Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)
gar nicht wissen, wenn sie tatsächlich ein schlechtes Licht auf meinen Geliebten warf.
Ich nahm mir ein Buch aus der Bibliothek mit, um vor dem Einschlafen noch ein wenig zu lesen. Es handelte sich angeblich um ein Relikt aus dem sagenumwobenen Atlantis, dessen Existenz von den modernen Wissenschaftlern vehement abgestritten wird. In dem Buch ging es um den Untergang des Kontinents. Und um ein Geschwisterpaar, halb Mensch halb Dämon, das die Schuld dafür trug. Klang eher nach einer Legende – ähnlich wie die alten Göttersagen. Ich hatte doch meine Zweifel, ob dieses Buch wirklich aus Atlantis stammte.
Manch Geheimnis sollte besser gehütet werden
Am folgenden Nachmittag fand ich Ben erneut in der blauen Bibliothek. Er schrieb seit zwei Wochen an einer Ausarbeitung über das Alte Testament und etwaige ältere Ursprünge. Umgeben von mehreren Bücherstapeln lud er mich ein, ihm Gesellschaft zu leisten. Eine zweite Meinung sei nie verkehrt. Draußen wurde es bereits dunkel, als Andrea mit einem Tablett kam. Wir hatten lange gearbeitet und dabei das Abendessen verpasst.
„Hier, damit ihr nicht vor lauter Arbeit verhungert.“
„Andrea, du bist ein Schatz!“, lobte Ben. „Setz dich doch zu uns.“
„Gern.“
Wir ließen uns die Leckereien schmecken, die sie für uns zusammengestellt hatte und führten anschließend unsere Diskussion fort. Andrea beteiligte sich allerdings kaum an dem Gespräch. Sie blickte die ganze Zeit über mit grüblerischer Miene zur Tür.
„Andrea?“, sprach Ben sie an.
„’Tschuldigung. Hab mich nur grad gefragt, was wohl wieder so wichtig ist, dass die beiden sich seit Sonnenuntergang in Franklins privates Arbeitszimmer zurückgezogen haben.“
„Wer hat sich zurückgezogen?“, wollte ich wissen. Ich nahm aus den Augenwinkeln Bens warnenden Blick wahr, aber Andrea sprach schon weiter.
„Franklin und Armand. Scheinen ja wieder mal sehr … “, jetzt bemerkte sie ihren Fauxpas und hielt kurz inne, „ … beschäftigt zu sein. Kennst Armand auch recht gut, nicht wahr? Er hat doch das Treffen zwischen dir und Franklin arrangiert.“
„Armand ist hier?“ Ich fühlte mich augenblicklich tief verletzt. Warum hatte er mich seine Nähe nicht spüren lassen? Was wollte er vor mir verbergen? Warum ging er erst zu Franklin, statt zu mir zu kommen, wo ich doch so sehnsüchtig auf ihn wartete? War ich ihm jetzt schon egal, nachdem er mich einmal in seinem Bett gehabt hatte? Wut brandete in mir auf. „Ich muss zu ihm.“
Ben griff nach meinem Arm, doch ich war schon aufgesprungen. Er erwischte mein Handgelenk. „Du solltest da nicht hin gehen. Armand wird sicher später zu dir kommen. Er und Franklin führen oft bis tief in die Nacht Gespräche und wollen dann von niemandem gestört werden. Das ist nicht ungewöhnlich.“ Ich verschloss mich vor der Wahrheit und der Logik in seinen Worten. Blinde Eifersucht trieb mich. Resigniert versuchte Ben nicht weiter, mich aufzuhalten. „Ich hoffe nur, du weißt, was du tust“, raunte er, aber ich war aus der Tür, ohne weiter auf ihn zu achten.
Es war schon in Ordnung. Ich würde mich bemerkbar machen, und wenn ich unerwünscht war, konnten sie mich ja wieder fortschicken. Dann hatten wir wenigstens reinen Tisch.
Im Kaminzimmer brannte überraschenderweise ein Feuer im Kamin. Ich trat einen Moment an die Flammen, mir war kalt. Aber die Kälte kam von meiner Angst. Ich fürchtete mich vor dem, was ich in Franklins Arbeitszimmer vorfinden könnte. Darum wärmte das Feuer mich nicht. Ich überlegte, ob es nicht ratsamer war, wieder zu den anderen zu gehen. Aber dann näherte ich mich entschlossen langsam der Tür. Sie war nur angelehnt. Ich wollte nicht lauschen, aber als ich die streitenden Stimmen aus dem anderen Raum hörte, schlich ich näher und wagte einen Blick durch den Spalt. Der Anblick raubte mir schier den Atem. Armand sah so verdammt gut aus, wie er da vor Franklin stand. In weißen Jeans und schwarzem Poloshirt. Er wirkte nicht länger wie der geheimnisvolle Gentleman aus vergangenen Zeiten, sondern einfach nur wie ein ungemein attraktiver Mann. Aber so oder so, er war ein Verführer – einer, dem keiner widerstehen konnte.
Nie zuvor hatte ich Armand in legerer Kleidung gesehen. Immer nur in seinen dunklen Anzügen oder gar mit diesem geheimnisvoll anmutenden schwarzen Umhang. Zum ersten Mal, seit ich wusste, dass er ein Vampir war, wirkte er auf mich wie ein Sterblicher. Franklin sah dagegen steif aus in seinem
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