Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)
Lycantropen, dass Franklin denselben Geruch in sich trug wie ich. Daraus formte sich die Frage, was ihn und Armand wohl verband. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Franklin um meinetwegen hatte wissen wollen, ob wir miteinander geschlafen hatten. Er kannte mich schließlich noch nicht lange. Wenn es ihm also nicht um mich ging, musste es ihm um Armand gehen. Armand hatte mir bereits gesagt, dass Vampire keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern machten. Waren die beiden also mehr als nur gute Freunde? Franklin war ein unbestreitbar attraktiver Mann. Die Eifersucht, die ich ihm insgeheim unterstellte, ergriff nun mit Macht von mir Besitz. Hast du prima gemacht, Armand! Du bringst mich zu Franklin und hast uns so immer gleich beide greifbar, dachte ich mit bitterem Sarkasmus. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich mit Ben Delane zusammenstieß.
„Hey, nicht so stürmisch!“, tadelte er lachend, während er mich vor einem Sturz bewahrte.
Ich stand völlig neben mir, und die Situation war mehr als peinlich. Ganz so, als würden meine Gedanken für jeden lesbar auf meiner Stirn stehen.
„Kann ich dir helfen?“, erkundigte er sich freundlich.
„Es geht schon. Ich muss nur noch den Abfall wegbringen, dann bin ich für heute fertig.“ Ich wagte es nicht, ihm in die Augen zu sehen und wollte einfach nur möglichst schnell weg.
„Prima, dann treffen wir uns doch in der blauen Bibliothek in einer halben Stunde.“
Das hielt ich für eine gute Idee. Erstens konnte ich mich so schnell aus dem Staub machen und zweitens würde mich das vielleicht auch von meinen Gedanken ablenken. Außerdem war Ben sehr nett.
Als ich kurze Zeit später die blaue Bibliothek betrat, saß er bereits zusammen mit Steven Gayl in einer ruhigeren Ecke und hatte ein Glas Whisky in der Hand. Als ich mich näherte, stand Steve auf.
„Wegen mir musst du nicht gehen.“
„Das tue ich nicht. Ich hatte Ben nur noch etwas zu sagen, das war alles.“ Er verabschiedete sich mit einem Nicken.
Ben bot mir auch ein Glas Whisky an, aber nach dem gestrigen Abend wollte ich lieber nur einen Apfelsaft. Das war ungefährlicher. Ich mochte Ben. Er hatte eine jugendliche Art und einen unerschöpflichen Humor. Sein blondes Haar und die grünen Augen unterstrichen den Lausbub in ihm.
„Und nun erzähl du mal. Was hat Joanna Ravenwoods Tochter all die Jahre gemacht?“ Ich schluckte hart. Die Frage hatte früher oder später kommen müssen. Jetzt war es also so weit. Ich konnte es nicht länger geheim halten. Eine Lügengeschichte hätte nur Probleme mit sich gebracht, weil ich über kurz oder lang doch die Wahrheit hätte sagen müssen. „Wenn du natürlich lieber nicht darüber reden willst“, meinte Ben, als er mein Unwohlsein bemerkte und legte die Hand auf meinen Arm. Diese liebevolle Geste löste den Knoten in mir. Ich gehörte jetzt hierher. Diese Menschen waren meine Familie. Sie hatten ein Recht darauf, die Wahrheit zu kennen. Ich erzählte Ben die ganze Geschichte. Manches schockierte ihn, doch im Grunde standen in seinem Gesicht nur Verständnis und Mitgefühl. Es wurde gerade dunkel, als ich damit endete, wie Armand mich gerettet und zu Franklin gebracht hatte. „Mir war schon klar, dass er seine Finger im Spiel hat. Dein Blick jedes Mal, wenn sein Name fällt … Und Franklin hat dir denEintritt in die Ashera sehr schnell gewährt. Das hätte er de facto sonst nicht getan. Auch nicht für Joannas Tochter. Aber Armand hatte schon immer einen gewissen Einfluss auf ihn.“
„Das heißt wohl, dass die beiden mehr als nur eine oberflächliche Freundschaft verbindet, nicht wahr?“ Ich begab mich hier auf gefährliches Terrain.
„Frag mich nicht, ich kann es dir nicht sagen. Ich weiß, dass sie sich schon lange kennen. Und ich hab da so eine Ahnung, dass Armand auch ein bisschen nachgeholfen hat, als Franklin das neue Oberhaupt wurde. Er war zwar zu diesem Zeitpunkt bereits der wahrscheinlichste Anwärter darauf, aber Carl hat etwas zu schnell den Hut genommen. Endgültig, versteht sich.“
„Hat Armand ihn getötet?“, fragte ich und weigerte mich gleichzeitig, ihm so eine Tat zuzutrauen.
„Die Leiche wurde ohne Untersuchung verbrannt. Auf Franklins Geheiß. So weiß niemand, ob sie blutleer war. Aber das alles hat halt zu jeder Menge Gerüchte geführt. Und wie das mit Gerüchten so ist, steckt de facto auch meist das ein oder andere Fünkchen Wahrheit darin.“
Nachdenklich nickte ich. Im Grunde wollte ich die Wahrheit wohl
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