Rückkehr von den Sternen
den Löffel hineingestoÃen.
Als der Roboter kam, fragte ich, ob ich auf mein Zimmer Kaffee bekommen könnte.
»Selbstverständlich«, antwortete er. »Jetzt gleich?«
»Ja, bitte. Aber viel Kaffee.«
Ich sagte es, weil ich wohl vom Baden ein wenig schläfrig war, und plötzlich tat es mir um jede verschlafene Minute leid. Oh, hier war es wirklich ganz anders als auf dem Deck unseres Raumschiffes. Die Mittagssonne versengte die alten Bäume, die Schatten waren kurz, dicht an den Stämmen, die Luft zitterte in der Ferne, aber im Zimmer war es fast kühl. Ich setzte mich an den Schreibtisch zu den Büchern. Der Roboter brachte Kaffee. Eine durchsichtige Thermosflasche, die wohl an drei Liter faÃte. Ich sagte kein Wort. Der Roboter hatte meinen Kaffeedurst etwas überschätzt.
Mit Geschichte wollte ich anfangen, ging aber erst an die Soziologie heran, da ich gleich möglichst viel erfahren wollte. Bald überzeugte ich mich, daà es so nicht zu schaffen war. Diese Wissenschaft war mit einer schwierigen, weil spezialisierten Mathematik vollgepfropft, und â was noch schlimmer war â die Verfasser beriefen sich auf mir völlig unbekannte Tatsachen. AuÃerdem verstand ich recht viele Worte nicht und muÃte ihre Bedeutung im Sachwörterbuch nachschlagen. Also stellte ich den zweiten Opton ein â ich hatte drei davon â, verlor recht bald die Lust an dem Ganzen, weil es mir zu langsam ging, stieg herab von meinem hohen Roà und nahm ein ganz gewöhnliches Schulbuch für Geschichte.
Etwas war in mich gefahren, so daà ich plötzlich keine Spur Geduld hatte â ich, den Olaf die letzte Buddha-Inkarnation nannte. Anstatt der Reihe nach vorzugehen, suchte ich zuerst ein Kapitel über die Betrisierung heraus.
Diese Theorie wurde von drei Leuten: Bennet, Trimaldi und Sacharow aufgestellt. Daher der Name. Mit Staunen erfuhr ich, daà sie gleichaltrig mit mir gewesen waren und das Ganze ein Jahr nach unserem Abflug veröffentlichten. Die Widerstände waren begreiflicherweise riesengroÃ. Anfangs wollte niemand diesen Plan ernst nehmen. Dann gelangte er vor die UNO. Eine Zeitlang irrte er von einem Ausschuà zum anderen, und es sah fast so aus, als ob er in endlosen Beratungen untergehen sollte. Die experimentellen Arbeiten wurden aber ziemlich rege vorangetrieben, man führte Verbesserungen ein, machte Massenexperimente an Tieren, später auch an Menschen. Zuerst unterwarfen sich die Verfasser selbst diesem Eingriff â Trimaldi war eine Zeitlang gelähmt, man kannte damals noch nicht die Gefahren, mit denen die Betrisierung erwachsener Menschen verbunden war, und dieser fatale Unfall hielt die ganze Sache weitere acht Jahre auf.
Aber im Jahre siebzehn nach Null â dies war meine private Zeitrechnung: Null bedeutete den Start des »Prometheus« â wurde der Beschluà über die Einführung der Betrisierung gefaÃt; dies war der Beginn und nicht das Ende des Kampfes um eine Humanisierung der Menschheit â wie das Schulbuch verkündete. In zahlreichen Ländern wollten die Eltern ihre Kinder dem Eingriff nicht aussetzen, und die ersten Betrostationen wurden angegriffen. Viele von ihnen wurden vollständig vernichtet. Die Zeit des Aufruhrs, der Repressalien, des Zwangs und Widerstands dauerte zwanzig Jahre. Das Schulbuch berichtete darüber â aus wohlverständlichen Gründen â nur ganz allgemein. Ich nahm mir vor, nähere Einzelheiten in den Quellen zu suchen, ohne aber jetzt die Lektüre zu unterbrechen.
Eine Ãnderung in der Haltung der Menschen zeigte sich erst, als die erste betrisierte Generation bereits Kinder hatte. Ãber die biologische Seite des Eingriffs berichtete das Büchlein nichts. Dafür gab es mehrere Loblieder zu Ehren von Bennet, Trimaldi und Sacharow. Es gab einen Vorschlag, die Zeitrechnung der Neuen Ãra mit der Einführung der Betrisierung anzufangen, das kam aber nicht durch. Die Zeitrechnung hatte sich nicht geändert. Aber die Menschen änderten sich. Das Kapitel schloà mit pathetischen Worten über die Neue Ãra des Humanismus.
Ich suchte eine von Ullrich geschriebene Betrisierungsmonographie heraus. Wieder nichts als Mathematik, aber ich beschloÃ, mich da durchzukauen. Der Eingriff wurde nicht â wie ich insgeheim befürchtete â am Erbplasma vorgenommen. Wäre es übrigens so gewesen, dann hätte man nicht
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