Rueckkehr nach River's End
es ernst meinte. Er hatte die klaren, ehrlichen Augen seines Vaters. »Ich will Sie nicht dafür hassen«, sagte sie, mehr zu sich selbst. »In all den Jahren habe ich meinen Hass auf einen Mann konzentriert. Und ich will ihn jetzt nicht mildern - besonders jetzt nicht, wo seine Zeit fast um ist.«
»Aber Sie haben etwas zu sagen, nicht wahr? Dinge, die noch nicht gesagt wurden.«
»Vielleicht. Ich habe gestern mit meinem Mann gesprochen. Er hat mich überrascht.«
»In welcher Hinsicht?«
»Er findet, wir sollten Ihnen die Interviews gewähren. Als Ausgleich dazu, was Sam Ihnen erzählt. David ist der Meinung, daß die Absonderlichkeiten, die er sich in seinem Kopf zurechtgelegt hat, nicht für sich allein stehen sollten. Wir waren dabei, waren Teil ihres Lebens. Wir wissen, was passiert ist. Also habe ich vielleicht tatsächlich etwas zu sagen.«
Sie rupfte an einem Hibiskusstrauch, riss die zerbrechliche rosafarbene Blüte in Fetzen. »Ich werde mit Ihnen sprechen, Noah, und David ebenfalls. Lassen Sie uns ins Haus gehen, damit ich meinen Terminkalender durchsehen kann.«
»Hätten Sie nicht jetzt noch Zeit?« Er schenkte ihr ein schnelles, charmantes Lächeln. »Sie haben mir eine Stunde zugestanden, und bis jetzt sind höchstens dreißig Minuten vergangen.«
»Das müssen Sie von Ihrer Mutter geerbt haben«, vermutete Jamie. »Der schnelle Angriff. Frank ist da wesentlich einfühlsamer.«
»Hauptsache, es funktioniert.«
»Na gut, kommen Sie mit.«
»Ich brauche ein paar Sachen aus meinem Auto. Eine Aufzeichnung des Interviews schützt uns beide.«
»Klingeln Sie einfach. Rosa wird Sie einlassen.«
»Rosa? Doch nicht etwas Rosa Sanchez?«
»Inzwischen heißt sie Rosa Cruz, aber ja, es ist dieselbe Rosa, die damals für Julie gearbeitet hat. Sie ist jetzt seit zwanzig Jahren bei David und mir. Holen Sie Ihr Aufnahmegerät, Noah, die Uhr tickt.«
Als er nur wenige Minuten später auf die Klingel drückte, fiel ihm auf, daß in die langen Glasscheiben auf beiden Seiten der großen weißen Tür Callas geschliffen waren, und daß aus den Marmorurnen, die sie flankierten, gepflegte Fuchsien in tiefen Rot- und Purpurtönen quollen.
Die Frau, die die Tür öffnete, war sehr klein und korpulent und trug eine sorgfältig gebügelte graue Uniform. Ihr Haar hatte dieselbe Farbe wie der Stoff und war ordentlich zu einem Knoten im Nacken gewunden. Ihr Gesicht war rund und goldbraun, und ihre nußfarbenen Augen funkelten missbilligend .
Alles in allem, fand Noah, gab sie eine bessere Wächterin ab als Goodness und Mercy, die just in diesem Augenblick vergnügt an die Reifen seines Mietwagens pinkelten.
»Mr. Brady.« Ihre mexikanisch gefärbte Stimme klang kalt wie der Februar. »Mrs. Melbourne erwartet Sie im Wintergarten.«
»Danke.« Er betrat eine Eingangshalle von der Größe eines Ballsaals und musste angesichts des funkelnden Kristallkronleuchters und des riesigen weißen Marmorbodens ein Pfeifen unterdrücken.
Rosas Absätze klapperten energisch über den Stein und ließen ihm wenig Zeit, Kunstgegenstände und Einrichtung zu betrachten. Was er sah, ließ allerdings darauf schließen, daß den Hunden in diesem Bereich das Toben untersagt war.
Der Wintergarten hatte eine hohe Glaskuppel, die sich an die Südseite des Hauses schmiegte, und quoll über mit Blumen und Pflanzen und einer exotischen Mischung von Düften. Wasser glitzerte an einer Steinwand hinab und floss in einen kleinen Teich, auf dem Wasserlilien schwammen.
Einzelne Sessel und Bänke waren zu einem hübschen Sitzbereich arrangiert. Jamie wartete bereits, sie saß auf einem Rattanstuhl mit fröhlich grün-weiß gestreiften Polstern.
Auf dem geriffelten Glas eines runden Tischchens standen ein Krug mit bernsteinfarbenem Eistee, zwei Gläser und ein Teller mit Gebäck.
»Danke, Rosa.«
»Um sieben beginnt Ihre Cocktailparty«, erinnerte Rosa sie, wobei ihre Augenbrauen eine gerade Linie formten.
»Ja, ich weiß. Das schaffe ich schon.«
Rosa schnaufte kurz und murmelte etwas auf spanisch, bevor sie die beiden allein ließ.
»Sie mag mich nicht.«
»Rosa ist misstrauisch .« Sobald er sich hinsetzte, beugte Jamie sich nach vorn, um den Tee einzuschenken.
»Ein tolles Haus.« Er sah über ihre Schulter auf die Flut von Blumen auf der anderen Seite der Glasscheibe. »Ihre Dahlien sind sagenhaft, besonders in Kombination mit dem wilden Indigo und der Staubigen Müllerin.«
Jamie zog die Augenbrauen hoch. »Sie überraschen mich,
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