Rueckkehr nach River's End
und Möchtegernschauspielerin, sich in ein klammerndes, erdrückendes Weibchen verwandeln würde, das schon jammerte und schmollte, sobald er nur mal einen Abend allein verbringen wollte?
Er hatte erkannt, daß die Lage ernst wurde, als mehr und mehr ihrer Sachen in seinen Schränken und Schubladen zu finden waren und sie ihr Make-up auf der Badezimmerablage auszubreiten begann. Um Haaresbreite wäre sie aus purer Nachlässigkeit seinerseits bei ihm eingezogen. Oder weniger aus Nachlässigkeit, sondern durch seinen eigenen Fehler, korrigierte Noah sich in Gedanken. Er war so eifrig mit den Recherchen für sein nächstes Buch beschäftigt gewesen, daß er sie beinahe nicht bemerkt hätte.
Ihr wiederum war das dermaßen auf die Nerven gegangen, daß sie sich in wütende Tränen hineingesteigert hatte, ihm Selbstsucht und Vernachlässigung vorwarf und schließlich ihre Sachen in einer Tasche in der Größe von Kansas verstaute. Sie hatte zwei Lampen zertrümmert - eine wäre fast auf seinem Kopf gelandet, aber er war schneller gewesen -, hatte seine geliebten Gloxinien in eine Masse aus Erde, zertretenen Blättern und Tonscherben verwandelt und war dann hinausgestürmt, wobei sie ihr langes, blondes Haar zurückwarf.
Noah stellte fest, daß er erleichtert war, als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel.
Was sie nicht davon abgehalten hatte, auf seinem Anrufbeantworter Nachrichten zu hinterlassen, arrogant, weinerlich oder fuchsteufelswild. Er hatte nicht die blasseste Ahnung, wo ihr Problem lag. Sie war eine umwerfend attraktive Frau in einer Stadt, die umwerfend attraktive Frauen verehrte. Sie würde kaum Trübsal blasen müssen.
Es kam ihm gar nicht in den Sinn, daß sie in ihn verliebt sein könnte - oder es sich doch zumindest einbildete.
Seine Mutter hätte ihm sicher erklärt, daß das typisch für ihn war. Er konnte Fremden mit geradezu unheimlichem Einfühlungsvermögen und Interesse ins Herz blicken, Opfern, Zeugen, den Schuldigen und den Unschuldigen. Aber sobald es um persönliche Beziehungen ging, kratzte er bestenfalls an der Oberfläche.
Nur einmal war er zu einer Beziehung bereit gewesen, mit katastrophalem Ergebnis, für Olivia genau wie für ihn.
Er hatte Monate gebraucht, um die drei Tage, die er mit ihr verbracht hatte, zu überwinden. Um Olivia zu überwinden. Mit der Zeit war es ihm gelungen, sich einzureden, daß es ihm tatsächlich nur um das Buch gegangen war, daß seine Versessenheit darauf, es zu schreiben, seine Gefühle für sie in etwas verwandelt hatte, das er beinahe für Liebe gehalten hätte.
Sie hatte ihn einfach interessiert und ihn angezogen, und deshalb - und aufgrund seiner Unerfahrenheit - war er äußerst ungeschickt mit der ganzen Situation umgegangen. Er hatte festgestellt, daß es Wege gab, um die Gedanken an sie beiseite zu schieben, genau wie er den Gedanken an jenes Buch beiseite geschoben hatte. Und so hatte er sich auf andere Frauen und andere Morde konzentriert.
Wenn er heute an Olivia dachte, geschah dies stets mit Bedauern, mit Schuldgefühlen und der Frage, was hätte sein können. Folglich versuchte er, nicht mehr an sie zu denken.
Er joggte auf den schmucken, zweigeschossigen buttermilchfarbenen Bungalow zu. Die Sonne schien auf das rotgedeckte Dach und spiegelte sich in den Fenstern. Es war zwar erst Ende März, aber Kalifornien erlebte gerade eine Hitzewelle, was ihm nur recht sein konnte.
Aus alter Gewohnheit lief er vorn ums Haus herum, um seine Post aus dem Briefkasten zu holen. Seine farbenprächtigen Blumenbeete waren der Neid der gesamten Nachbarschaft.
Er ging hinein, durchquerte das spärlich möblierte Wohnzimmer und warf die Post auf den Frühstückstresen. Dann holte er eine große Flasche stilles Wasser aus dem Kühlschrank.
Er warf einen Blick auf den Anrufbeantworter und stellte fest, daß er vier Nachrichten erhalten hatte, seit er zu seinem Dauerlauf aufgebrochen war. Da er davon ausging, daß mindestens eine von der inzwischen gefürchteten Caryn stammen könnte, be schloss er, zunächst einmal Kaffee aufzusetzen und sich ein paar Bagels aufzubacken, bevor er das Band zurückspulte.
Während der Kaffee durchlief, schaltete er den kleinen Fernseher an und zappte sich durch die morgendlichen Talkshows, um zu sehen, ob ihn eins der Themen interessierte.
Der Videorecorder im Schlafzimmer hatte während seiner Abwesenheit Today aufgenommen. Er würde es sich später ansehen, um zu erfahren, was in der Welt passiert war. Vor seinem Lauf
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