Rückkehr von den Sternen
sie. Sie stand direkt an der Wand des Schwimmbeckens. Ich schwamm auf sie zu. Das Sprungbrett war auf der anderen Seite, hier war das Wasser flach, so daà ich gleich festen Grund unter den FüÃen bekam. Das Wasser, das ich beim Gehen zerteilte, rauschte laut. Ich sah ihr Gesicht, sie schaute mich an; lag es an der Wucht meiner letzten Schritte â denn es fällt ja schwer, im Wasser zu gehen, ist aber auch nicht leicht, plötzlich stehenzubleiben â, jedenfalls stand ich plötzlich dicht vor ihr. Vielleicht wäre sie zurückgewichen, aber sie blieb, wo sie war, mit der Hand die erste aus dem Wasser ragende Leitersprosse umfassend, und ich war schon zu nahe, um noch irgend etwas sagen zu können â mich hinter einem Gespräch zu versteckenâ¦
Ich umarmte sie fest, sie war kalt, aalglatt, wie ein eigenartiges, fremdes Tier. Und plötzlich fand ich in diesem kühlen fast leblosen Kontakt einen heiÃen Flecken â ihren Mund â, sie rührte sich nicht, und ich küÃte sie, küÃte und küÃte â es war der reinste Irrsinn. Sie wehrte sich nicht, leistete keinen Widerstand, sie schien wie tot. Ich hielt sie an den Schultern, hob ihr Gesicht empor, wollte sie sehen, ihr in die Augen blicken, aber es war schon so dunkel, daà ich ihre Figur kaum erraten konnte, hätte ich sie nicht gespürt. Sie zitterte nicht. Irgend etwas pulsierte nur â ob mein Herz oder ihres â ich wuÃte es nicht. So standen wir, bis sie sich langsam aus meinem Armen zu befreien begann. Ich lieà sie sofort los. Sie stieg die Leiter hinauf. Ich ging hinter ihr her, umarmte sie wieder, irgendwie linkisch von der Seite, nun zitterte sie. Jetzt zitterte sie, ja. Ich wollte etwas sagen, fand aber keine Stimme. Ich hielt sie fest an mich gedrückt, und so standen wir, bis sie sich wiederum befreite, ohne mich zurückzustoÃen, nur so, als wäre ich überhaupt nicht da. Meine Arme fielen herab. Sie ging nun fort. Im Lichtschein, oder aus meinem Fenster kam, sah ich, wie sie den Bademantel aufhob, ohne ihn um die Schulter zu hängen, und auf die Treppe zuging. An der Tür, in der Halle, brannte auch noch Licht. Ich sah Wassertropfen auf ihrem Rücken und ihren Hüften glänzen. Dann schloà sie die Tür und war verschwunden. Eine Sekunde lang hatte ich das Verlangen, ins Wasser zu springen und nie mehr hochzukommen. Es war ja alles so sinnlos, so unmöglich. Und das Schlimmste dabei war, daà ich nicht wuÃte, was es bedeuten sollte und was ich jetzt tun konnte. Und sie â warum war sie so ⦠so ⦠eigenartig gewesen? Vielleicht hatte die Angst sie gelähmt? Ach, nichts als Angst und immer wieder nur Angst. Nein, es war etwas anderes. Was aber? Wie konnte ich es wissen? Vielleicht Olaf. Ãbrigens â war ich ein fünfzehnjähriger Grünschnabel, der ein Mädchen küÃt und dann gleich zu seinem Freund läuft, um Rat zu holen?
âºDochâ¹, dachte ich, »gerade das werde ich tun.â¹ Ich ging ins Haus, nahm meinen Bademantel, schüttelte den Sand ab. In der Halle war es hell. Ich trat an ihre Tür heran. »Vielleicht läÃt sie mich hereinâ¹, dachte ich. Täte sie es, dann wäre mir nicht mehr an ihr gelegen. Vielleicht. Vielleicht ist es dann das Ende. Oder ich bekomme eine Ohrfeige. Aber nein. Sie sind ja gut, sind betrisiert, sie können es nicht. Sie wird mir nur einen Bonbon geben, was mir sicher sehr guttun wird.
So stand ich wohl fünf Minuten lang und dachte an die unterirdischen Höhlen von Kerenea, an dieses berühmte Loch, von dem Olaf so viel sprach. Ein gesegnetes Loch! Es war, wie es schien, ein alter Vulkan. Arder blieb dort zwischen Felsbrocken eingeklemmt stecken und konnte nicht heraus, und die Lava stieg schon. Eigentlich keine Lava, denn Venturi behauptete, es wäre ein Art Geysir â nein, das kam erst später. Arder ⦠Wir hörten seine Stimme. Per Funk. Dann stieg ich da hinunter und zog ihn heraus. GroÃer Gott! Zehnmal lieber war mir das gewesen, als diese Tür hier. Gar kein Geräusch. Nichts.
Hätte diese Tür bloà eine Klinke gehabt. Nein, dies war eine kleine Platte. Bei mir, oben, gab es so etwas nicht. Ich wuÃte kaum, ob sie irgendwie eingestellt â wie ein Schloà â war oder ob man sie drücken sollte. Ich war noch immer derselbe wilde Mann von Kerenea.
Ich hob die Hand und hielt unschlüssig
Weitere Kostenlose Bücher