Ruegen Ranen Rachedurst
sich kopfschüttelnd umgedreht und ging davon. Benecke stand noch eine Weile etwas verloren an der Wildtheke, bis er sich entschloss, unverrichteter Dinge wieder zum Restaurant zurückzukehren.
Als er zum Kutter 4 ging, fiel ihm auf, dass der VW-Kastenwagen mit den aufgemalten Käfern nicht mehr auf seinem Parkplatz stand.
„ Gut, dass du wieder da bist“, sagte Lydia sichtlich erleichtert, als ihr Mann an ihrem Tisch auftauchte und sich setzte.
Auch George lächelte ihn an und meinte: „Noch etwas länger, und ich hätte nachgesehen, wo Sie bleiben. Wie ist es gelaufen?“
Benecke seufzte und berichtete kurz über das nicht zustande gekommene Treffen.
Anschließend machten sie sich mit Lydias Wagen auf den Heimweg in Richtung Lauterbach. Hinter dem Fährhafen wies ein Schild auf die Feuersteinfelder hin, die Lydia unbedingt sehen wollte. Ihr zum Gefallen wanderten die beiden Männer über einen ausgeschilderten Waldweg bis zu einem riesigen Areal, auf das vor 3000-4000 Jahren eine Sturmflut etwa zwanzig Wälle von Feuersteinen aufgeschichtet hatte. Lydia begann sofort mit der Suche nach einem sogenannten „Hühnergott“, einem Stein mit durchgehendem Loch. Und schon bald war auch das Jagdfieber der Männer erwacht, sodass sie ebenfalls eifrig über die kargen Gesteinswälle zwischen den Heide- und Wacholderbüschen wandelten und den Boden absuchten.
Erst nach längerer Zeit kam von George ein triumphierender Ausruf. Er hielt einen wie ein Herz geformten, schwarzen Stein mit einem Loch auf der rechten Seite in der Hand. Ganz Kavalier überreichte er seinen Fund Lydia mit einer kleinen Verbeugung, die ihn mit einem erfreuten Ausruf entgegennahm.
Auf ihrem Fußmarsch zurück zum Auto beschlossen sie, an Prora, einer der beeindruckendsten zeitgeschichtlichen Sehenswürdigkeiten Rügens mit dem längsten Bauwerk Deutschlands, kurz vorbeizufahren.
Lydia, die sich in einem Rügenreiseführer genau informiert hatte, erzählte den beiden Männern, dass ab 1936 nach dem Plan der NS-Organisation „Kraft durch Freude“ ein gigantisches Seebad inklusive Kaianlage, Festhalle und Aufmarschplatz gebaut werden sollte, in dem 20000 Urlauber gleichzeitig untergebracht werden konnten. Aber die Anlage blieb wegen des Kriegsausbruchs unvollendet und wurde als „KdF-Bad“ nie genutzt.
Zu DDR-Zeiten wurden Teile der Gebäude als Kasernen der Nationalen Volksarmee verwendet und Prora zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Heute hätten sich dort zahlreiche Museen und Galerien etabliert, referierte Lydia, und die etwa 4,5 km lange Anlage stünde unter Denkmalschutz.
Nach dieser ausführlichen Information fuhren die drei auf den Parkplatz vor dem Dokumentationszentrum Prora. Angesichts der sechsgeschossigen, grauen Betonbauten, die sich vor ihren Augen erstreckten, ließen sie es sich doch nicht nehmen auszusteigen. Sie waren beieindruckt.
Das Trio schlenderte durch einen Blockzugang, durchquerte einen kleinen Kiefernwald und betrat danach einen weißen Bilderbuchstrand.
„ Es ist wunderschön hier am Meer!“, begeisterte sich Lydia.
Benecke und George schlossen sich ihrer Meinung sofort an und versicherten, wenn der Fall abgeschlossen wäre, würden sie gerne mit ihr hier einen ausgedehnten Strandspaziergang unternehmen. Sie warfen noch einen abschließenden Blick auf das einige Kilometer entfernt liegende Seebad Binz, das von der Abendsonne angestrahlt wurde. Gemächlich wanderten sie dann zu ihrem Auto zurück.
5. Kapitel
Am nächsten Morgen machten sich Benecke und George nach Baabe zum Hotel Seestern auf. Den Gesprächstermin mit den Joggerinnen hatte ihnen Kellner Heiko aus ihrem Hotel vermittelt und sie auch gleich telefonisch für diesen Morgen bei den Damen avisiert. Kurz vor der Abfahrt ging Benecke aber noch einmal mit seinem MacBook ins Internet, um seine Mails abzurufen. Vielleicht hatte ja schon jemand von den Seminarteilnehmern geantwortet. Und das war tatsächlich der Fall. Einer der Teilnehmer versprach, sich telefonisch zu melden und wollte gerne Beneckes Telefonnummer haben.
Er schickte sie ihm und meinte halblaut: „Ich hoffe nur, der ruft dann auch wirklich an!“
Auf dem Weg von Lauterbach nach Baabe, dem kleinsten Seebad der Insel, unterhielten sich die Männer noch einmal über den mysteriösen Anrufer.
„ Also, das war schon sehr seltsam gestern. Wer könnte das sein, der mich zu einer Wildtheke bestellt und dann nicht hinkommt?“
„ Tja, vielleicht wirklich ein Zeuge, der in
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