Rueckkehr nach Glenmara
Bernie. »John hat immer einen kleinen Tanz für mich aufgeführt, um mich von der Spüle wegzulocken …«
Die anderen lachten und stießen Pfiffe aus.
Bernie wurde rot. »Ungelogen.«
»Schade, dass er das nicht professionell gemacht hat«, sagte Colleen. »Dann hätten wir ihn für meine Geburtstagsfeier engagieren können.«
»Das war nur für mich. Und jetzt, wo er …« Bernie verstummte.
Colleen tätschelte ihren Arm.
»Wir können nur Tücher und Kragen und Ärmelaufschläge und Tischläufer«, erinnerte Aileen sie.
»Wir könnten die Spitze zu etwas Neuem verarbeiten«, schlug Kate vor, in deren Kopf sich eine Idee herauszuformen begann. »Ich hätte da ein paar Skizzen …«
»Was sollen uns Zeichnungen schon nutzen?«, fragte Aileen, wieder in provozierendem Tonfall.
»Alles beginnt mit einem Entwurf«, beharrte Kate. Wenn Aileen sie doch nur erklären ließe …
»Der einen oder anderen Art.« Aileen bedachte sie mit einem durchdringenden Blick.
Kate presste die Lippen zusammen. Sie würde sich nicht auf Aileens Niveau begeben, auch wenn ihr das noch so schwerfiel.
»Skizzen wofür?«, wollte Colleen wissen.
»Für Damenunterwäsche«, antwortete Kate mit fester Stimme. »Ich habe nachgedacht: Wir könnten Spitze in Form von Einsätzen in bereits vorhandene Stücke integrieren oder etwas ganz Neues fertigen, vollständig aus Spitze …«
Sie sahen sie mit großen Augen an.
»Was für eine Materialverschwendung, und was würden die Leute dazu sagen, besonders der Pfarrer?«, brach Aileen das allgemeine Schweigen.
»Nicht zu fassen, dass Menschen sich im einundzwanzigsten Jahrhundert solche Gedanken machen«, sagte Kate, deren Heimat Amerika auch nicht gänzlich frei von Überlegungen dieser Art war. »Außerdem dürfte Pfarrer Byrne in derartigen Dingen wenig Erfahrung haben, es sei denn natürlich, unter seiner Soutane verbergen sich Geheimnisse.«
Alle Frauen bis auf Aileen lachten und begannen gleichzeitig zu reden:
»Ja.«
»Warum nicht?«
»Wir klöppeln die tollsten Büstenhalter und Slips, die die Welt je gesehen hat.«
»Ihr habt sie wohl nicht mehr alle?«, zischte Aileen.
»Ich finde die Idee super«, meinte Bernie. »Dann fühlen wir uns auch wieder attraktiv. Genau das haben Sie gesagt, als ich neulich meine Sachen von der Wäscheleine genommen habe, wissen Sie noch, Kate?«
»Ja.«
Kate legte Schere, Nadel und Faden auf Bernies Küchentisch. Sie hatte schon viele Kleidungsstücke zerlegt, aber noch nie etwas gewagt wie das, das sie jetzt plante. Und sie wusste, dass Aileen nur auf ihr Versagen wartete. Doch von ihr würde sie sich nicht in ihrem Tatendrang bremsen lassen. Kate prüfte das Material. Sie mussten einen größeren Vorrat an Gummibändern, Haken, Ösen und Trägern bestellen. Fürs Erste würden sie sich darauf beschränken, Teile des Vorhandenen zu entfernen und dafür Einsätze und Aufschläge anzubringen. Sie würden das Beste aus dem machen, was ihnen zur Verfügung stand.
Sie wog ihr Handwerkszeug in den Händen, wo sich Schwielen zu bilden begannen wie damals beim Nähenlernen. Diese Tätigkeit war seit jeher Teil ihres Lebens, seit damals, als Lu den goldenen Fingerhut über ihren Babykorb gehängt hatte, so dass Kate mit ihren feisten Fingerchen danach greifen konnte, während Lu selbst arbeitete. Zunächst war das Nähen für Lu eine Freizeitbeschäftigung gewesen – bis Kates Vater sie verließ, als diese acht war und sie das Geld brauchten. Und später hatte sie Kate gezeigt, wie man die Enden des Fadens abschnitt und befeuchtete, um die Fasern zu binden, damit sie leichter durchs Öhr glitten, und dann verknotete. Kate hatte gestickt, Kissenbezüge und Bilder von Blumen, Katzen und Hunden, anfangs mit wunden Fingern, weil sie sich so oft stach. Später war sie dann zu Säumen übergegangen und noch später zur Nähmaschine. Ihre Mutter hatte ihr, die Arme um sie geschlungen, alles gezeigt und nie die Stimme erhoben, auch dann nicht, wenn Kate die Spule verhedderte oder das Garn falsch in die Maschine einfädelte. Ganz ruhig. Probieren wir’s einfach noch mal.
Nach dem Tod ihrer Mutter drei Monate zuvor hatte sie geglaubt, deren Stimme zu hören, wenn sie an der Maschine saß und die Nadel summend durch den Stoff sauste. In den ersten Tagen nach der Beisetzung war sie so hektisch gewesen, dass die Nadel entzweibrach – die zwei Teile ihres Lebens, das Vorher und das Nachher. Sie hatte ihre gesamte Energie darauf verwendet, ihre erste
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