Rückkehr nach Killybegs

Uni.«
    Umso besser. Zwei weniger. Wenn sie so einer nach dem anderen abhauten, dann war es richtig gewesen, die Waffen niederzulegen.
    »Und ich? Was wird aus mir?«
    »Wir haben dir einen Handel vorzuschlagen, Tyrone.«
    »Einen Handel?«
    Wir waren mitten im protestantischen Sektor. An allen Wänden die britische Flagge. Porträts von Wilhelm von Oranien, der 1690 die katholischen Heere geschlagen hatte. Paramilitärische Graffiti mit ihrem Kriegsruf: »Wir werden uns nicht ergeben!«
    Der Cop hielt an einem Park.
    »Wir laufen ein bisschen, Tyrone.«
    Herzrasen und weiche Knie. Ich hatte großen Durst. Meine Zunge war trocken, mein Mund wie aus Karton. Meine Stimme war weg. Ich wartete. Beobachtete seine langsamen Schritte, seine Art, sich eine Zigarette anzuzünden, mir eine zu reichen und meinen Blick durch die Flamme zu suchen.
    »Du musst weg, Tyrone.«
    »Was ist los?«
    Die Stimme eines uralten Greises.
    »Zuerst bringen wir dich irgendwo in Sicherheit, dann exfiltrieren wir dich.«
    »Gib mir verdammt noch mal eine Antwort! Was ist los?«
    Der Cop sog den Rauch ein. Er wollte Zeit gewinnen.
    »Wir verschaffen dir eine neue Identität. Außerdem kriegst du eine Wohnung und hundertfünfzigtausend Pfund. Damit kannst du eine Weile lang durchhalten.«
    Ich packte ihn am Ärmel.
    »Ich will eure Kohle nicht! Ich bin Ire und bleibe in Irland!«
    »Du hast keine Wahl«, antwortete der Cop sanft.
    Ich schaute ihn an. So ruhig hatte ich ihn noch nie gesehen.
    »Ich bin verbrannt? Ja?«
    »Genau.«
    Ich schlug mit der Zeitung gegen den Zaun des Parks.
    »Verdammt! Wie kann das sein? Was ist passiert?«
    »Der Waffenstillstand hat die Linien verschoben …«
    Ich packte ihn bei den Schultern. Er war größer und jünger als ich, er hätte mich mit einem Blick zu Boden werfen können, aber er ließ mich gewähren.
    »Das habt ihr nicht getan, oder? Verdammt! Habt ihr mich verkauft?«
    »Nein, nicht wir, Tyrone. Nicht die Polizei von Ulster.«
    »Der MI5? Die Schmeißfliege Waldner?«
    Der Polizist machte sich los und steckte seine Hände in die Taschen.
    »Was hast du denn geglaubt, Tyrone? Ganz ehrlich! Wie hast du dir das Ende gedacht?«
    »Warum habt ihr mich nicht einfach in Frieden gelassen?«
    »Weil Frieden ist, Tyrone, deshalb. Du warst ihnen in Kriegszeiten nützlich, du wirst ihnen auch in Friedenszeiten nützlich sein.«
    »Ich verstehe nichts! Überhaupt nichts!«, schrie ich.
    Er legte mir beruhigend eine Hand auf den Arm.
    »Sinn Féin erntet die Früchte des Friedensprozesses. Ihr sammelt überall Punkte, ihr werdet zur ersten politischen Partei Nordirlands werden. Das ärgert sie, Tyrone.«
    »Und was hab ich damit zu tun?«
    »London mag euch nicht, Dublin auch nicht. Ihr habt die Waffen niedergelegt, deshalb können sie nicht mehr auf euch schießen, aber sie können euch noch schaden.«
    »Was erzählst du da?«
    »Ein Verräter sprengt die Moral einer Gemeinschaft. Wie ein Schrapnell. Das spuckt kleine Splitter in alle Richtungen. Von einem Verräter werden alle verletzt. Und davon erholt man sich schwer.«
    »Ihr seid Schweine!«
    »Ich bin gekommen, um dich zu warnen.«
    »Wann wollen sie mich ausliefern?«
    »Schon geschehen.«
    Ich konnte kaum atmen.
    »Sie haben mich an die IRA verkauft?«
    »Nicht verkauft, Tyrone. Geschenkt. Und sie haben behauptet, dass es drei Agenten in der Führung eurer Bewegung gibt.«
    »Schwachsinn!«
    Der Cop lächelte.
    »Mag sein, Tyrone, aber die IRA wird sich mit deiner Einschätzung nicht zufriedengeben. Jeder wird jeden verdächtigen, und das führt zum Chaos.«
    »Verdammte Schweinebande!«
    Ich drehte mich um und ging Richtung Straße.
    »Tyrone?«
    Er rannte hinter mir her und hielt mich fest.
    »Mach keinen Mist, Tyrone. Sie werden dich holen, und du wirst verhört. Du weißt genau, was sie mit Verrätern machen!«
    »Es gibt den Friedensprozess. Sie werden mich nicht anrühren.«
    Ich ging weiter. Ich hoffte, er würde mich noch einmal einholen, mit mir reden, mir erklären, wie es den anderen ergangen war. Was macht man nach dem Verrat? Was wird aus einem? Wohin soll man gehen? In England bleiben und als Abtrünniger sterben? Nach Amerika auswandern? Nach Australien? Falsche Papiere, falsche Wohnung, falsche Arbeit, falsche Freunde, falsches Leben. Außerdem findet die IRA Verräter. Überall findet sie sie. Noch ewig später. Um die sechzig Spitzel wurden hingerichtet, Hunderte andere aus der Stadt gejagt.
    Nein! Ich folge ihnen nicht mehr. Ich mach mit