Rückwärtsleben: Roman (German Edition)
darauf verlassen durfte, dass jüngere Freunde das Geschehen für mich filterten. Das Gleiche machte ich für Dad und brachte ihm jedes Weihnachten neue Scheiben mit, die ihm meiner Meinung nach zusagen würden. Beim Durchstöbern der Folkpop-Abteilungen Chicagoer Plattenläden (Anfang der Achtziger fingen die Musikgenres bereits an, sich zu vermischen in Vorbereitung auf den schieren Irrsinn, der danach kommen sollte) war ich auf den Namen Patsy DiMarco gestoßen, eine begabte Liedermacherin aus Illinois, die bereits landesweit von sich reden gemacht hatte. Aus der Ladenwerbung und beim flüchtigen Durchblättern der Musikzeitschrift, die auf meinem Schreibtisch unter irgendwelchen Psychiatriebänden lag, hatte ich erfahren, dass ihr Debütalbum eine ganze Reihe von Vier-Sterne-Besprechungen und Vergleiche mit vielen von Dads Lieblingskünstlern eingeheimst hatte. Als ich eines Morgens in einer Pause zwischen Konsultationen mit dem Gedanken spielte, ihr Album zu kaufen und es für Dad aufzunehmen, falls es gut genug war, kam sie in meine Praxis spaziert.
Patsys einleitende Worte – »Ich habe Probleme zu Hause« – vermittelten mir den Eindruck, dass sie eine Beziehungsberatung brauchte, wofür ich eigentlich nicht qualifiziert war. Doch zum Glück erwies sich ihr Fall zugleich als komplexer und (aus meiner Sicht) als beherrschbarer. Sie war verheiratet – wie alle Leute über dreißig außer mir und der einen, die ich irgendwann zu finden hoffte. Der Glückliche in Patsys Leben war Steven Rowlands, der sie nach einem ihrer frühen Konzerte für sein Plattenlabel verpflichtet und es dann geschafft hatte, einen dauerhafteren Vertrag mit ihr einzugehen. Nachdem sie sich mit bezauberndem Interesse in meinem schmucklosen Arbeitszimmer umgesehen hatte, bemerkte Patsy, dass ihr jüngst erschienenes Album als Chronik der jungen Beziehung und von romantischeren Betrachtern sogar als eine Art Baby, als die erste Frucht ihrer Liebe gewertet wurde. Das war jedoch nur ein Märchen, auf das die Wirklichkeit eine Antwort geliefert hatte, und zwar passenderweise durch den Postmann.
DiMarco, Patsy
Rowlands, Steven
Ayer, Neil
geboren
geboren
Kindheit weitgehend unbekannt
lernt Gitarre
Lernprobleme
großes Talent
Unfalltod der Eltern, als sie 13 ist
Legasthenie-
Diagnose
Kopfverletzung
geringes Selbstwertgefühl
Genesung
kurzsichtig
besucht reine Jungenschule
schreibt erste Songs
Sieg bei lokalem Talentwettbewerb
hohe Erwartungen der Eltern
lernt Aufnahmegerät des Onkels zu bedienen
liebt Musikstunden
Schulabbruch
Klavier
verlässt Schule, um Musikerin zu werden
Flöte
zieht Pop der klassischen Musik vor
Oboe
Arbeit als Begleit- und Sessionmusikerin
Schlagzeug
Arbeit als Roadie für verschiedene Musiker
auf Tour
kein Talent für Musik
tritt in den Postdienst ein
schreibt weiter Songs
von Vater als »hoffnungsloser Fall« bezeichnet
Beginn regelmäßiger Konzerte
Phase der Rebellion
Gespräche mit Plattenfirmen; Enttäuschung
verlässt Elternhaus
gibt nicht auf
bekommt Stelle bei Kookaburra Music
gewissenhafter Arbeiter
Schreibblockade
Beförderung
desillusioniert, überlegt, aus dem Musikgeschäft auszusteigen
wird Talentsucher
verärgert über Äußerungen von Kollegen
plant neue Tour
die erste von ihm verpflichtete Gruppe Apples löst sich nach erfolgloser LP auf
Leistungsdruck
spielt im Dragon Club
in Illinois
sieht Patsy DiMarco
im Dragon Club
trifft Steven Rowlands
unterschreibt bei Kookaburra
zieht nach Nelson
bei Chicago
Absprache zu erstem Album
fühlt sich zu Patsy hingezogen
nimmt Stevens romantischen Antrag an
bittet sie nach Überlegung um Verabredung
mit Steven zusammen
mit Patsy zusammen
Heirat
Heirat
kauft Haus in Illinois
kauft Haus in Illinois
erste Begegnung mit Patsy und Steven
glücklich verheiratet
glücklich verheiratet
sehr produktive Songwriting-Phase
Unsicherheit
Gespräche mit Patsy
erhält geheime Briefe von Patsy
nimmt Album auf
glücklich mit Beziehung
schreibt Patsy
besorgt über Neil Ayers Annäherungsversuche
vertraut Steven Sorgen an
Wut
besucht Patsy
Album erscheint
Schlägerei mit einem Kollegen auf Toilette
mahnt Neil, sie nicht mehr zu besuchen
Kopfschmerzen
Streit mit Patsy
beteuert Unschuld
bedroht Neil
bringt Patsy Geschenk
Panik, fleht Neil an
sieht hilflos zu
prügelt sich mit Neil
prügelt sich mit Steven
sucht auf Anraten einer Freundin Dr. Kristal auf
Jetzt gab es also zwei Männer in Patsys Leben, allerdings nur einen auf ihren Wunsch hin. Irgendwann auf seiner Postrunde hatte Neil
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