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Ruf Der Tiefe

Ruf Der Tiefe

Titel: Ruf Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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gerade erst alles neu abgedichtet. Scheiße, das darf doch nicht wahr sein!«
    Der Asiate mit den blauen Haaren hatte mit vor der Brust verschränkten Armen zugehört. »Was wollen Sie?«, fragte er Carima jetzt schlicht.
    »Hier an Bord ist ein Gefangener!«, rief Carima und hielt ihre »Bombe« mit beiden Händen fest, auch, damit niemand dazu kam, sie sich genauer anzusehen. Das Salzwasser war den Leckerli-Rollen nicht sonderlich gut bekommen. »Lassen Sie ihn frei und bringen Sie ihn her! Jetzt sofort!«
    Die drei Besatzungsmitglieder blickten sich an. »Sie meint vermutlich diesen Jungen, den die Rogers mitgebracht hat«, sagte Delilah und starrte mit gerunzelter Stirn auf Carimas Hals. »Dachte mir gleich, dass diese ganze Sache Ärger bedeutet.«
    Carimas Herzschlag dröhnte ihr in den Ohren und ein Kribbeln durchlief sie. »Wo ist er? Ich will zu ihm, und zwar sofort, sonst … fliegt hier alles in die Luft!«
    »Dann wird wohl alles in die Luft fliegen müssen«, schnauzte Biberzahn sie an. »Du hast ihn um genau zehn Minuten verpasst, Mädchen. Er ist mit einem der Wissenschaftler – Dr. Reuter – runtergetaucht. Du wirst warten müssen, bis sie zurück sind.«
    »Runtergetaucht?«, flüsterte Carima und starrte aus dem Panoramafenster. »Sind sie … unterwegs zur Bohrung?«
    »Ja, genau«, sagte der blauhaarige Asiate und hielt Carima, ohne die Bombe zu beachten, eine Platte hin, auf der sich wunderschön arrangiertes Sashimi befand. »Bis dahin – bedienen Sie sich. Es würde mich erfreuen.«

Die Bohrung
    In jeder anderen Situation hätte es Leon genossen, wieder einmal mit einem Tauchboot in die Tiefe unterwegs zu sein. Und noch dazu mit Tim; nebeneinander saßen sie im Cockpit der Moray und beobachteten, wie das Blau langsam in Schwarz überging. Doch diesmal war alles anders. Die Erschöpfung durchdrang seinen Körper und seine Seele, raubte ihm jede Energie, jede Freude.
    »Ich verstehe nicht, warum du noch immer nicht unterschreiben willst«, sagte Tim, während er die Moray abwärtssteuerte. Er hatte den Funk abgeschaltet, sie waren allein miteinander. »Was wir jetzt über dich und Lucy wissen, ändert alles, da muss das Stammzellen-Programm eben zurückstehen. Du kannst auf Benthos II zurückkehren und alles wird sein wie gewohnt.«
    Im schwachen rötlichen Schein der Innenbeleuchtung blickte Leon ihn kurz von der Seite an, dann wandte er den Blick zurück auf die Instrumente. Vierhundert Meter, sie sanken jetzt mit drei Meter pro Sekunde.
    Alles wie gewohnt? Wem machte Tim hier eigentlich etwas vor? Glaubte er wirklich, dass Leon nach all dem, was passiert war, einfach wieder für die ARAC arbeiten konnte, als sei nichts geschehen? Nein, das ging nicht, etwas fehlte, etwas war zerbrochen. Und selbst wenn er unterschrieb – wie viel Zeit erkaufte er sich damit überhaupt? Vielleicht verlor er schon in ein oder zwei Jahren die Fähigkeit, mit Flüssigkeit zu tauchen.
    »Na ja, schau dir erst mal die Bohrung an, ich bin sicher, die wird dich überzeugen«, fuhr Tim fort. »Ich verstehe nicht, warum du ausgerechnet gegen dieses Projekt etwas einzuwenden hast. Du weißt schließlich längst, dass die ARAC überall in großer Tiefe nach Öl bohrt, Manganknollen und -krusten erntet …«
    Ja, das wusste er – und Leon schämte sich dafür, dass er so selten darüber nachgedacht hatte, was das eigentlich bedeutete. Manganknollen zum Beispiel wurden aus drei- bis viertausend Meter Tiefe durch einen Schlauch auf ein Transportschiff gesaugt – danach sah der Meeresboden aus, als hätte man ein schweres Schleppnetz darüber gezogen. Doch das war es nicht, worüber Leon reden wollte. »Ist es ein gutes oder schlechtes Zeichen, dass die Rogers zurückgeflogen ist? Wie lange wollt ihr mich eigentlich noch isolieren?«
    »Leon …«, begann Tim, verstummte dann. Ein kleiner Schwarm Tiefseegarnelen kam in Sicht, wimmelte kurz in ihrem Schweinwerferlicht, blieb hinter ihnen zurück. »Du vertraust uns nicht mehr, stimmt’s?«
    »Wundert dich das?«
    »Nein.« Tims Stimme klang belegt und er sah Leon nicht an. Stattdessen drehte er am Funkgerät herum, durch das gerade eine Stimme Messdaten durchgab. Ein freudiger Schreck durchzuckte Leon. Diese Stimme kannte er doch!
    »Moment mal«, entfuhr es ihm. »Das ist doch Patrick – Patrick Lawton!«
    Tim nickte. »Er steuert die SeaLink . Seit wir die Benthos II stillgelegt haben, arbeitet er hier. Ich ahne, was du gerade denkst … Nein, ihm ist nicht klar,

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