Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rueckkehr nach River's End

Rueckkehr nach River's End

Titel: Rueckkehr nach River's End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
inhalierte, ausblies und wieder inhalierte.
    Seine Augen blickten abwesend - glasig und unstet. Der Schock und die Drogen.
    An ihm klebte das Blut seiner Frau.
    »Jemand hat sie getötet. Jemand hat Julie getötet.« Er sagte es wieder und wieder.
    »Erzählen Sie mir, was passiert ist, Mr. Tanner.«
    »Sie ist tot. Julie ist tot. Ich konnte nichts dagegen tun.«
    »Gegen was?«
    »Das Blut.« Sam starrte auf seine Hände und begann zu weinen.
    Irgendwann während dieses ersten, konfusen Verhörs erinnerte Frank sich daran, daß die beiden ein Kind hatten. Er machte sich auf die Suche.
    In seinem Arbeitszimmer tippte Noah die Notizen vom Interview mit seinem Vater ab. Es half ihm, die Worte schwarz auf weiß zu sehen.
    Als sein Telefon klingelte, fuhr er erschrocken zusammen und stellte fest, daß er sich stundenlang in seiner Arbeit verloren hatte. Die Vorboten des Sonnenuntergangs verfärbten bereits den Himmel vor seinem Fenster.
    Noah drückte die Finger gegen seine schmerzenden Augen und nahm ab.
    »Hier spricht Sam Tanner.«
    Instinktiv griff Noah nach einem Bleistift. »Wo sind Sie?«
    »Ich beobachte den Sonnenuntergang. Ich stehe draußen und betrachte den Sonnenuntergang über dem Wasser.«
    »Sie haben mir nicht gesagt, daß man Sie vorzeitig entlassen würde, Sam.«
    »Nein.«
    »Sind Sie in San Francisco?«
    »Ich war lange genug in San Francisco. Dort ist es mir zu kalt und feucht. Ich wollte nach Hause.«
    Noahs Puls besc hleunigte sich. »Sie sind in L. A.?«
    »Ich habe ein Zimmer am Sunset Strip gemietet. Hat sich alles ganz schön verändert.«
    »Geben Sie mir Ihre Adresse.«
    »Im Augenblick bin ich nicht dort. Ich bin ganz in Ihrer Nähe und sehe mir den Sonnenuntergang an«, wiederholte er fast verträumt. »Vor einem Lokal, wo man Tacos, Bier und eine Salsa bekommt, die einem die Tränen in die Augen treibt.«
    »Sagen Sie mir, wo Sie sind. Ich komme zu Ihnen.«
    Sam trug Khakihosen und ein kurzärmeliges Hemd, beides noch so neu, daß sich die Falten noch nicht ausgehangen hatten. Er hatte sich an einem der kleinen schmiedeeisernen Tische des mexikanischen Restaurants niedergelassen und starrte auf das Wasser hinaus. An den anderen Tischen saßen vereinzelt Gäste, junge Leute mit frischen Gesichtern, die Nachos verzehrten und gerade alt genug waren, um das Bier zu bestellen, das sie tranken.
    Im Gegensatz zu ihnen wirkte Sam alt, b l ass und überraschend naiv.
    Noah bestellte für jeden Tacos und Bier.
    »Wie fühlen Sie sich?«
    Mit einem Ausdruck des Erstaunens beobachtete Sam einen jungen Mann auf Rollerblades. »Ich bin noch ein paar Tage in San Francisco geblieben, dann nahm ich einen Bus hierher. Innerlich rechnete ich ständig damit, daß man mich aufhalten und zurückbringen würde, weil alles ein Irrtum war. Gleichzeitig wollte ich, daß mich jemand erkennt und ruft: Seht, dort ist Sam Tanner! Daß man mich um ein Autogramm bittet. Zwei Leben habe ich gelebt, und in meinem Kopf pendle ich zwischen den beiden hin und her.«
    »Wollen Sie erkannt werden?«
    »Ich war ein Star, ein bekannter Schauspieler. Ich brauchte die Aufmerksamkeit. Nicht nur, um mein Ego zu befriedigen, sondern auch als Streicheleinheiten für das Kind in mir. Wer kein Kind ist, kann auch kein guter Schauspieler sein. Plötzlich musste ich damit abschließen. Dann wurde ich entlassen, und es ging wieder los. Doch so sehr ich mir auch wünschte, daß mich jemand ansehen und sich erinnern würde, hatte ich gleichzeitig eine Heidenangst davor. Lampenfieber.« Sam bedachte Noah mit einem kurzen, entnervten Lächeln. »Das habe ich schon lange nicht mehr empfunden.«
    Noah schwieg, während die Kellnerin Essen und Getränke servierte. Als sie wieder fort war, beugte er sich vor. »Nach L. A. zu kommen war ein Risiko, früher oder später werden Sie hier erkannt.«
    »Wohin sollte ich sonst gehen? Es hat sich alles sehr verändert. Ich habe mich schon zweimal verlaufen. Überall neue Gesichter, auf der Straße, auf den Plakaten. Die Leute fahren in großen, klobigen Jeeps herum, und nirgendwo darf man rauchen.«
    Noah amüsierte sich über die Verwunderung in Sams letzter Bemerkung. »Ich könnte mir vorstellen, daß das Essen aber besser schmeckt als in San Quentin.«
    »Ich hatte ganz vergessen, daß es Lokale wie dieses gibt.« Sam betrachtete sein Taco. »Das hatte ich allerdings schon vergessen, bevor ich in den Knast ging. Wenn es kein Luxusartikel war, war ich nicht interessiert. Wenn ich nicht gesehen,

Weitere Kostenlose Bücher