Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)
werden.
„Du weißt nicht, worauf du dich einlässt, ma chère! Aber selbst wenn du es wüsstest, würde ich nicht zulassen, dass du dich jetzt noch zurückziehst.“
Er sollte aufhören zu reden. Ich wollte nicht mehr reden. Das Verlangen war so stark, dass es beinahe wehtat. Ich schlang meine Arme um seinen Hals, schmiegte mich an ihn, drängte ihm meinen Leib entgegen. Eine Weile hielt er mich an der Grenze zwischen Schmerz und Lust, indem er seine Finger nur ganz leicht über meine Haut gleiten ließ, sich zwar gegen das bebende Fleisch zwischen meinen Beinen presste, aber nicht in mich eindrang. Seine Zunge zog eine feuchte Spur an meinem Hals entlang, bis hinab zu meinen Brüsten, an denen er leckte und saugte, bis das Ziehen sich durch meinen ganzen Körper fortsetzte. Ich keuchte, bettelte, flehte. Es bereitet ihm unverhohlen Vergnügen, mich zu kontrollieren und mich mit meinem eigenen Verlangen zu quälen. Meine Haut war von seinen Berührungen so heiß, dass sie glühte. Seine war dagegen kalt wie Eis. Ich konnte meinen Blick nicht losreißen von dem schimmernden Weiß auf dem dunkelblauen Laken. Selbst mein blasser Teint wirkte gegen ihn gebräunt. Er war verboten schön, und meine Sehnsucht nach ihm stach tief in mein Herz.
„Bitte mich noch einmal darum, mon cœur!“, raunte er endlich heiser. Darum kämpfend, seinem Begehren nicht auf der Stelle nachzugeben, das ebenso unerträglich war wie das meine.
„Armand, tu es! Ich flehe dich an! Ich sterbe, wenn du dieses Spiel noch weiter treibst, ohne mich zu erlösen.“
„Nein, sterben wirst du nicht. Das würde ich nie zulassen.“
Er drang in mich ein und ich konnte nur selig seufzen, als endlich geschah, was ich den ganzen Abend herbeigesehnt hatte. Er glitt tief in mich hinein, füllte mich aus. Und ich sah die Erlösung in seinen Augen, als wir zum ersten Mal ganz und gar eins waren. Er küsste meine Stirn, meine Lider, meine Schläfen, meine Kehle. Dann kam der bereits vertraute, scharfe Schmerz. Ich spürte es überdeutlich – heiß und brennend – als sich seine Zähne in meinen Hals bohrten. Seit dem ersten Mal hatte ich es nie vergessen, aber diesmal war es ganz anders, viel stärker. Mehr, als ich in diesem Moment ertragen konnte. Ich spürte jeden Millimeter, den seine Fänge tiefer in mich drangen. Durch die Haut, das feste Muskelfleisch darunter und schließlich die Ader, durch die heiß und schnell der warme dunkle Saft des Lebens pulste. Das Blut begann zu fließen, und Armand trank. Der Schmerz wurde übermächtig. Ein heftiges Ziehen, das von den Einstichwunden durch die Venen bis hin zu meinem Herzen ging. Stärker und stärker wurde es, aber nicht unangenehm. Ganz im Gegenteil. Ich wollte nicht, dass es wieder aufhörte. Es kam mir endlos vor und doch nicht lang genug. Was war ich in diesem Moment für ihn? Geliebte, Opfer, Beute? Oder von allem etwas? Eine Welle nie gekannter Lust spülte über mich hinweg. Ich stöhnte laut vor Wonne. Wir erreichten beide den Höhepunkt, während ich noch immer spürte, wie mein Blut in ihn floss, so wie sein Samen in mich. Wenn das mein Ende ist, dachte ich bei mir, hätte es nicht schöner sein können. Aber kaum hatte ich das gedacht, als er mich auch schon wieder freigab. Ich schmeckte Blut auf meinen Lippen, glaubte, es sei mein eigenes. Vorsichtig leckte ich es mit der Zungespitze ab. Es war berauschender als jeder Wein. Ich hob die Lippen an die Quelle dieses süßen Nektars und trank von Armand, wie er zuvor von mir. Er presste sein Handgelenk sanft gegen meinen Mund, streichelte mit der anderen Hand meinen Nacken.
„Oui, ma belle, trink. Es ist alles gut. Es wird dir nichts passieren.“
Ich glaubte ihm. Nein, ich wusste, dass er die Wahrheit sagte. Es ungefährlich zu nennen, wäre sicher vermessen, aber Armand wusste sehr gut, wie viel er von mir trinken konnte oder ich von ihm, ohne dass es Folgen für mich haben würde. Das hoffte ich jedenfalls.
Danach lagen wir bis zur Dämmerung stumm beieinander. Ich fühlte mich ihm zum ersten Mal wirklich nah. Gleich, wie wenig ich damals über ihn wusste oder wie viel ich heute weiß, eines war von diesem Moment an sicher: Nichts auf dieser Welt würde je fähig sein, uns zu trennen.
Ich lag auf dem Bauch – das Gesicht ihm zugewandt – und beobachtete, wie sich das Kerzenlicht in seinen Augen spiegelte. Wie es das kalte Grau in warmen Rauch verwandelte. Wann hatte er die Kerzen entzündet? Ich konnte mich nicht erinnern. Doch es
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