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Rückkehr zum Mars

Rückkehr zum Mars

Titel: Rückkehr zum Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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Zeit ausgestorben.« Jamie geriet ein wenig ins Schnaufen, während er sich abmühte, mit Li Schritt zu halten. Der Navajo in ihm dachte: Falls es sie gegeben hat, sind sie vielleicht in eine reichere, blauere Welt ausgewandert.
    Li hob eine langfingrige Hand zu einer Geste, die ihm bedeutete, still zu sein. »Nur Geduld. Sie werden anderthalb Jahre auf dem Mars sein. Da haben Sie genug Zeit, den Ort erneut aufzusuchen – falls Sie ihn finden können.«
    »Mit verbundenen Augen«, fauchte Jamie.
    Der Chinese schaute auf den spannungsgeladenen jüngeren Mann mit dem bronzenen Gesicht hinunter und lächelte leise.
    »Geduld ist eine Tugend«, sagte er.
    »Werden Sie mich für die Expedition empfehlen?«, fragte Jamie.
    »Sie haben keine Ahnung, was Sie da verlangen. Es wird nur acht Plätze auf dieser Expedition geben. Und nur zwei Geologen.«
    »Ich weiß. Jeder würde einen Mord begehen, um dabei sein zu können«, sagte Jamie.
    »Noch schlimmer. Sie waren schon auf dem Mars. Die jüngeren Wissenschaftler schimpfen, dass es nicht fair wäre, jemanden, der bereits dort war, noch einmal hinfliegen zu lassen.«
    »Nicht fair? Das ist doch kein Spiel!«
    »Ganz meiner Meinung. Aber wenn die jungen Leute das Auswahlkomitee dazu bringen, jeden abzulehnen, der schon auf dem Mars war, steigen die Chancen, dass einer von ihnen das Rennen macht.«
    »Himmelherrgott«, knurrte Jamie. »Letztendlich geht es doch immer um Politik.«
    »Immer«, bestätigte Li.
    Sie gingen eine Weile schweigend durch die fallenden Blätter. Die Nachmittagssonne war warm, aber Jamie spürte eine Kälte in seinem Innern.
    Endlich sagte Li: »Ich werde Ihre Aufnahme ins Expeditionsteam befürworten, aber nicht als Geologe.«
    Jamie blinzelte ihn verdutzt an.
    »Der Versuch, einen der Geologenplätze zu bekommen, würde zu viele Animositäten auslösen«, erklärte Li.
    »Als was dann?«
    »Als Missionsleiter natürlich. Dann wäre Ihre Erfahrung mit der ersten Expedition ein Pluspunkt und kein Manko.«
    Alles, was Jamie darauf einfiel, war: »Oh.«
    Li lächelte erneut, wie die Edamer Katze. »Schließlich waren Sie schon beim ersten Mal de facto Missionsleiter, nicht wahr?«
    Jamie war kein Politiker, aber er war klug genug, den Mund zu halten. Es gab keine Möglichkeit, diese Fangfrage zu beantworten, ohne ins Fettnäpfchen zu treten.
    Li war entzückt. Es wäre eine köstliche Ironie, wenn Waterman dieselbe Position bekäme, mit der er selbst sich bei der ersten Expedition herumgeschlagen hatte. Soll dieser rote Mann ruhig auch die Erfahrung machen, wie belastend die Verantwortung ist. Soll er ruhig spüren, was für ein Stress es ist, wenn jüngere Männer sein Urteilsvermögen und seine Geduld strapazieren, so wie er meine strapaziert hat.
    Das ist deiner nicht würdig, tadelte sich Li stumm. So sollte sich ein erleuchteter Mensch nicht benehmen. Dennoch nickte er innerlich, voller Genugtuung, dass das kosmische Rad eine Drehung vollenden würde.
    Es gab noch jemanden, den Jamie aufsuchen musste, bevor ihm der Posten des Missionsleiters sicher war: Darryl C. Trumball.
    Jamie fröstelte unwillkürlich, als er in Trumballs geräumiges Büro in der obersten Etage des höchsten Hochhauses im Bostoner Finanzdistrikt geführt wurde. Es war kalt in dem Raum, beinahe schmerzhaft kalt. Und das lag nicht nur daran, dass die Klimaanlage auf eine eisige Temperatur eingestellt war. Die ganze Dekoration des Büros war winterlich: nackte Wände in blassem Grau, kein Gemälde, keine Fotografie, nicht einmal eine Blume als belebendes Element in all der Trostlosigkeit. Nur ausladende Fenster in einer Ecke mit Blick auf die City von Boston tief unten.
    Trumball saß hager und hartäugig hinter einem flughafengroßen Schreibtisch aus handpoliertem Ebenholz. Sein kahlrasierter, im Licht eines winzigen, in die hohe Decke eingelassenen Scheinwerfers glänzender Schädel hatte fast etwas von einem Totenkopf. Dex war in Hemdsärmeln, hatte aber eine exakt gebundene kastanienbraune Krawatte um den Hals. Eine graue Weste war stramm über das Seidenhemd geknöpft. Er sah so hart und scharfkantig aus wie Feuerstein. Jamie fragte sich, ob Dex in dreißig Jahren wohl auch so aussehen würde.
    »Setzen Sie sich, machen Sie sich's bequem«, sagte er und deutete auf einen der großen, burgunderroten Ledersessel vor dem Schreibtisch.
    Während Jamie Platz nahm, erinnerte er sich an seinen Großvater, der immer minutenlang stumm dasaß, wenn er jemanden traf, den er noch nicht

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