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Ruf der Dunkelheit

Ruf der Dunkelheit

Titel: Ruf der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Rauch
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doch ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass sie es irgendwie geschafft hatte, sich aus dem Kofferraum des Autos zu befreien. Offenbar hatten wir alle die Macht der Hexen, die unter uns lebten, gewaltig unterschätzt. 
    Stumm traten wir zu den anderen. Valentina und Max hoben den Kopf und ihr ungläubiger Blick drückte aus, dass auch sie geglaubt hatten, ich sei hier gestorben. Beide sagten kein Wort, aber der Ausdruck in Max´ Augen ließ mich wissen, welche Erleichterung er gerade erfuhr. Plötzlich spürte ich warme Finger, die sich um meine Hand schlossen und ich blickte auf. Valentina nickte mir zu; ihre Augen glänzten feucht und sie biss sich auf die Lippen. Ich drückte ihre Hand fest und nickte ebenfalls leicht. Ganz egal, was die letzten Wochen zwischen uns geschehen war, es war vorbei. Max hielt Daria fest im Arm, stützte sie, als all die Trauer und Wut auf einmal über sie hereinbrachen. 
    Langsam kündigte sich ein neuer Tag an. Dampfend stieg der Nebel aus den umliegenden Wiesen nach oben, während sich die milchig wirkende Sonne ihren Platz am Himmel erkämpfte. Sie ließ die winzig kleinen Wasserperlchen in der Luft schimmern, tauchte alles in ein unwirkliches Licht und schickte ein paar tröstende Strahlen auf die blutgetränkte Erde zu unseren Füßen. Daria hob den Kopf und ihre nassen Augen schimmerten golden, als sich das Sonnenlicht darin brach.
    „Ich liebe dich Michael! Ich werde dich immer lieben!“ Ihre Stimme war ein gebrochenes Flüstern und im selben Moment liefen ihr erneut Tränen über das Gesicht. „Komm.“ Max streckte ihr die Hand hin. Daria sah zu ihm auf und schien einen Augenblick lang zu überlegen. Ihr Blick glitt über die dampfende Asche wieder nach oben zu Max. Zögernd hob sie ihren Arm und legte ihre zarte, weiße Hand in seine. Er zog sie auf die Füße, legte ihr seine Hand auf den Rücken und stütze sie, während sie mit wackligen Schritten in Richtung des Parkplatzes wankte. Valentina gesellte sich zu ihnen, während Max den Kopf wandte und uns zunickte.
    Mein Blick glitt über das Schlachtfeld, auf dem heute Nacht der Tod gewütet hatte und als ich aufsah, erwiderte ich sein Nicken. „Ich besorge eine Urne“, erklärte Julian tonlos und lief in Richtung der Aufbahrungshalle, die sich am Eingang des Friedhofs befand. Ich kümmerte mich indes um die Leichen von David und Ethan, die ich zusammen mit dem Sarg, in dem Max gelegen hatte, in dessen Grab verschwinden ließ.
    Gerade ließ ich die Schaufel fallen und trat die feuchte Erde fest, als Julian mit dem eisernen Gefäß in der Hand zurückkam. So traurig der Verlust auch war, wussten wir auch, dass wir peinlich genau unsere Spuren verwischen mussten, damit die Menschheit auch weiterhin über unsere Existenz im Unwissen blieb. Daran hatte ich mich mit der Zeit erst gewöhnen müssen, doch jetzt schien es für mich völlig normal. Und so kniete ich meinem Gefährten gegenüber, während wir die Asche der Hexengeschwister vorsichtig in ihre letzte Ruhestätte füllten.
    „Jetzt sind sie auf ewig zusammen“, flüsterte ich mit belegter Stimme und kämpfte mit den Tränen. Julian hielt einen Moment inne und legte seine Hand auf meine. „Tief in ihrem Inneren war Olivia ein guter Mensch – ich glaube nur, der Tod ihrer Mutter hat sie so verbittern lassen; Trauer kann einen auffressen“, erwiderte Julian sanft und ich schluckte hart.
    Die ganze Zeit über hatte ich geglaubt, Max wäre es so ergangen und er wäre deshalb freiwillig zu Margaretha zurückgekehrt. Fast plagten mich Schuldgefühle, dass ich mich wirklich dazu hatte hinreißen lassen, so von ihm zu denken. Doch in Wirklichkeit waren wir zum Spielball der Hexen geworden und mittlerweile war ich fast sicher, dass auch Olivia ihre Finger mit ihm Spiel gehabt hatte, als ich Max in meiner Vision in Margarethas Armen gesehen hatte.
    Ich fühlte mich innerlich unglaublich leer und ausgebrannt. Und schlagartig kam der nagende Hunger in mir zurück und mit ihm das schwache Gefühl, das von meinen Glieder Besitz ergriff. Von einer Sekunde auf die andere, sackte ich zusammen. Mein Atem ging angestrengt und stoßweise. Mein Herz schlug in einem unregelmäßigen Rhythmus, als über mir Julians besorgtes Gesicht auftauchte. „Tamara?!“ Seine Stimme erklang von so weit weg. „Was ist los?“
    Nur mühsam kamen mir die Worte über die Lippen, weil meine Zunge an meinem ausgedörrten Gaumen festzukleben schien. „Blut … ich brauche … Blut!“ 
    An das

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