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Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33

Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33

Titel: Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delacroix Claire
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und trüge einen Makel mit sich herum, der die finstere Herkunft offenbare.“ Sacht knisterten die Flammen, als Melusine leise seufzte. „All das geschah vor langer Zeit in einem fernen Land. Niemand kann so genau wissen, wie die Geschichte verlief.“
    Die letzte Bemerkung, so schien es Sophie, enthielt so etwas wie Wehmut, doch blieb ihr keine Gelegenheit, die Ältere noch zu fragen, weil diese sich plötzlich erhob. Benommen sah Sophie zu, wie Melusine einige Kräuter aus einem Bündel zog, das unter den niedrigen Deckenbalken hing, dazu einen Tiegel mit Fett sowie noch Mörser und Stößel. Das alles stellte sie vor Sophie ab und hielt ihr wie üblich das Pflanzenbündel unter die Nase.
    „Den Namen!“, befahl sie gewohnt knapp.
    Angesichts des fauligen Gestanks, der dem trockenen Bund entwich, prallte Sophie angewidert zurück. „Den weiß ich nicht.“
    „Du solltest ihn aber kennen“, zischte Melusine. „Es ist der Stechapfel mit seinen stacheligen Früchten und den großen Blütenkelchen, die sich nachts öffnen. Diesen beherrscht die Venus, doch seine wunderschöne Blüte ist von trügerischem Zauber, denn diese Pflanze kann töten.“
    Melusine brach einen Brocken von der trockenen Wurzel ab, warf ihn in den Mörser und reichte Sophie das irdene Gefäß. „Zermahle es mir“, gebot sie und schnupperte prüfend an dem verbliebenen Wurzelrest in ihrer Hand. „Starke Wirkung hat es, wurde es doch im siebten Mond geerntet.“
    Sophie nickte gehorsam, bemüht, sich diesen Hinweis trotz ihrer Verwirrung auch sorgsam einzuprägen. Währenddessen trennte Melusine die dünneren Wurzelstränge von einem dicken Bündel, welches verdrehter wirkte als das zuvor, und hielt es Sophie auf der flachen Hand hin. „Und wie heißt dies?“
    Zögernd hielt Sophie die Nase darüber und rieb die Knolle dann zwischen den Fingern. „Ich kann es nicht sagen“, gestand sie widerstrebend.
    Melusine beugte sich vor. „Dann taste und sage mir etwas darüber.“
    Sophie kniff die Augen fest zu und schnupperte nochmals an der Wurzel. Das Bild, das ihr daraufhin erschien, war bestürzend klar, und als sie sprach, dachte sie gar nicht über die Worte nach. „Weiße Gipfel erkenne ich“, sagte sie. „Mit dunklen Höhlen darunter.“ Sie schlug die Augen wieder auf, und als sie sah, wie Melusine zufrieden lächelte, schüttelte sie verwirrt den Kopf.
    „Du hast ein scharfes Sehvermögen“, bemerkte die Ältere, was Sophie mit Stolz erfüllte, war es doch das erste Lob, das sie von ihrer Lehrmeisterin erhielt. „Blauer Eisenhut wird es genannt, manchmal auch Sturm- oder Mönchshut. Und auch die Bergesgipfel hast du recht erkannt, denn die Pflanze wächst dort auf hohen Hügeln, wo der Schnee dem Vernehmen nach niemals schmilzt. Beherrscht wird es von Saturn. Was sagt dir das?“
    „Dass sie die Mächte der Finsternis ruft, wenn man sie ungeschickt benutzt“, erwiderte Sophie prompt und wurde für ihre Antwort mit einem Nicken belohnt.
    „Jawohl, die Pflanze der Macht und der Mysterien, der Buße und Tödlichkeit. Behandle sie mit Respekt“, befahl sie, indem sie ein Stückchen abbrach und es in Sophies Mörser tat. „Und diese hier?“ Sie zeigte Sophie drei schrumplige Beeren, jede davon so breit wie ihr Finger.
    „Weitere Kinder des Saturn?“, vermutete Sophie, was Melusine erneut mit knappem Nicken quittierte.
    „So ist es. Benutzen tut man sie nur zu dritt, denn das ist das Zeichen der Atropos, der ältesten der drei Moiren aus der griechischen Sagenwelt. Sie wandte die Beeren stets auf diese Weise an, um den Lebensfaden der Menschen mit ihrer Schere zu zerschneiden. Geerntet werden sie beim ersten Morgenlicht. Dann ist ihre Kraft am stärksten.“
    Bei diesem Hinweis runzelte Sophie die Stirn, doch Melusine hatte die Beeren bereits ebenfalls in den Mörser geworfen und eine Handvoll getrockneter Blätter genommen. Mit gespanntem Blick zerdrückte sie diese vor Sophies Nase. Sophie erkannte den Geruch auf Anhieb.
    „Das ist das Kraut, welches du in die Flammen geworfen hast“, sagte sie.
    Wieder bejahte Melusine. „Auch das ein Kind des Saturn“, bekräftigte sie und schnupperte an den Blättern. „Bilsenkraut, auch Jupiterbohne genannt, beschwört die Toten, und deren Gegenwart mehrt das zweite Gesicht.“
    Zusammen mit den anderen Zutaten zermahlte Sophie mit ihrem Stößel die Blätter zu einem stechend riechenden Pulver. Im Geist wiederholte sie dabei immer wieder Melusines Worte, damit sie sich auch

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