeydale
mit einer Drahtschere aus dem Haus geschlichen und Meg hierhergebracht. Das war vor ein paar Tagen, und seitdem ist Meg hier.”
„Und nun?” erkundigte Silas sich leise. An ihrer Miene hatte er gesehen, wie sehr das Ganze sie mitnahm. Kate war eine sehr fürsorgliche Mutter und gleichzeitig sehr sensibel und verletzlich. Plötzlich war er auf den Mann wütend, der eigentlich bei ihr hätte sein sollen, um zusammen mit ihr die Verantwortung für ihr Kind zu tragen.
„Ich habe Cherry erklärt, daß Meg wieder zu ihrem Besitzer zurückgebracht werden muß.” Als Meg sich neben sie setzte, faßte Kate sie am Halsband. „Sean Benson behauptet, sie sei ein sehr wertvolles Tier. Dad wollte sie ihm abkaufen, aber Sean hat sich darauf nicht eingelassen.”
„Na ja, sie ist sicher aus guter Zucht, aber ich glaube nicht, daß sie sich zum Schafehüten eignet. Sie ist zu ängstlich. Allerdings würde sie einen guten Haushund abgeben.”
„Selbst wenn ich Cherry erlauben könnte, sie zu behalten – was unmöglich ist –, könnten wir Meg nicht mit zurück nach London nehmen. Sie würde sich dort nicht wohl fühlen. Cherry wollte, daß Dad Sean Benson beim Tierschutzverein anzeigt, aber so etwas ist in dieser Gegend natürlich unvorstellbar. Ich habe schon überlegt, ob ich mich an den Tierarzt wenden und ihn bitten soll, etwas zu unternehmen.”
Als Meg wieder zu jaulen begann und eine Pfote hob, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen, streichelte Kate sie sanft. Das arme Tier! Sie fühlte sich schon wie eine Verräterin, weil sie sie zurückbringen wollte.
„Komm”, meinte Silas unvermittelt, „bringen wir sie in den Wagen.”
Bevor Kate etwas erwidern konnte, hatte er Meg schon mitsamt der Leine hochgehoben und stieß mit der Schulter die Tür auf. Kate blieb also nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.
„Es ist wirklich nicht nötig, daß du dich auch noch da hineinziehen läßt”, erklärte sie atemlos, sobald sie ihn eingeholt hatte.
Da es mittlerweile in Strömen goß, wurden ihr Haar und ihr Mantel sofort naß.
„Keine Widerrede. Los, steig ein.” Er öffnete die Tür und verfrachtete Meg auf den Rücksitz. „Wir können nicht im Regen stehenbleiben.”
Kate mußte ihm recht geben. Zögernd stieg sie ebenfalls ein.
Im Gegensatz zur Scheune, wo es muffig und kalt gewesen war, war es im Wagen sehr warm. Die Scheiben waren bereits beschlagen.
Silas startete den Motor und schaltete den Scheibenwischer ein. Statt loszufahren, drehte er sich jedoch zu ihr um. „Wie wolltest du sie eigentlich zurückbringen?”
„Genauso, wie Cherry sie befreit hat”, erwiderte sie zerknirscht. „Offenbar ist es nicht besonders schwer, die Glieder der Ketten zu öffnen, die Sean benutzt. Ich hatte gehofft, daß er so verblüfft über Megs Rückkehr ist, daß er keine weiteren Nachforschungen anstellt …”
Sie errötete unter seinem Blick. Obwohl sie neunundzwanzig ist, ist sie in vielerlei Hinsicht genauso unschuldig wie ihre Tochter, überlegte er.
„Aber wenn du versucht hättest, dich auf den Hof zu schleichen, hätten seine anderen Hunde sicher angeschlagen. Er hat doch noch andere Hunde, oder?”
„Ja”, bestätigte sie hilflos.
„Und wie hat Cherry es dann geschafft, Meg zu befreien, ohne die anderen Hunde zu alarmieren?” beharrte er.
Kate schaute ihn verblüfft an. „Keine Ahnung.”
Vielleicht sollte ich einmal ein Wörtchen mit Cherry reden, dachte Silas grimmig. Dann rief er sich allerdings ins Gedächtnis, daß er nicht das Recht hatte, sich einzumischen. Cherry war schließlich nicht seine Tochter, und Kate hatte ihm selbst gesagt, daß sie den Vater ihres Kindes immer noch liebte.
„Ich habe eine bessere Idee”, meinte er leise, während er die Handbremse löste und Gas gab. Was es war, erzählte er ihr jedoch nicht, und Kate stellte beklommen fest, daß er in Richtung von Sean Bensons Hof, der Holme Farm, fuhr.
Bevor sie den Hof erreichten, hielt Silas an und drehte sich zu Meg um, die immer noch auf dem Rücksitz lag. Nachdem er sie eine Weile stirnrunzelnd betrachtet hatte, nahm er ihr Halsband und Leine ab, öffnete die Tür und hob sie heraus, ohne auf Kates wütende Einwände zu achten.
„Wenn du das Problem so lösen willst, dann laß es lieber!” rief sie hitzig, während sie ebenfalls ausstieg. Daß sie mittlerweile fast bis auf die Haut durchnäßt war, kümmerte sie nicht.
Silas hatte Meg immer noch auf dem Arm, und beide waren genauso naß wie sie. Doch das war ihr
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