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Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Titel: Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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hätten Sie sie nicht. Ich kann genauso gut Zeitung lesen wie Sie. Die Tränen gehören Ägypten!«
    Schon wieder eine dieser verdammten Mitteilungen. Sie waren in den letzten Tagen mehr geworden. Aber die Sache mit Ägypten war ihm neu. Normalerweise winselte ihm der Briefeschreiber irgendwas von Flüchen vor.
    Ägypten. Bei ihm machte es Klick. Dass das ein Zufall war, hielt er für sehr unwahrscheinlich. Er hätte gerne nachgefragt, aber weiteres Sprechen würde dem Jungen die Arbeit abnehmen und die Klinge noch tiefer in seine Kehle drücken.
    »Potztausend! Ist das ein Messer ?«
    Das kam von einem Burschen mit Zylinder, der stehen blieb und sich die Szene durch sein Monokel genauer betrachtete. Der Junge warf einen Blick über die Schulter, zog die Hand zurück und stürzte an dem Mann vorbei die Treppe hinab.
    James stellte die Gläser auf dem Teppich ab. Während er sich wieder aufrichtete, betastete er seinen Hals. An seinen Fingern war Blut. Na schön. An dem aufgeregt brabbelnden Zylinderträger vorbei, stürmte er die Treppe hinab und nahm immer drei Stufen auf einmal. Auf dem ersten Absatz sah er den Jungen schon eine Treppe weiter unten. Als er die letzte Treppe umkurvte und ins Foyer sprang, war der Flüchtende bereits in der Menschenmenge verschwunden.
    Ihm nach, hinaus in die warme Nachtluft. Am hellen, lärmenden Leicester Square drängten sich die Menschen. Tausend gleißende Lampen beleuchteten die in Creme- und Goldtönen gehaltenen Fassaden der Varietétheater und Gaststätten. Scharen kreischender Frauen und übermütige junge Weiberhelden schoben und drängelten sich vorbei. Der Junge war verschwunden. James bemühte sich, wieder ruhiger zu atmen. Es roch nach Karamell, Bratfisch und Erbrochenem.
    Ein Verrückter. Damit hatte er den Briefeschreiber abgetan, doch diese Bezeichnung schien nicht mehr zuzutreffen. Der Junge hatte Ägypten erwähnt. Und seit wann bekam er eigentlich diese Mitteilungen? James glaubte nicht, dass er sich täuschte: die erste war an dem Tag nach dem Debakel im Institut gekommen.
    Verdammt. Jemand glaubte ganz eindeutig, dass er mehr von Hartnetts Lieferung abbekommen hatte als zutraf. Und wenn sie ihn damit in Verbindung gebracht hatten, würden sie mit Sicherheit auch Lydia damit in Verbindung bringen – wenn das nicht schon geschehen war. Sie sollte lieber die Augen aufmachen, und zwar schnell. Ihm war egal, was sie sah, wenn sie ihm ins Gesicht blickte. Aber er wollte lieber nicht dazu gezwungen sein, sich sie mit aufgeschlitzter Kehle vorzustellen.
    Eilig begab er sich zurück zur Loge. »Nach draußen«, forderte er Phin auf und ignorierte Daltons Beschwerde über das Getränk, das er ihm schuldig geblieben war. In dem dunklen kleinen Flur sagte er: »Ich brauche deine Hilfe. Bist du nüchtern genug, um sie mir zu gewähren?«
    Phin zögerte nur kurz, bevor er antwortete. »Gerade so.«
    »Gut. Du musst dich für mich umhören. Um mich kurz zu fassen: Jemand hat mir Briefe über Flüche, irgendwelche Tränen und mein unmittelbar bevorstehendes Ableben geschrieben. Und gerade hat mich einer bedrängt und versucht, mir die Kehle aufzuschlitzen. Er ist mir entwischt und ich will, dass er gefunden wird. Er muss mir die Mitteilungen ja irgendwie zustellen. Vielleicht würde eine Überwachung meines Hauses etwas bringen. Kannst du das veranlassen?«
    Phin zog erstaunt eine Augenbraue hoch. »Keine Frage. Tränen, sagst du? Und ein Fluch? Schreibt er sonst noch etwas?«
    »Ich habe Grund zu der Vermutung, dass die Sache mit einer Transaktion von Schmuggelware aus Ägypten zusammenhängt.« Lydia zuliebe wollte er die Boyces lieber nicht erwähnen. Was für ein törichter Impuls. Informationen zurückzuhalten war nicht gerade die beste Methode, um sie zu schützen. »Es hat etwas mit der gefälschten Stele zu tun, die ich gekauft habe.« Sie zu schützen? War das jetzt seine Absicht? Wie lächerlich. »Es stellt sich heraus, dass sie aus Henry Boyces Lieferung stammt.« Lächerlich, einen Anflug von Gewissensbissen zu verspüren. »Aber vielleicht wurde sie ihm auch von einem Dritten untergeschoben.« Nun vollkommen verärgert über sich selbst, zuckte er mit den Achseln und fügte hinzu: »Du hast doch bestimmt Freunde, die in diesem Teil der Welt aktiv sind. Wenn du sie zurate ziehen könntest, wüsste ich es zu schätzen.«
    Phin blickte gedankenverloren in die Ferne. »Ich kann dir etwas Besseres bieten«, sagte er langsam. »Mir ist kürzlich ein Gerücht zu Ohren

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