Rueckkehr nach Connemara
ich kenne seine Version der Geschichte. Alle haben ihm seine Lügen geglaubt. Wer von uns beiden hat denn Tiere misshandelt und gequält, Kathleen?"
"Harry", gab sie zu.
"Und wer hat Harry daran gehindert und die Tiere beschützt?"
"Du." Sie schämte sich plötzlich.
"Endlich glaubt mir mal jemand. Und ausgerechnet du, eine kleine Schwindlerin und Betrügerin. Was erwartest du vom Leben, Kathleen? Dass dir jeder Mann zu Füßen liegt? Die Mutterrolle passt nicht zu dir. Ich kann selbst nicht glauben, dass ich jemals ..." Unvermittelt unterbrach er sich und drehte ihr den Rücken zu, als könnte er ihren Anblick nicht mehr ertragen.
Den Tränen nahe, betrachtete Kathleen seinen angespannten, muskulösen Rücken. Lorcan sollte nicht schlecht von ihr denken. Das Herz schmerzte ihr so sehr, als wäre seine Meinung wichtig für sie und als hätte sie ihn gern.
"Lorcan", begann sie unglücklich und legte ihm behutsam die Hand auf den Rücken.
Sogleich wich er zurück. "Fass mich nicht an!"
"Ich wollte mich nur dafür entschuldigen, dass ich gedacht habe, du wolltest mich schlagen", sagte sie.
Langsam drehte er sich wieder zu ihr um. "Es war eine instinktive Reaktion, stimmt's? Jemand hat dich geschlagen, sonst hättest du nicht so reagiert. War es Declan?"
"Nein, bestimmt nicht", rief sie schockiert aus. "Dec ist ein ganz lieber Mensch."
"Wer denn?" Er kniff die grünen Augen zusammen.
"Moment mal. Erst reden wir über Dec und meine Beziehung zu ihm."
"Ich habe gesehen, was zwischen euch beiden gestern vorgefallen ist, Kathleen. Ihr habt euch umarmt und geküsst.
Der Wind hat die Kosenamen in alle vier Himmelsrichtungen getragen."
"Das hat nichts zu bedeuten. Wir mögen uns und sind Freunde", wehrte sie sich.
"Ja, Busenfreunde. Das wart ihr schon immer. Ihr habt euch über die FitzGeralds lustig gemacht, genau wie deine verdammte Mutter."
Rasch wischte sie die Tränen weg, die ihr in die Augen traten. "Du musst mir glauben! Gestern war ich sehr aufgeregt, und er macht sich Sorgen um mich. Natürlich lieben wir uns", gab sie zu. "Aber nicht so..."
"Erspar mir dein Geständnis. Ich habe dich in den Armen zu vieler Männer gesehen, um dir deine Empörung noch
abzunehmen." Seine Miene wirkte unversöhnlich. "Wer ist denn dein armer betrogener Ehemann?" fragte er kühl.
Jetzt reichte es ihr. Sie atmete tief ein. "Die Frage kann nicht lauten, wer es ist, sondern wer es war", korrigierte sie ihn.
Aus Lorcans entsetzter Miene schloss sie, dass er die Antwort sogleich erraten hatte. Er zog einen Stuhl zu sich heran und setzte sich.
"Harry?" Er blickte sie fassungslos an.
"Ja."
"Dann hat er dich geschlagen."
"Er hat es versucht, aber meist nicht getroffen", erwiderte sie leise.
"Diese Ratte. Er hat immer nur die Kleineren und Schwächeren angegriffen. Wie konnte er nur ..." Lorcan war offenbar sehr erschüttert. "Ich kann nicht glauben, dass du Harrys Frau warst. Dann hast du es geschafft, ihn für dich zu gewinnen. Das war ja immer dein Ziel."
Seine Verachtung schmerzte Kathleen körperlich. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt, und am liebsten hätte sie aufgeschrien, um sich Erleichterung zu verschaffen.
"So war es nicht, Lorcan", flüsterte sie.
"Nein, natürlich nicht. Ihr habt euch verliebt und geheiratet, wie schön! Hältst du mich für dumm? Du bist keine trauernde Witwe, du hast ihn nicht geliebt. Wie konntest du nur?" Er nahm Harrys Foto und hielt es ihr vor die Nase. "Hast du diesen Kerl geliebt? Du bist so sanft und mitfühlend, während er bösartig, verschlagen und ein Alkoholiker war, dem es einen Kick verschaffte, Tiere und Menschen zu quälen. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen."
Bestürzt drehte sie den Kopf zur Seite. Ihr wurde übel, und sie presste sich die Hand auf den Mund. Wie war das alles geschehen? Wie hatte Harry sie mit seinem Charme, den er zweifellos besessen hatte, überzeugen können, dass ihre Absprache jemals funktionieren würde?
"Was hat dir an ihm gefallen? Verrat es mir", forderte Lorcan sie spöttisch auf.
Sie versuchte, die Gedanken zu ordnen, ehe sie mit
monotoner Stimme zu sprechen begann.
"Nachdem er deine Mutter von Ballykisteen vertrieben hatte, kam er nach London, um mich zu besuchen. Declan wusste, wo ich war. Harry ... hat mir einen Vorschlag gemacht."
"Du meinst, einen Heiratsantrag, den du sogleich angenommen hast", warf er verächtlich ein.
Kathleen wünschte, sie könnte ihm die Wahrheit sagen.
Vielleicht würde er sie dann
Weitere Kostenlose Bücher