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Ruf Der Tiefe

Ruf Der Tiefe

Titel: Ruf Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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meckern. Wenn jemand Grund zum Jammern hatte, dann Leon, aber der dachte gar nicht daran, sich zu beklagen.
    »Eigentlich hat es schon ganz gut geklappt«, sagte Carima und merkte plötzlich, dass sie sich so ausgeglichen, so zufrieden fühlte wie selten zuvor. Lag das daran, dass sie ihrer Mutter entkommen war … oder etwa an Leon? Zu Anfang war er ihr so seltsam vorgekommen, und jetzt lagen sie in der Dunkelheit nebeneinander und redeten darüber, wie sie die Welt aus den Angeln heben wollten. Plötzlich fiel Carima wieder ein, was diese Ellyn über Leons Vergangenheit erzählt hatte. »Ziemlich seltsam, dass nicht diese Tante dich adoptiert hat, sondern Tim.«
    Seine Stimme klang gequält. »Ja. Mir geht das auch nicht mehr aus dem Kopf. Noch ein Grund, weshalb ich dringend mit Tim sprechen muss. Ich weiß nicht mehr … verdammt, ich weiß gar nicht mehr, was ich denken soll … und ich komme mir so furchtbar naiv vor …«
    Carima tastete in der Dunkelheit nach seiner Hand, fühlte, wie ihre Finger sich verwoben. So wie damals im Lager der Benthos II.
    Sie rückte näher an ihn heran und merkte, dass er das Gleiche tat. Jetzt rollte er sich auf die Seite, wandte ihr das Gesicht zu. Sie konnte Leon in der Dunkelheit kaum erkennen, aber spüren wollte sie ihn. Ganz vorsichtig ließ sie ihre Hand über seinen Arm gleiten, über seine Seite. Leon legte den Arm um sie, jetzt lagen sie eng aneinandergeschmiegt nebeneinander. Sein Atem streifte ihre Wange, ihre Nasen berührten sich und dann fanden sich auch ihre Lippen. Vorsichtig, tastend. Carima fühlte sich so glücklich, dass es fast wehtat. Wie gut, dass sie hierhergekommen war, wie gut, wie gut. Sie flüsterte seinen Namen, und er antwortete, indem er sie noch einmal küsste.
    Kalt und prachtvoll wölbte sich der Himmel über ihnen.

Tiefenrausch
    Thomas Clairwood Vensen, genannt Toto, hatte einen schlechten Tag. Genauer gesagt, einen sehr schlechten. Gestern beim Surfen hatte ihn eine Welle übel erwischt, er hatte sich gefühlt wie ein Pullover, der gerade durch den Vollwaschgang geschickt wird, und dann hatte ihn auch noch sein Brett am Kopf getroffen. Eigentlich wäre es Zeit für ein Aspirin gewesen – wieso zum Geier hatte er eine leere Packung in seinem Medikamentenschrank aufgehoben? Und dann auch noch die Sache mit Katie. Wieso wollte sie einfach nicht verstehen, dass Treue etwas durch und durch Altmodisches war? Dass er zwar nur sie liebte, aber sie nicht von ihm erwarten konnte, dass er auf sämtlichen Spaß im Leben verzichtete?
    Grimmig schaute Toto seine Mails durch, las das, was hier auf Big Island unter Neuigkeiten durchging – eine Pressemitteilung langweiliger als die andere –, und fragte sich, wie in aller Welt er aus diesem Schrott den Hawaii Tribune Herald machen sollte. Ein Gemeindetreffen hier in Hilo, bei dem irgendein amerikanischer Prediger zu Gast gewesen war. Gähn. Ein Einbruch in einem Geschäftsgebäude, bei dem ein 3-D-Drucker abhandengekommen war. Wie spannend. Im Meer passierte ausnahmsweise auch gerade nichts, was meldungswürdig gewesen wäre, die Quallen waren inzwischen in eine andere Richtung gedriftet.
    »Toootooo? Hast du Sardinen in den Ohren?«
    »Sehr witzig, Loulou«, sagte Toto und drehte seinen Stuhl zu seiner Redaktionssekretärin herum. »Was gibt’s?«
    »Zwei Besucher für dich. Sie behaupten, sie hätten ’ne Geschichte für uns.«
    »Kommt genau richtig. Hoffentlich was für die Titelseite. Schick sie rein.« Warum kicherte Loulou so dämlich?
    Gleich darauf wusste er, warum. Ein blondes Touristenmädel und ein schlaksiger, dunkelhaariger Junge mit Sonnenbrand auf den Armen und dreckigen Jeans. Na wunderbar.
    »Was gibt’s? Ist euch ein Hund entlaufen oder so was?«, knurrte Toto und überlegte, ob Loulou für ihn zur Apotheke gehen würde, Aspirin holen. Vielleicht, wenn er ganz nett Bitte sagte. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihn stattdessen auslachte und blöde Bemerkungen über Sauferei an einem Wochentag machte, war allerdings groß.
    Der dunkelhaarige Junge erzählte zögernd von etwas, das er angeblich über seinen Arbeitgeber herausgefunden habe. Arbeitgeber? Der Junge war doch höchstens siebzehn, eher noch jünger! Wieso war der an einem gewöhnlichen Wochentag eigentlich nicht in der Schule?
    »Was machst du noch mal? Beruflich?«, fragte Toto sarkastisch.
    »Ich bin Taucher, spezialisiert auf große Tiefen.« Die Stimme des Jungen klang nüchtern. »Bisher habe ich in einem Projekt

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