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Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)

Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Carpenter
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Pantherkopf in seiner linken Hand. Derblutrote Rubin an seinem Ringfinger schimmerte dabei geheimnisvoll und lebendig, wenn sich das Spiel der Flammen im großen Kamin darin fing.
    „Ah,
thalabi
! Wie ich sehe, ist dir die Wandlung gut bekommen.“ Er lächelte dunkel und berechnend. Den rechten Ellenbogen hatte er aufgestützt und sein Kinn ruhte auf seinen Fingern, während er mich aus nachtblauen Augen nachdenklich musterte. Sein Thron hatte mir als Sterbliche Angst gemacht. Jetzt, als Vampir, schienen die gemarterten Seelen im Relief zu leben. Ich sah, wie sie sich bewegten, glaubte, ihr Stöhnen und Wimmern zu hören. Die Totenköpfe an den Armlehnen grinsten spöttisch. Dennoch schreckte mich der Anblick nicht mehr.
    Wie beim ersten Mal trug Lucien seinen dunklen Seidenumhang und sein nachtschwarzes Haar floss offen über seine Schultern. Der schmale Bart um Kinn und Lippen gab ihm einen Hauch Verwegenheit, wie ein Pirat aus einem Abenteuerroman. Er wartete. Es lag an mir, auf ihn zuzugehen.
    „Du hast mich gerufen“, sagte ich mit einem mutigen Schritt auf ihn zu.
    „Ja“, antwortete er und bleckte diesmal beim Lächeln die Fangzähne. „Und du bist meinem Ruf gefolgt.“
    „Ich weiß, dass du es mit Absicht getan hast.“
    „Was getan?“ Seine fein geschwungene Augenbraue hob sich kaum merklich, während er fragend den Kopf zur Seite neigte. Er spielte den Unschuldsengel, spielte ihn gut.
    „Mich trinken lassen. Damit ich dir gehöre.“
    Jetzt lachte er, während er elegant sein Bein von der Lehne schwang, um aufzustehen und die Stufen der Empore herab zu mir zu kommen. Himmel, ich hatte fast vergessen, wie groß er war. Mindestens anderthalb Kopf größer als ich, und seine Aura ließ ihn noch riesiger wirken. Er umfasste mein Kinn mit seinen kühlen Fingern. Bei der Göttin, selbst auf meiner eisigen Haut fühlten sich seine Finger kalt an.
    „Du hättest mir sowieso gehört, Melissa Ravenwood. Das Blut hat es nur leichter gemacht.“
    „Und sicherer.“
    „Höre ich da etwa Verbitterung aus deiner Stimme,
thalabi
?“
    „Nein. Ich wollte nur, dass du weißt, dass ich mir darüber im Klaren bin.“
    Er zuckte gleichmütig die Achseln und machte eine vage Geste mit seiner linken Hand. Sein Augenaufschlag mit diesen seidigschwarzen, langen Wimpern wirkte kühl, fast arrogant.
    „Jetzt weiß ich es also. Und was ändert das? Ich hielt dich nicht für einfältig, sonst hätte ich mir die Mühe gar nicht gemacht. Also, wo liegt dein Problem?“
    „Ich wollte, dass dir klar ist, dass du mir nichts vormachen kannst.“
    Jetzt tadelte er mich mit erhobenem Finger, schürzte die Lippen und lehnte sich näher zu mir. „Überschätze dich nicht,
elby
. Ich kann dir alles vormachen, wenn ich will. Aber ich will nicht.“ Er ließ die Worte auf mich wirken. „So viele sind zu schwach für die Ewigkeit. Sie sterben zu schnell. Ich würde dir gern helfen, damit es dir nicht so ergeht.“
    Er machte eine bedeutungsvolle Pause, während der ich spürte, wie er in meiner Seele las. Etwas kroch einer Schlange gleich durch mein Innerstes, betastete hier und dort mein Wesen mit seiner gespaltenen Zunge. Ich zitterte unter dem Gefühl von Kälte, das es zurückließ. Für einen Augenblick verengten sich Luciens Augen zu schmalen Schlitzen und sein Lächeln erstarb. Aber dann wurde er wieder sanft und schmeichelnd, die Schlange zog sich aus mir zurück, ich hatte die Prüfung überstanden.
    „Komm jetzt. Die lange Reise hat dich erschöpft. Für einen jungen Vampir ist es eine immense Anstrengung, den großen Teich zu überqueren.“
    Die Müdigkeit steckte mir in allen Knochen. Aber ich hatte mir beweisen wollen, dass ich es konnte. Leichtsinn oder Mut? Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem. Lucien bewunderte das, wie ich an seinem anerkennenden Blick sehen konnte.
    Der Thronsaal bestand, abgesehen von der Empore und dem Kamin mit zwei hohen Ohrensesseln davor, lediglich aus einer großen alten Holztafel und einigen Stühlen. Sonst war der Raum kalt und leer. Der Lord führte mich zur Nordwand und drückte dort gegen einen der Steine. Sofort schwang ein Teil der Mauer geräuschlos auf. Dahinter lag ein gerade zwei mal zwei Meter großer Raum, von dem aus eine Treppe in die Tiefe führte.
    Unten angekommen verlief ein Gang ein Stückweit geradeaus, ehe er sich in verschiedene Richtungen gabelte. Überall konnte man Fackeln leuchten sehen. Trotzdem war es sehr kalt. Ich hörte das Meer rauschen. Offenbar

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