Rückkehr nach St. Elwine
Schritt näher an die Liege heran und beugte sich über den Rand. Sie inspizierte mit Kennerblick den Arm ihres Onkels. „Ich schreie immer, wenn Dr. Schreiber mich piekt. Ganz laut. Und hinterher krieg ich von Mommy ein Eis. Hast du auch geschrien?" Leah hatte eine mitleidige und zutiefst verständnisvolle Miene aufgesetzt.
"Nein, aber ich wollte", erklärte Josh wahrheitsgemäß und lachte leise.
Seine Nichte nickte und lächelte ihn nun an. Dann fuhr sie fort: "Ein Eis und ein Küsschen, das krieg ich immer. Vielleicht kannst du nachher von Grandma auch ein Eis haben. Ein Küsschen gebe ich dir jetzt schon.“ Sie schien kurz zu überlegen. „Aber nur, wenn du willst."
"Unbedingt."
Sie strahlte. "Ich komme gar nicht ran." Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und machte sich lang.
"Warte mal!" Josh beugte sich zu ihr, und Leah drückte mit einem lauten Schmatz ihre Lippen auf die seinen.
"Pfui, was ist denn das?" Josh wischte sich mit seiner freien Hand über den Mund.
"Wieso?"
"Leah Schatz, ich bin ganz verrückt nach deinen Küssen, aber nicht, wenn du diese klebrige Schnute hast."
Die Kleine kicherte scheinbar vergnügt. "Ach, das.“ Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. „Das war nur mein Lollypop.“
„ Igitt.“
„ Ich gehe schnell waschen, ja. Dann ist mein Küsschen sauber." Damit stürzte sie zur Tür und wäre beinahe mit Liz zusammengestoßen. Sie hatte wirklich nicht lauschen wollen. Doch jetzt war sie gerührt. Wie ernst Josh sich mit der Kleinen unterhielt und wie er ihr hinterher lächelte. Sollte sie sich im Hinblick auf Joshua Tanner tatsächlich so geirrt haben? Dabei war sie stets so stolz auf ihre gute Menschenkenntnis gewesen.
Ihre ach so klare Überzeugung bekam bereits ein paar neue Risse. Angestrengt überlegte sie, ob ihr das überhaupt recht war.
Das alles lag nun bereits wieder einige Wochen zurück. Seit dieser Zeit hatte sie Josh nicht wiedergesehen. Peter Tanners Operation war komplikationslos gelungen. Jefferson und sie hatten den OP-Trakt gemeinsam verlassen, um der Familie Bericht zu erstatten.
Josh musste zwischendurch zu Hause gewesen sein, denn er hatte saubere Sachen getragen und sein Haar war feucht gewesen. Sofort war Elizabeth ein teurer Männerduft in die Nase gestiegen. Er roch genauso gut, wie er aussah, war ihr dabei sofort durch den Kopf geschossen.
Schließlich hatte Liz die grenzenlose Erleichterung in den Augen der wartenden Familienmitglieder registriert und war zugegebenermaßen, mit Recht stolz auf sich gewesen. Sie hatte einen beträchtlichen Anteil daran, dass sie die guten Nachrichten verbreiten konnten. Olivia und ihre Tochter hatten trotzdem leise geweint und einander festgehalten. Diese Reaktion war Elizabeth nicht unbekannt. Oft brachen die engsten Angehörigen erst hinterher so richtig zusammen.
Josh, die kleine Leah auf dem Arm, die sich bereits müde und ein wenig kraftlos an ihn schmiegte, hatten ebenfalls Tränen in den Augen gestanden. Liz hatte das verräterische Glitzern bemerkt, noch bevor er sich abwenden und seine Lider schließen konnte. Ein merkwürdiges Sehnen hatte sie da ergriffen.
Heute jedoch war Elizabeth bester Laune. Sie hatte am Nachmittag tatsächlich pünktlich auf die Minute Feierabend machen können. Daher radelte sie jetzt nach Hause und sah sich plötzlich einer Fülle von Möglichkeiten gegenüber, was sich mit diesem herrlichen Tag noch alles anfangen ließ. An der Ecke hielt sie an und beschloss, im Supermarkt frische Steaks zu kaufen. Sie verspürte einen mörderischen Hunger. Neben der Feinkostabteilung befanden sich die Obst- und Gemüseregale und sie ging auch dorthin, um Zutaten für einen köstlichen Salat mitzunehmen. Es war überhaupt mal wieder von Nöten, ihre Vorräte etwas aufzustocken. Schade, dass sie sich keinen Einkaufszettel geschrieben hatte. Nun, sicher würde es auch so klappen, was brauchte sie schon groß.
Lächelnd stellte sie schließlich ihr Fahrrad in Rachels alter Garage ab, die als Unterbringung für allerlei Gerätschaften diente. Ihre Freundin kam auf sie zu. Im Schlepptau folgte ihr Mariah. Liz wuchtete die volle Papiertüte hoch.
"Wir haben einen Brief für dich, Tante Liz." Hoheitsvoll schwenkte die Kleine ein gelbes Kuvert in der Hand.
"Lass mich das erst ins Haus bringen, Schätzchen. Bin gleich wieder da.“
Elizabeth hastete die Treppe hinauf. Eigentlich war sie nicht besonders neugierig, doch Rachels Gesicht hatte so einen sonderbaren Ausdruck dabei
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