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Rueckkehr nach Glenmara

Titel: Rueckkehr nach Glenmara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Barbieri Sonja Hauser
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Finger an die Lippen. »Leise, Fergus.«
    Er hechelte, schien ihre Freude zu teilen.
    Ein Gast. Sie waren nicht mehr allein.

BILD SECHS
    Klippenwanderung
    A ls Kate aufwachte, stand die Sonne bereits hoch am Himmel, und Schatten krochen über ihren Quilt. Sie rieb sich die Augen, ließ den Blick über die Spitzenvorhänge, das Kreuz an der Wand und den Strauß Maiglöckchen sowie den Stapel Bücher gleiten, die Bernie auf dem Nachtkästchen platziert hatte, während Kate duschte. Am Abend war Kate die Einrichtung des Raums kaum aufgefallen, und ihren Rucksack hatte sie nicht ausgepackt. Wozu auch? Sie würde ja nicht lange bleiben. Sie war auf der Durchreise, obwohl sie das Gefühl nicht loswurde, dass der Raum auf sie gewartet hatte.
    Zunächst fiel ihr nicht einmal mehr ein, welcher Tag war. Ja, Sonntag, dachte sie nach einer Weile. Vermutlich früher Nachmittag. Sie zog die spitzenverzierten Vorhänge zurück. Im Garten flatterten ihre Kleider an der Wäscheleine; der Ärmel ihrer Jacke schien ihr zuzuwinken. Hallo. Tschüs. Hilfe. Bernies Sachen hingen daneben – ein Pullover, eine Bluse und die grässlichste Unterwäsche, die Kate je gesehen hatte: ein riesiger Slip und ein ebenso riesiger Büstenhalter, der an den Brustpanzer einer Walküre erinnerte, beide aus Nylon und fleischfarben, und von beiden glaubte Kate
zu hören: Die Frau, der wir gehören, hat mit Sex nicht viel am Hut.
    Auf der anderen Seite der Wiese befanden sich ordentliche Beete mit Salat, Karotten und Erbsen, die schon vorsichtig aus der Erde lugten, und stützenden Stangen. Dazu Petersilie, Rosmarin und Schnittlauch im Küchengärtlein. Über den Stiefmütterchen und Veilchen summten Bienen. Frühe Tulpen blühten rot, zur Haustür passend, in grün glasierten Töpfen. In der Ferne erspähte Kate die See mit ihren intensiven Farben. Hatte diese Qualität des Lichts mit den vielen Niederschlägen zu tun?
    Die Luft war feucht von Meer und Regen. Kate sah Bernie in Gummistiefeln aus dem Haus eilen und die Kleidung von der Leine holen, damit sie nicht wieder nass wurde. Bevor ihre Gastgeberin die Sachen faltete und in einen Weidenkorb legte, hob sie den Blick und begrüßte Kate mit einem Lächeln.
    Kate rang sich ein Winken ab – sie war ein Morgenmuffel, obwohl man nicht mehr von Morgen im engeren Sinn sprechen konnte -, bevor sie den türkisfarbenen Chenille-Bademantel vom Haken an der Tür nahm. Anschließend wusch sie sich in dem kleinen Bad auf der anderen Seite des Flurs das Gesicht und putzte sich die Zähne. Bernies Werke waren überall – das Spitzendeckchen auf der Kommode, die mit exakten Stichen auf die Handtücher aufgestickten Veilchen. Kate musterte sich kritisch im Spiegel, versuchte ihre Haare zu bändigen, die in der feuchten Luft noch ungebärdiger waren als sonst, und ging strumpfsockig die Treppe hinunter. Sie konnte nur hoffen, dass Bernie die fast durchgewetzten Fersen nicht auffielen.

    Fergus erhob sich von seinem Platz vor dem Kamin und trottete auf sie zu. »Hallo, alter Junge«, begrüßte sie ihn, und er stupste sie mit seiner ergrauenden Schnauze an, bevor er sich wieder niederließ. Kate betrachtete die Fotos über dem Kaminsims: die junge Bernie mit dichter Lockenmähne und strahlenden Augen; das Hochzeitsfoto der zwei Brautleute, die einander lächelnd mit der Stirn berührten; ein Jahre später aufgenommenes Bild von Bernies Mann auf den Klippen. Kate fragte sich, wo er steckte. War er beruflich unterwegs oder mit Freunden beim Angeln?
    »Guten Morgen – oder sollte ich sagen schönen Nachmittag?« Bernie stellte den Korb auf die Arbeitsfläche, die Wangen vom Wind gerötet, was gut zu ihrem Pullover passte. Sie schlüpfte neben der hinteren Tür aus den Stiefeln und glättete ihren Rock. »Haben Sie gut geschlafen?«
    »Tut mir leid, dass ich erst jetzt aufgestanden bin.« Kate unterdrückte ein Gähnen. »Ich hatte keine Ahnung, wie spät es ist.«
    »Kein Problem, Sie haben ja nichts versäumt. In dieser Gegend lassen wir uns Zeit. In der Gastronomie gibt’s diesen Slow-Food-Trend. Unsere Version ist Slow Living – langsam leben. Uns bleibt gar keine andere Wahl. Hier geht nichts schnell, selbst wenn wir das gern hätten.«
    »Ich wollte Ihnen nicht zur Last fallen und hätte mich schon längst auf den Weg machen sollen«, sagte Kate.
    »Der nächste Bus kommt erst in einer Woche.«
    »In einer Woche?«, wiederholte Kate überrascht.
    »Wir haben hier nicht sonderlich viel Verkehr, am allerwenigsten am

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