Rückkehr nach St. Elwine
schauderte. Natürlich, er brauchte ein Foto.
Sie hatte außer dem Handy nichts bei sich, deshalb chauffierte er sie mit dem Streifenwagen nach Hause. Der Sheriff begleitete sie in die Wohnung, wo Flo mit fahrigen Händen die erstbeste Fotografie von der Anrichte - dort hatte sie einige Rahmen mit ihren Lieblingsschnappschüssen aufgestellt - grapschte.
Der Sheriff stellte ihr behutsam Fragen, etwa nach Kevins Kleidung, seinen Angewohnheiten und wann sie ihn heute zum letzten Mal gesehen hatte. Es kostete sie große Mühe, ihm sachlich zu antworten. Sie wischte ihre schwitzenden Hände an den Jeans ab.
„ Hören Sie, Mrs. Usher, wir kümmern uns mit der nötigen Sorgfalt darum. Ich bitte Sie, hier zu warten, falls er doch noch aufkreuzt. Womöglich verspätet er sich einfach nur, weil er nicht auf die Uhr geschaut hat. Sie sollten jetzt nicht allein sein. Können Sie jemanden anrufen?“
„ Anrufen?“ Ihre Stimme klang hohl und tonlos.
„ Kann sich jemand von Ihrer Familie oder Ihren Freunden zu Ihnen setzen?“, versuchte er zu erklären.
Sie schüttelte nur flüchtig den Kopf. „Wir wohnen erst seit ein paar Wochen in der Stadt. Ich glaube nicht, dass...“
Es klingelte an der Haustür. Der Sheriff öffnete bereits für sie.
„ Hallo, ich bleibe bei Mrs. Usher. Gehen Sie nur Ihrer Arbeit nach.“
„ Das ist gut.“
Ingram ließ sich Flos Handynummer geben, bevor er sich auf den Weg machte.
„ Dr. Crane, was tun Sie denn hier?“ Flo riss erstaunt die Augen auf.
„ Eine Frage der Ehre sozusagen. Die Frauen der Quiltgruppe helfen sich gegenseitig. Eine Art Ehrenkodex, verstehen Sie?“
Das tat Floriane zwar nicht, war aber mehr als froh, jetzt nicht allein sein zu müssen.
Da sie schließlich etwas sagen musste, begann Elizabeth: „Bonny Sue konnte nicht aus dem Laden weg und rief deshalb bei Rachel an. Da wiederum deren Mann auf Dienstreise ist, hat sie mich gebeten, mich um Sie zu kümmern. Ich stieg sofort auf mein Fahrrad und jetzt bin ich hier.“
Tja so lief es ab in diesem Städtchen. Warum war mir das früher nie so bewusst gewesen, fragte sich Liz. Sie war selbst einigermaßen überrascht.
„ Extra von der Arbeit weg?“, wollte Flo leise wissen.
„ Nein, nein, heute ist mein freier Abend.“
„ Noch schlimmer“, stöhnte Floriane und raufte sich das ohnehin schon strubbelige Haar.
„ Jetzt sagen Sie bloß nichts Blödes, von wegen, dass es Ihnen leid tut, okay?“, fuhr Liz sie beinahe an.
„ Ja, aber...“, wollte Flo erneut einwenden.
„ Tun Sie mir einfach den Gefallen!“
Flo war noch nicht überzeugt, Liz konnte es von ihrem Gesicht ablesen.
„ Hören Sie, es gibt da so eine Geschichte“, sagte sie deshalb. „Eine puertoricanische Mutter ist entsetzt, als sie sieht, dass ihre kleine Tochter, mit einer fremden Frau auf einer Bank sitzt und mit ihr spricht. Die Mutter sagt also zu ihrer Tochter auf Spanisch: `Du weißt doch, dass du nicht mit Fremden sprechen sollst.` Aber Mom, antwortete das Kind auf Englisch: `but Mom, she is a quilter` und dann war alles klar. Schöne Story, nicht wahr?“
„ Oh ja, wunderschön.“
Flo faltete ihre Hände ineinander und begann zu beten.
Don Ingram fuhr mit dem Streifenwagen die ganze Gegend ab und rief über Lautsprecher die Einwohner auf, Hinweise oder hilfreiche Tipps, die zum Auffinden des Kindes beitragen könnten, abzugeben. Es folgte immer wieder eine Beschreibung des Jungen, die er auch an die örtlichen Rundfunksender weitergab. Unterdessen forderte sein Deputy eine spezielle Einsatztruppe an. Bis die vor Ort war, konnte noch viel Zeit vergehen und Zeit war in diesem Fall kostbar, deshalb trommelte er rasch eine kleine Hilfsmannschaft aus Ortsansässigen zusammen.
Josh, dessen Häuschen direkt am Strand lag, hörte die Lautsprecheransage und rief bei Marc an. Anschließend machten sie sich gemeinsam auf die Suche. Sie liefen hinunter zum Strand und kämmten den Küstenstreifen durch.
„ Was meinst du, Marc? Ein Junge läuft hier fröhlich am Wasser lang und achtet nicht auf die Zeit. Wo landet der?“
„ Wenn er tatsächlich hier entlang ging, muss er zwangsläufig zur verlassenen Ranch des alten Joseph Landes kommen.“
„ Du hast Recht. Los beeilen wir uns, es wird langsam dunkel.“
Eine halbe Stunde später erreichten die Männer tatsächlich die Landes-Ranch.
„ Hallo, ist hier jemand?“, rief Josh aus.
Ringsum war alles still. Doch die Dunkelheit ließ nicht zu, dass sie mehr als unscharfe
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