Rückkehr nach Kenlyn
das anscheinend nichtmal zu Unrecht. So«, ein letztes Schnipp der Schere, »fertig!«
Kai betrachtete sich im Spiegel, während Endriel ihm das Handtuch von den Schultern nahm. Er stand auf und fuhr sich durch die Haare.
»Und?«, fragte Endriel vorsichtig. Sein Haar war nun genau wie damals, der Pony aus der hohen Stirn gekämmt. »Zufrieden?«
Als Antwort zog er sie an sich heran und küsste sie. Endriel umfasste seine Hüften, zog ihn an sich heran und spürte seinen Unterleib gegen ihren; fühlte seine Erektion und seine Hände, die sich unter ihren Hemdrücken schoben und ihren Rücken streichelten. Sie hörte sich leise stöhnen – und eine Faust, die gegen die Tür polterte.
»Braucht ihr noch lange?«, brummte Keru. »Es müssen noch andere da rein!«
Gegen ihren Willen musste Endriel lachen. Sie fasste nach Kais Hand. »Komm«, sagte sie leise, »ich weiß, wo wir ungestört sind!«
Die Tür zur Brücke stand einen Spalt breit offen; genug für Nelen, um hindurchzuflattern. Sie war verblüfft, Miko hier allein vorzufinden. Er hatte das Steuer übernommen und sah sich zu ihr um. »Nanu, ich dachte, du wolltest dich hinlegen?«
»Wollte ich auch.« Sie ließ sich auf seiner Schulter nieder, streckte Arme, Beine und Flügel aus, bis die Gelenke knackten und gähnte mit weit aufgerissenem Mund. Nur mit Mühe konnte sie die Augen offen halten. »Endriel und Kai haben mich rausgeschmissen.«
»Warum?« Miko blinzelte. Es schien, als habe er den schlimmsten Teil seiner Erkältung bereits hinter sich.
»Sie sind ... beschäftigt.« Nelen rieb sich das rechte Horn.
»Beschäftigt?«, fragte Miko. Dann dämmerte es ihm. »Ach! Beschäftigt !«
Sie zuckte mit den Achseln. »Schätze, sie haben ’ne Menge nachzuholen.« Wieder ein Gähnen; es renkte ihr fast den Kiefer aus. Das Abendessen – gebratene Heuschrecken – lag ihr schwer im Magen, und die Versuchung war groß, sich in Mikos Schal zu kuscheln und einfach einzuschlafen. Aber so sehr sie Miko auch mochte – bei seiner Neigung zu linkischen Bewegungen würde sie wahrscheinlich nicht lange Ruhe finden.
»Hey, du kannst doch bei mir im Gästequartier schlafen«, schlug er vor. Von nahem betrachtet erinnerte seine picklige Wange an ein Kraterfeld. »Ich meine, wenn du möchtest.«
Sie nickte. »Gerne.«
Eine Weile sagte keiner von beiden etwas und Miko konzentrierte sich ganz auf das Steuer. Jenseits der Brücke gab es nicht viel zu sehen, außer Nacht und ein paar halb verschleierten Sternen. Sie waren erst einen Tag hier und Nelen hasste diesen Planeten von ganzem Herzen. Sie vermisste Kenlyn: den blauen Himmel mit seinen weißen Wolken, die kleinere, aber wärmere Sonne, die Farben, die Luft, alles .
»Der Saphirstern«, hörte sie Miko flüstern. »Hättest du gedacht, dass wir den mal zu sehen kriegen?«
Nelen dachte darüber nach. Sie hatte nie ernsthaft daran gezweifelt, dass Endriel einen Weg hierher finden würde; wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, gab es wenig, das sie aufhalten konnte, die Gesetze der Wahrscheinlichkeit eingeschlossen.
»Hab ich«, antwortete sie schließlich. »Aber Zuhause wird uns das keiner abkaufen.«
Miko verzog den rechten Mundwinkel zu einem Halblächeln. »He – wir sollten ein paar Aufnahmen mit dem Kubus machen! Vielleicht können wir die irgendwie verkaufen!«
»Gar keine dumme Idee.« Nelen fuhr sich durch das rabenschwarze Haar. »Aber eins nach dem anderen, Miko.«
»Glaubst du, dieser Syl Ra Van kann uns helfen?«
»Ich hoffe es. Nur ...« Sie rang mit einem erneuten Gähnen. »Ich glaube nicht, dass es so einfach werden wird. Immerhin wird er uns wohl kaum zurück nach Hause zaubern können oder so. Na ja, in ein paar Stunden wissen wir es genau.« Vielleicht konnten sie es wirklich schaffen. Irgendwie.
Sie legte sich auf den Bauch und ließ Arme und Beine hängen. Die Landmasse Nord-Zenebans flog lautlos unter ihnen dahin: ein Gemälde aus der depressiven Phase des Künstlers, in Grau, Braun und Schwarz, nur hier und da garniert mit den Trümmern von Städten.
Sie hörte Miko schwer seufzen.
»Was ist?« Nelen sah auf, nachdem ihr kurz die Augen zugefallen waren.
»Ich weiß auch nicht«, gestand er. »Ich würde nur gern wieder etwas tun , verstehst du?«
Sie grinste. »Du meinst, wieder den Helden spielen?«
Er schien zu überlegen, ob sie sich über ihn lustig machte. »Ist das so schlimm?«
»Nein«, wollte sie sagen, entschied sich jedoch anders, als sie an ihr
Weitere Kostenlose Bücher