Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)
grenzenlos.
Aber Franklins Wutausbruch reichte ebenfalls schon.
„Melissa, du überspannst den Bogen über die Maßen“, warf er mir vor, und dass er dabei nicht schrie, machte es in meinen Augen nur noch schlimmer. Sein strenger Blick ließ mich ganz klein werden auf meinen Stuhl. „Wir sind tausend Tode gestorben. Jenny ist fast wahnsinnig geworden, weil sie dachte, du bist tot!“
Na ja, ganz so weit hergeholt war das ja auch nicht, aber ich hatte mich bereits auf dem Flug entschlossen, die Wahrheit für mich zu behalten.
„Es ist mir im Großen und Ganzen ja nichts passiert“, wiegelte ich ab.
„Nichts passiert? Du warst verschwunden. Und niemand, nicht einmal Armand wusste, wo du bist!“
„Hättest du ihn nicht fort geschickt, wäre ich gar nicht erst abgehauen!“ Franklin zuckte erschrocken zusammen. „Sieh mich nicht so an! Verdammt noch mal, wann wirst du endlich aufhören, dich in mein Leben einzumischen?“
„Melissa, du gehörst nicht mehr dir selbst. Ich hatte meine Gründe.“
„Ich war nie in Gefahr, gegen meinen Willen ein Vampir zu werden. Ich kenne Armand vielleicht nicht so lange wie du, aber ich kenne ihn besser. Vor allem seine Einstellung zu mir. Und ich kann dich beruhigen, ich habe nicht das geringste Interesse daran, unsterblich zu werden.“
Unser alter Kampf. Er würde nie enden. Oder erst dann, wenn einer von uns beiden tot war.
„Oder, wenn du Armand doch folgen solltest“, flüsterte Osira.
„Sei still!“, zischte ich.
„Was hast du gesagt?“, fragte Franklin.
„Ach nichts. Vergiss es, ich habe mein Krafttier gemeint.“
Franklin wurde wieder ruhiger. „Warum hast du nicht auf meine Anrufe reagiert?“
„Ich hab das Handy verloren“, log ich und fühlte mich nicht wohl dabei. Es tat mir leid, dass es wirklich die bloße Sorge um mich war, die ihn so auf die Palme brachte. Was würde geschehen, wenn ich diesen letzten Schritt doch tat? Und sowohl Lemain als auch Lucien hatten mir bestätigt, dass es nur noch eine Frage der Zeit war. Ich hatte Franklin nicht angelogen, als ich sagte, ich hätte kein Interesse an der Unsterblichkeit. Doch das bedeutete nicht, dass ich diesen Weg nicht gehen würde. Wenn mir keine andere Wahl blieb. Wenn die Gier in mir zu stark wurde und der Vampir die Oberhand gewann. Göttin, ich durfte gar nicht daran denken! Bitte, bitte, lass es mich erneut überwinden!, betete ich im Stillen.
„Melissa, tu das bitte nie wieder! Es kann schlimme Folgen haben. Und es gibt hier Menschen, die dich wirklich lieben. Es tut uns weh, wenn du spurlos verschwindest.“
Ich gelobte Besserung, kam aber um einen strengen Verweis nicht herum. Ich durfte das Mutterhaus für die nächsten zwei Monate nicht verlassen und wurde mit der Aufarbeitung alter Schriften überhäuft. So wäre ich beschäftigt und würde hoffentlich ausnahmsweise einmal nicht auf dumme Gedanken kommen.
Armand kam erst drei Tage nach meiner Ankunft zum ersten Mal zu mir. Er seufzte tief, als er am Fenster stand und auf mich herabsah. Aber er war im Gegensatz zu Franklin nicht im mindesten wütend.
„Oiselle! Dummes kleines Mädchen! Was hast du dir nur dabei gedacht?“, fragte auch er mich.
„Armand!“
Ich sprang aus dem Bett und schlang die Arme um seinen Hals. Für ihn musste es so aussehen, als hätte ich ihn einfach nur vermisst, aber mir selbst machte ich nichts vor. Ich hatte nicht nur ihn vermisst. Ich hatte vor allem sein Blut vermisst. Der Hunger brannte in mir – so schmerzhaft, dass ich es kaum noch ertragen konnte. Noch eine weitere Nacht ohne Blut würde ich nicht überstehen.
„Dummes, dummes Kind!“, sagte er noch einmal. „Weißt du nicht, dass ich immer wieder zu dir zurückkomme – ganz egal, was Franklin sagt oder tut?“
„Ben sagte etwas von Erpressung. Ich wusste nicht womit, aber ich dachte, du würdest vielleicht wirklich nicht zurückkommen.“ Göttin, ich fieberte förmlich! Meine Hände zitterten unkontrolliert.
„Franklin und ich hatten Streit. Ich habe nachgegeben, um Schlimmeres zu verhindern und mich darauf eingelassen, dich eine Weile nicht zu sehen. Aber ich weiß, dass das an unserer Liebe nichts ändert. Deshalb fiel es mir auch denkbar leicht, ihm mein Wort zu geben. Warum konntest du nicht einfach warten?“
„Ich hatte solche Angst, dich zu verlieren! Du hättest mich ja auch darüber aufklären können!“ Er drückte mich an sich, flüsterte mir Koseworte zu und beteuerte immer wieder, wie sehr er mich liebe, und
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