Rückkehr nach St. Elwine
Gebäudekonturen erkennen konnten.
Von seinem Zufluchtsort aus, einer alten, echt tollen Scheune, konnte Kevin die Männerstimmen hören und verkroch sich ängstlich tiefer im Heu. Zumindest bei Tageslicht hatte er die Scheune einfach irre gefunden. Doch jetzt liefen ihm Schauer über den Rücken. Vielleicht war dies hier ein Versteck von Dieben oder Schmugglern. Ein idealer Ort für solche zwielichtigen Typen, überlegte er gerade, ziemlich weit weg von der Stadt, direkt am Wasser. Es gab sogar einen kleinen Anlegesteg. Genau richtig für Piraten oder Schmuggelschiffe. Hier wohnte jedenfalls keine Menschenseele. Kevin fiel dieses Märchen aus dem deutschen Buch wieder ein. „Von einem der auszog, das Gruseln zu lernen“. Ihm wurde mit einem Schlag klar, was genau damit gemeint war. Er begann zu zittern und versuchte nur ganz flach zu atmen. Ihm dämmerte, dass er auf keinen Fall einen Mucks von sich geben durfte. Hoffentlich hatten die Typen keine Hunde dabei. Das Zittern wurde stärker, ohne dass er es hätte verhindern können. Er hörte, wie einer der Männer schimpfte.
„ Verflucht.“
Marc war über irgendetwas gestolpert und hatte sich dabei den Fuß angestoßen. Er rieb sich jetzt über die schmerzende Stelle. „Wir hätten Taschenlampen mitnehmen sollen. Hier draußen sieht man rein gar nichts.“
„ Hinterher ist man immer schlauer“, murmelte Josh nur.
„ Hallo, Kevin. Bist du da?“
Der Junge erstarrte vor Schreck. Die Piraten kannten seinen Namen und wussten, dass er da war. Aber woher? Niemand konnte schließlich wissen, dass er zufällig auf diese Ranch getroffen war. Genau genommen hatte er selbst nicht mal den blassesten Schimmer, wo er sich überhaupt befand. Gerade das war ja das Dumme. Alles nur, weil diese Heinis auf dem Sportplatz ihn nicht hatten dabei haben wollen. So war er eben allein losmarschiert. Na und? Wer brauchte die denn schon? Er war hinunter zum Strand gegangen und losgelaufen. Bis er diese alte Ranch erreicht hatte.
In seiner ausgebeulten Hosentasche hatte sich tatsächlich noch eine Rolle Bindfaden befunden. Kevin hatte sich einen geeigneten Stock gesucht, den Bindfaden daran befestigt und sich schließlich seelenruhig auf den Steg gesetzt um zu angeln. Bis er bemerkt hatte, dass es ringsherum dunkel wurde und er einfach nicht mehr sagen konnte, aus welcher Richtung er überhaupt gekommen war.
Die Stimmen kamen jetzt näher.
Es gab noch eine Hoffnung. In dieser Finsternis konnten die Piraten unmöglich sehen, wo er sich versteckt hielt.
Tapfer reckte er sein Kinn vor. Er würde sich wehren, so viel stand mal fest. Kevin befürchtete, sich vor lauter Angst in die Hose zu pinkeln.
„ Kevin Usher, deine Mutter sucht dich. Sie ist schon ganz verzweifelt. Der Sheriff und die halbe Stadt sind auf den Beinen. Gib einen Laut von dir, wenn du hier sein solltest!“
Kevin sprang sofort auf die Füße und schüttelte sich das Stroh ab. Seine Mutti hatte die Männer geschickt, um ihn zu suchen und er hatte sich gefürchtet wie ein kleines Baby. Ph... „Hier bin ich!“
Joshua und Marc fuhren zusammen und rissen angestrengt die Augen auf.
„ Wo genau ist hier, Junge? Es ist stockfinster.“
Josh versuchte herauszufinden, aus welcher Richtung die Kinderstimme gekommen war.
„ In der Scheune.“
„ Dann komm heraus!“
Kevins Augen suchten die Gegend ab und erkannten zwei schattenhafte, große Gestalten.
„ Da bist du ja endlich.“
Josh ging in die Hocke und grinste den Jungen an. „Ist alles okay mit dir?“
„ Klar. Ich wusste nicht mehr, wie ich zurückkommen soll. Sieht alles gleich aus, am Strand.“
Josh konnte dem Kind nur beipflichten.
Marc rief unterdessen den Sheriff an, um Entwarnung zu geben und zu veranlassen, dass man sie von hier abholte.
Ein leichter Wind frischte auf. Josh spürte, wie der Junge zitterte - ob vor Angst, Hunger oder Müdigkeit war nicht ganz klar. Wahrscheinlich war es eine Mischung von allem.
„ Ist dir kalt?“, fragte er behutsam.
„ Bisschen.“
Josh zerrte sich kurzerhand sein T-Shirt über den Kopf und zog es dem Jungen an. Sie sahen Scheinwerfer näher kommen. Er nahm den Jungen am Arm und folgte Marc, der auf den Weg deutete. Josh und Kevin setzten sich auf die Rückbank des Streifenwagens. Der Sheriff sah sich um. „Gut gemacht, Männer. Hätte `ne lange Nacht werden können.“ Er lächelte zufrieden.
Kevin interessierte sich erst einmal neugierig für die Gesichter seiner Retter. Beim Anblick der
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