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Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Titel: Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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können, dass ihr bester Schutz davor, sich ungewollt in einen Mann zu verlieben, darin bestand, ihn verstehen zu lernen und ihn zu mögen.

11
    Die Menschenmenge im Empire war nicht patriotisch gestimmt. Als eine hübsche junge Blondine auf die Bühne kam, um »Hats off to the Empire« zu singen, wurde sie von einer Welle aus Buhrufen übertönt. Jemand warf mit seinem Krug nach ihr, dessen Inhalt gegen die purpurnen Vorhänge hinter ihr spritzte. Mit hochrotem Kopf wich sie unter Verbeugungen zurück und verschwand wieder hinter der Bühne. Das Orchester, das erst mit Verspätung bemerkte, dass es keinen Künstler mehr zu begleiten hatte, erstarb.
    Ein Murren erhob sich aus dem Parkett. Das elektrische Licht schien grell auf die Besucher, die in Massen umherschlenderten. James saß in einer der Privatlogen, die in Hufeisenform an der dritten Etage entlangliefen. Aus dieser luftigen Höhe konnte er sehen, wie sich ein junger Mann hinter einer Marmorsäule übergab. Andere stiegen ihren Freunden auf die Schultern und verlangten lautstark nach der nächsten Darbietung. Noch vor dem Ende der Vorstellung würden die mit cremefarbenem Stoff bezogenen Sitze unzählige Schuhabdrücke aufweisen.
    Er warf einen Blick in den hinteren Teil seiner Loge, wo Phin sich vor nicht einmal einer Stunde Whisky hinter die Binde gekippt hatte wie ein Soldat, der in den Krieg ziehen muss. Das Kinn auf der Brust, war er nun tief in seinen Sessel gerutscht. »Ist er tot?«, fragte Dalton.
    James rüttelte Phin an der Schulter. »Gleich geht’s hier rund«, sagte er. Keine Reaktion. »Phin! Hier gibt’s gleich einen Aufstand.«
    Daltons weicher Bauch drückte an seine Schulter, als er sich über James beugte, um Phin anzubrüllen: »Werd’ munter, Mann!«
    »Bei Gott!« James zuckte zusammen und stieß ihn mit dem Ellenbogen zurück. »Das ist mein Ohr, Dalton, und kein Sprachrohr!«
    »Warum zum Teufel ist er mitgekommen, wenn er bloß ein Nickerchen machen wollte?« Beleidigt setzte Dalton sich wieder. »Schwache Vorstellung. Was hab ich schon groß verlangt? Nur eine kleine Feier. Schließlich erbt man nicht jeden Tag Geld.« Wieder beugte er sich über James. »Das ist eine Party, Ashmore!«
    Phin gähnte. Als Dalton sich umdrehte, um sich bei Tilney zu beschweren, öffnete Phin ein Auge, lächelte James schwach an und stellte sich wieder schlafend.
    Na schön, dachte James. Es hätte amüsant sein können, Dalton dabei zuzusehen, wie er sich anstellte wie ein Schulmädchen, aber ihm war nicht zum Lachen. Was zum Teufel bezweckte Phin damit? Die Rolle des unglücklichen Nichtsnutzes passte nicht zu ihm. Und wenn er beschlossen hatte, sich neu zu erfinden, konnte er dabei wenigstens etwas Einfallsreichtum an den Tag legen und sich einen originelleren Part ausdenken. James war seiner selbst schon zu überdrüssig, um auch noch eine Zweitbesetzung seiner eigenen Rolle zu engagieren.
    Mit der Absicht, ihm leise etwas ins Ohr zu sagen, beugte er sich zu Phin. Aus dieser Nähe fiel ihm noch etwas anderes auf: ein schwacher, ekelhaft süßlicher Geruch. Wieder Opium. Herrgott! War der Mann diesem Gift etwa verfallen? »Sogar Gin wäre ein gütigerer Meister«, raunte er ihm zu. »Und Arsen wäre schonender für dein Gehirn.«
    Einen kurzen Augenblick schien es, als würde Phin nicht antworten. Doch dann sagte er: »Allerdings. Aber du brauchst dich um mich nicht zu sorgen.«
    »Red keinen Unsinn. Das muss aufhören.«
    »Ich kann jetzt nicht darüber reden.«
    »Ich schon. Seit du den Titel geerbt hast … «
    Jetzt schlug Phin die Augen auf. »Hast du mal in den Spiegel gesehen, James?«
    Gut gekontert!
    Er lehnte sich zurück. Früher hätte er nicht locker gelassen. Er hätte gesagt: Ja, wenn ich es mir recht überlege, habe ich es selbst ziemlich gut vermasselt und auf eine Antwort gedrängt. Sie hatten sich einmal nähergestanden als Brüder. Dann trennten sich ihre Wege, und die Notwendigkeit hatte Phin zu Verschwiegenheit gezwungen. Das hatte James zumindest geglaubt. Doch jetzt war ihm sonnenklar, dass Phin diese Distanz aus eigenem Willen aufrechterhielt. Statt sich nur auf das notwendige Schweigen zu beschränken, verstieg er sich ganz darauf. Seine unbekannten Gründe. Seine eigene Entscheidung! Doch James wollte kein Vertrauen mehr schenken, wenn es nicht erwidert wurde. Er hatte die Nase voll von den ständigen Versuchen, die Distanz zwischen ihnen zu überbrücken.
    Der Vorhang wurde aufgerissen und auf der Bühne stand Mr

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