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Rückkehr von den Sternen

Rückkehr von den Sternen

Titel: Rückkehr von den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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wenig Gebrauch gemacht. Das Publikum zog die Lektonen vor – sie lasen laut vor, und man konnte sie auf eine beliebige Stimmart, Tempo und Modulation einstellen. Nur wissenschaftliche Publikationen eines recht beschränkten Bereichs wurden noch auf Plastseiten, die Papier imitierten, gedruckt. Daher konnte ich alle meine Einkäufe in einer Tasche unterbringen, obwohl es an dreihundert Titel waren. Eine Handvoll kristallartiger Körner – so sahen die Bücher aus. Ich suchte mehrere historische und soziologische Werke heraus, etwas über Statistik, Demographie und über Psychologie: das, was mir das ADAPT-Mädchen empfohlen hatte. Einige größere Handbücher der Mathematik, sie waren natürlich nur ihrem Inhalt, nicht ihrem Umfang nach größer. Der mich bedienende Roboter war selber eine Enzyklopädie: er war – wie er mir sagte – durch elektronische Kataloge mit den Mustern sämtlicher Werke in der ganzen Welt unmittelbar verbunden. In der Buchhandlung befanden sich eigentlich nur einzelne »Buchexemplare«, und wenn jemand sie brauchte, wurde der Inhalt des angeforderten Werks in einem kleinen Kristall festgehalten.
    Die Originale – Kristallmatrizen – waren unsichtbar, sie befanden sich hinter hellblau emaillierten Stahlplatten. Also wurde das Buch sozusagen jedesmal neu gedruckt, wenn jemand es brauchte. Probleme von Auflagen, ihrer Höhe oder der Lieferbarkeit hatten auf gehört zu existieren. Es war wirklich ein großer Erfolg. Aber mir tat es leid um die Bücher. Als ich erfuhr, daß es Antiquariate mit Papierbüchern gab, suchte und fand ich eins. Ich wurde enttäuscht: wissenschaftliche Literatur gab es dort fast gar keine. Unterhaltungsbücher, etwas Kinderliteratur, ein paar Jahrgänge alter Zeitschriften.
    Ich kaufte – nur für die alten Bücher mußte man zahlen – einige Märchen von vor vierzig Jahren, um zu erfahren, was man jetzt für Märchen hielt, und ging dann in einen Laden für Sportzubehör. Hier fand meine Enttäuschung schon fast keine Grenzen mehr. Die Leichtathletik bestand nur noch aus einigen leichten Disziplinen: Laufen, Springen, Werfen. Schwimmen gab es noch. Das Boxen existierte nicht mehr, und das, was man einen Ringkampf nannte, war geradezu lächerlich: eine Art von Gedränge statt eines redlichen Kampfes. Ich sah mir im Projektionssaal dieses Ladens einen Kampf dieser Disziplin an. Ab und zu lachte ich laut auf wie ein Irrer. Ich fragte nach Freistil, nach Judo und Jiu-Jitsu, man wußte nicht einmal, was das war. Verständlich, nachdem Fußball auch kinderlos verstorben war, als eine Sportdisziplin, bei der es zu scharfen Zusammenstößen und Verletzungen kam. Hockey gab es, aber was für eins! Die Leute spielten in derart aufgeblasenen Anzügen, daß sie wie Riesenbälle wirkten. Ulkig sahen die beiden Mannschaften aus, die da elastisch aufeinanderstießen: das war ja eine Farce und kein Spiel. Turmsprünge ins Wasser gab es, jedoch nur aus vier Metern Höhe. Gleich dachte ich an mein – mein! – Schwimmbecken und kaufte ein zusammenlegbares Sprungbrett, um das zu erhöhen, das ich in Klavestra finden würde.
    Dieser ganze Verfall des Sports war eine Folge der Betrisierung. Das Verschwinden der Stier-, Hahnen- und anderer blutiger Kämpfe bedauerte ich nicht, ich war auch nie ein Anhänger der beruflichen Boxkämpfe. Aber dieser lauwarme Brei, der noch übrigblieb, reizte mich nicht im mindesten.
    Den Einbruch der Technik in den Sport nahm ich nur in einigen Bereichen hin. Sie hatten sich stark entwickelt – ganz besonders im Unterwassersport. Ich sah mir verschiedene Arten von Taucherapparaturen an, kleine Elektrotorpedos, mit denen man über den Grund, der Seen fahren konnte, Gleiter, Hydroten, die sich auf einem Kissen mit verdichteter Luft bewegten, Wassermikroglider – alle waren mit besonderen, unfallverhindernden Anlagen versehen. Rennen, die sich sogar einer großen Popularität erfreuten, konnte ich nicht als Sport anerkennen: selbstverständlich gab es da keine Pferde, keine Autos – es fuhren nur automatisch gesteuerte Maschinen gegeneinander, auf die man setzen konnte. Der traditionelle Leistungssport hatte ziemlich an Bedeutung verloren. Es wurde mir erklärt, daß die körperlichen Leistungsgrenzen des Menschen bereits erreicht worden seien und daß die Rekorde nur von einem anomalen

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