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Rückkehr nach Kenlyn

Rückkehr nach Kenlyn

Titel: Rückkehr nach Kenlyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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der Tränen. «
    Keru dämpfte die Beleuchtung, damit alle sehen konnten, was sie jenseits der Brückenkuppel erwartete.
    Lange vor ihrer Ankunft hatte es zu schneien begonnen; dicke Flocken fielen auf die Verglasung und glitten spurlos von ihr ab. Laut Ahi Laan war es bereits neunhundert Jahre zuvor in dieser Gegend eisig kalt gewesen – früher einmal hatten Eisbären und Robben in der umgebenden Tundra gelebt. Nun, nach dem Untergang der Welt, gab es hier kein Zeichen von Leben mehr, und das karge Land der Küste war von Schnee weiß gesprenkelt. Das Meer, das sich dahinter anschloss, schien unter dem Nachthimmel unendlich weit und pechschwarz.
    Endriel betrachtete wieder die Karte von Nord-Zeneban, die Ahi Laan angefertigt hatte: Die Bucht der Tränen, benannt nach einer Seeschlacht, die so lange her war, dass sich niemand mehr an ihren Ursprung oder Ausgang erinnerte, lag im Nordosten der Landmasse. Ihre Form erinnerte entfernt an eine Faust mit einem nach Süden ausgestreckten, ziemlich stummeligen Zeigefinger. Die Bucht war eigentlich ein Binnenmeer, gut eintausend Kilometer breit und tausendvierhundert Kilometer lang. Aufgrund der Kälte hatten sich hier nur wenige der Draxyll-Ureinwohner angesiedelt, und zur Zeit des Ersten Schattenkrieges hatte es nur einen einzigen, vernunftbegabten Bewohner in diesem Teil der Welt gegeben: Syl Ra Van I.
    »Also«, hörte Endriel Keru hinter sich knurren. »Wonach genau suchen wir?«
    Ahi Laans Blick schien schon seit geraumer Zeit den Himmel abzusuchen, an dem es außer Sternen und Schneeflocken nichts zu sehen gab. Sie drehte sich gerade zu dem Skria um, als Endriel begriff, wonach sie Ausschau hielt, und anstelle der Sha Yang antwortete: »Nach einer schwebenden Stadt«, sagte sie. »Nicht wahr?«
    Ahi Laan nickte wortlos.
    »So wie Teriam?« Miko kratzte sich an seiner pickligen Wange.
    » Keine Stadt «, antwortete Ahi Laan. » Eine Schwebeplattform. Nur etwa zweihundert Meter im Durchmesser. « Ihr winziger Mund krümmte sich nach unten, während sie weiterhin das Firmament hinter dem Schneevorhang absuchte. » Aber ich kann nichts entdecken. «
    »Also hat Rokor sie zerstört ...«, flüsterte Xeah bestürzt.
    Endriel schluckte mit trockenem Mund. Die letzte Stunde über hatte Ahi Laan Nachrichten per Geisterkubus gesandt – keine war beantwortet worden. Sie hatte darauf beharrt, dass dies nichts zu bedeuten hatte: Möglicherweise störten die Partikel in der Atmosphäre das Signal. Vielleicht, hatte Endriel gedacht, klammerte sie sich aber auch nur an den allerletzten Strohhalm.
    »Es kann doch auch sein, dass sie einfach nur vom Kurs abgekommen ist«, überlegte Kai.
    »Oder auch nicht!«, meldete Nelen fröhlich. »Seht mal, da unten!«
    Endriel und die anderen folgten ihrem Fingerzeig. Tatsächlich: Einige Kilometer vor der Küste hob sich eine Silhouette vom Weißgrau des Landes ab. Sie erinnerte an einen Leuchtturm – ein dünnes Gebilde mit einem geisterhaften Licht an der Spitze; genaueres konnte Endriel aus dieser Entfernung jedoch nicht ausmachen.
    Mit einem misstrauischen »Hrrhmmm« zündete Keru die Schubdüsen, um sie näher heranzubringen.
    Der Turm ragte wie ein riesenhaftes Grabmal gut einhundert Meter aus Schnee und Staub heraus. Er schien die letzten Jahrhunderte einigermaßen schadlos überstanden zu haben, auch wenn Wind und Wetter seine sich verjüngenden Mauern zu einem stumpfen Bleigrau geschliffen hatten; eigentlich eine perfekte Tarnung auf diesem Planeten, wäre nicht der Ring von Lanzettfenstern direkt unter seiner Spitze gewesen, hinter denen kränklich-gelbes Licht leuchtete. Ringsum konnte man noch die Form der Schwebeplattform erahnen, die ihn einst getragen hatte, bevor sie unter Rokors Überresten begraben worden war.
    » Bring mich nach unten «, wies Ahi Laan Keru an. Und als er nicht reagierte, fügte sie mit spürbarem Widerwillen hinzu: » Bitte. «
    »Na also, es geht doch.« Mit gebleckten Zähnen ließ Keru die Korona aus dem Himmel herab gleiten.
    Ahi Laan sah von einem Kommentar ab und machte bereits Anstalten, die Brücke zu verlassen, als Kai ihren Namen rief. Sie drehte sich zu ihm um.
    »Ich komme mit dir«, sagte er.
    »Genau wie ich!«, stimmte Endriel ein. »Das heißt, falls unser Kapitän nichts dagegen hat?«
    »Hrrhhmmm«, grummelte Keru. »Wer rüber geht, ist egal. Hauptsache, ihr braucht nicht zu lange.«
    »Darf ich auch –?«, begann Miko, verstummte aber, als der Skria ihn anstierte. »Schon gut«,

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