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Ruf der Dunkelheit

Ruf der Dunkelheit

Titel: Ruf der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Rauch
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woraufhin sich die Tür ganz öffnete und Valentina neben ihn trat. Sie starrte unsicher auf ihre Schuhe, hob dann den Kopf und suchte nur zögernd meinen Blick. Julian erhob sich und nickte Max zu. „Ich glaube, wir lassen euch mal einen Moment allein.“
    Zögerlich trat Valentina zu mir ans Bett, als die beiden den Raum verlassen hatten. Sie kaute auf ihrer Unterlippe, doch ich klopfte auf die Stelle des Bettes, wo eben noch Julian gesessen hatte. Steif nahm sie darauf Platz. Wir sahen uns nur stumm an und während die Stille langsam in meinen Ohren zu dröhnen begann, sammelten sich in Valentinas Augen unzählige Tränen. Ich konnte sehen, wie die Reue an ihr nagte. „Tamara … es …“, begann sie, doch ich rappelte mich auf und fiel ihr einfach in die Arme. Völlig überrumpelt entfuhr ihr ein Schluchzen. Während ihre Tränen auf meine Schulter tropften und sie bebend in meine Armen hing, flüsterte ich nur: „Vergiss es einfach!“ und strich ihr über das seidige, blonde Haar. Sie nickte wortlos, schluchzte laut auf und lachte im selben Moment. Auch über meine Wangen rollten ein paar Tränen der Erleichterung. Kaum hatten wir uns aufgerichtet, wischten wir uns kopfschüttelnd über die nassen Gesichter, nur um gleich darauf wieder weinend zu lachen. 
    Als wir uns endlich etwas beruhigt hatten, nahm Val meine Hand und ihre Miene wurde plötzlich sehr ernst. „Ganz ehrlich – ich kann dir nicht sagen, wie leid es mir tut, dass ich mich dir gegenüber so schrecklich verhalten habe! Irgendwas hat mich dazu getrieben, diese fürchterlichen Sachen zu sagen und zu tun und …“
    Ich atmete geräuschvoll aus und erwiderte ihren Blick. „Weißt du, es gab manche Momente, da war ich wirklich wütend auf dich – doch da wusste ich noch nicht, warum du das alles getan hast und wenn ich ehrlich bin, manche meiner Gedanken hatten definitiv damit zu tun, dass ich dir den Kopf abreiße.“ Ich prustete so plötzlich los, dass Val mich irritiert und zeitgleich entsetzt ansah, doch dann stimmte sie in mein Lachen mit ein. „Ich hätte es auch wirklich verdient gehabt!“
    Dann sah ich ihr tief in die Augen. „Lassen wir das Vergangene hinter uns – alles, okay?“
    Sie nickte heftig und umarmte mich erneut. „Okay“, flüsterte sie dankbar. 
    Ein paar Stunden später saßen wir stumm um die Urne herum, in der sich die Überreste von Olivia und Michael befanden. Es war eine bedrückende Stille, die auf uns lastete und niemand wagte es, sie zu durchbrechen.
    Max war nach nebenan gegangen, um mit Daria zu sprechen. Sie wusste noch nichts davon, dass wir uns dagegen entschieden hatten, sie in alle Winde zu verstreuen. Doch nun wollten wir ihr die Entscheidung überlassen, was mit ihnen geschehen sollte. „Was machen wir, wenn ihr das gar nicht recht war?“, wisperte Valentina und war damit die Erste, die das Schweigen brach. Dabei rutschte sie nervös auf ihrem Stuhl herum.
    „Was sollte mir nicht recht sein?“ Darias misstrauische Stimme ließ uns alle zusammenzucken und auf unseren Stühlen herumfahren. Mit verschränkten Armen stand sie neben Max, der sich auf die Lippe biss. Offenbar hatte er ihr noch nicht gesagt, was wir mit ihr besprechen wollten. Ihr Blick flog kritisch durch den Raum und blieb an dem metallenen Gefäß hängen, das unheilvoll in der Mitte des Tisches thronte. Ich konnte sehen, wie Max schluckte, während sich Darias Augen ungläubig weiteten. Ihre Nasenflügel begannen zu beben. „Ist das …“ Ihre Stimme versagte und Tränen stiegen in ihre Augen, als sie langsam auf uns zuschritt. Offenbar vergaß sie in diesem Moment alles um sich herum, denn sie ging direkt an Julian vorbei, ohne eine Notiz von ihm zu nehmen, sondern hielt den Blick fest auf die Urne gerichtet. Zitternd streckten sich ihre Finger dem blankpolierten Metall entgegen, doch sie zögerte einen Moment lang, ehe sie andächtig mit den Fingerspitzen darüber strich.
    Die ersten Tränen rollten ihre Wangen hinab und sie schloss für einen Moment die Augen, atmete tief ein und legte ihre Handflächen auf den Deckel des Gefäßes. Ihre Gesichtszüge veränderten sich fast sekündlich und plötzlich riss sie ihre Augen auf und wandte sich mit fragender Miene an mich. „Sie … sie ist auch da drin – oder?“ Ihre Stimme klang unschlüssig, so als wüsste sie nicht, was sie davon halten sollte. Ich nickte langsam. „Wir konnten keinen Unterschied mehr machen …“ Mir war bewusst, wie bizarr meine Worte für sie

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