Rueckkehr nach Connemara
verstehen, statt sie zu hassen.
Es war kein Heiratsantrag gewesen. Und sie hatte Harrys Vorschlag erst nach langem Zögern akzeptiert. Aber das würde sie Lorcan nicht verraten. Auch die Bedingungen, zu denen sie einverstanden gewesen war, würde sie nicht erwähnen.
Die Kehle war ihr wie zugeschnürt. In dem bedrückenden Schweigen, das plötzlich herrschte, presste Kathleen die Hände zusammen, während Lorcan einfach nur wie ein Stein dasaß, ohne sich zu rühren, als hätte ihm ihr Geständnis alle Energie geraubt.
Als sie die Stille nicht mehr ertragen konnte, hätte sie am liebsten herausgeschrien, dass sie mit achtzehn in London einen Ausländer geheiratet habe. Ihr Kind hatte man ihr
weggenommen und in ein anderes Land gebracht, wo es
gestorben war. Sie war zutiefst verletzt gewesen, hatte um ihr Baby getrauert und heftiges Heimweh gehabt. Dann war Harry aufgetaucht und hatte ihr einen Rettungsanker zugeworfen.
Jedenfalls war es ihr damals so vorgekommen.
Sie fand es unerträglich, mit der Lüge zu leben. Aber sie musste unbedingt so tun, als wäre sie mit Harry verheiratet gewesen. Lorcan hasste sie so sehr, dass er sie allzu gern aus dem Haus jagen würde. Als Jurist würde ihm das nicht schwer fallen.
"Verurteile mich bitte nicht", bat sie ihn. "Du weißt nicht, unter welchen Umständen ..."
"Du hast Harry geheiratet", unterbrach er sie. "Und jetzt ist er tot. Ballykisteen gehört dir, während ich die ganze Zeit geglaubt habe, es gehöre mir. Du hast Glück gehabt. Gratuliere. Ich bewundere dein Geschick, auch wenn ich dein Verhalten unmoralisch finde." Er rieb sich die Schläfe. "Das Haus gehört dir." Er wirkte so verstört, dass sie Gewissensbisse hatte.
"Nicht ganz. Darüber müssen wir reden, Lorcan."
Voller Hoffnung richtete er sich auf. "Hat er es mit Hypotheken belastet? Gehört es der Bank?"
"Nein. Harry hat das Gut dir und mir zu gleichen Teilen hinterlassen."
"Unmöglich!"
"Ich habe es mir bestimmt nicht ausgedacht", erwiderte sie verbittert. "Lies doch das Testament. Es liegt im Schreibtisch.
Glaubst du etwa, ich würde Ballykisteen freiwillig mit dir teilen?"
Sekundenlang blickte er sie gereizt an, dann begriff er, dass sie die Wahrheit sagte. Völlig verblüfft lehnte er sich auf dem Stuhl zurück und schien über die neue Situation nachzudenken.
"Das ändert natürlich alles", erklärte er schließlich. Seine Stimme klang so sanft, dass es Kathleen unter die Haut ging.
Und dann zog er den Stuhl heran und setzte sich so dicht neben sie, dass sich ihre Knie berührten.
Sie war wie betäubt von seiner Nähe und konnte nur noch an seinen muskulösen Körper denken, während jeder vernünftige Gedanke sich in einem Dunstschleier aufzulösen schien.
Es war unglaublich. Mitten in so einer wichtigen
Unterhaltung meldete ihr Körper seine Bedürfnisse an.
Ärgerlich zwang sie sich, die Hände ruhig zu halten, und atmete tief durch.
"Das bedeutet, dass wir gleichberechtigte Besitzer sind", stieß sie heiser hervor.
Er lächelte. "Richtig. Wir teilen dieses Haus miteinander, du und ich." Die seltsame Bemerkung hörte sich beinah erotisch an.
"Theoretisch ja, aber in der Praxis wird es nicht funktionieren", sagte sie betont beiläufig, obwohl sie Herzklopfen hatte. Wie hypnotisiert beobachtete sie, wie er die Hand auf ihren Oberschenkel legte.
"Die Situation ist doch ganz klar, du hast etwas, das ich haben will. Und ich werde es bekommen."
Seine Hand fühlte sich warm an. Ungern schob Kathleen sie weg, aber es musste sein. "Du willst sicher keinen Streit und keine Auseinandersetzung ..."
"Dasselbe gilt auch für dich, oder?" fragte er sanft. "Ich mache dir einen Vorschlag: Ich kaufe dir deinen Anteil ab."
Ah ja, er versucht es auf die sanfte Tour und lässt seinen Charme spielen, dachte sie.
"Nein. Es ist mein und Conors Haus, wir bleiben hier", erklärte sie nachdrücklich.
Lorcan beugte sich vor und sah sie so eindringlich an, dass sie das Gefühl hatte, in der Falle zu sitzen.
"Du wirst deinen Anteil verkaufen, wenn der Preis stimmt, das weiß ich", sagte er betont liebenswürdig. "Dann hast du Geld genug, um auszuwandern und irgendwo neu anzufangen."
"Ich würde Connemara niemals verlassen", erwiderte sie.
"Du willst bleiben, egal, was geschieht?" Er war offenbar irritiert.
"O ja", bekräftigte sie.
In dem Schweigen, das sich zwischen ihnen ausbreitete, sah Lorcan sie aufmerksam an.
Kathleen erbebte, als er viel zu lange ihre Lippen betrachtete.
Sogleich
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