Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
nur, weil er weiß, dass ich wieder gehen werde und dass es leichter für dich ist, wenn du dir meiner Zustimmung sicher bist, dass er dich unter seine Fittiche nimmt.“
Er küsste mich tröstend, hielt mich eine kleine Ewigkeit in seinen Armen.
„Ich liebe dich, Armand. Nur dich allein.“ Ich hoffte so sehr, dass er mir glaubte, obwohl es doch wie eine Lüge aussehen musste, wenn ich bei Lucien blieb.
„Ich weiß, mon cœur. Daran würde ich niemals auch nur eine Sekunde zweifeln.“
Wir lösten uns widerstrebend voneinander, sanft streichelte er meine Wange, ein wehmütiges Lächeln auf den Lippen, ehe er wie ein Schatten in der lauen Miaminacht verschwand.
*
„Welch rührselige Romantik“, spottete Lucien und trat aus den Schatten der Seitengasse, als Armand eiligen Schrittes daran vorbeilief. Seine Worte brachten ihn sofort zum Stehen. Fauchend fuhr er herum und bleckte seine Fänge. Der Lord zuckte nicht einmal mit der Wimper, sondern trat noch einen weiteren Schritt auf ihn zu, einschüchternd allein aufgrund seiner Größe, von der Aura seiner Macht ganz zu schweigen. „Ich darf doch wohl davon ausgehen, dass du dennoch nicht die Absicht hast, dich länger in meinem Jagdgebiet aufzuhalten,
durhan
.“
Es war keine Frage, sondern ein Befehl. Armands Kieferknochen mahlten vor unterdrückter Wut und seine Fingerknöchel traten weiß hervor, so fest ballte er die Hände zu Fäusten. Er wusste, dass er Melissa in der Obhut des Lords zurücklassen musste. Er wusste auch, dass es für sie das Beste war, weil sie so am schnellsten lernen würde, mit ihrer vampirischen Natur ins Reine zu kommen. Doch glücklich war er darüber nun wirklich nicht. Sie war seine Braut, seine Liebste. Und der Gedanke, sie mit Lucien teilen zu müssen, ja sie womöglich sogar an ihn zu verlieren, weil er so viel mächtiger und stärker war als er selbst, zerriss ihm schier das Herz, wurde zur unerträglichen Qual für seine Seele.
„Je te quitte. Ich werde die Stadt noch heute Nacht verlassen, sei unbesorgt.“
„Gut!“ Lucien lächelte kalt. „Du kannst sie beruhigt in meiner Obhut lassen, deine kleine Füchsin. Ich werde gut auf sie aufpassen.“
„Wenn du ihr etwas antust …“ Seine Augen blitzten im Dunkeln auf, doch den Lord beeindruckte das nicht.
„Was dann? Droh mir nicht, Armand. Du weißt, wie sinnlos das ist.“
„Was willst du von ihr? Und erzähl mir nicht, dass es dir nur darum geht, sie zu lehren. Deine Nachkommen sind dir sonst auch immer gleichgültig. Was ist der Grund bei ihr?“
„Sie ist schön. Und sie ist rein. Ein kostbares Gefäß für all das, was ich sie lehren kann.“
Armand kannte diese Lehren. Er wusste, es würde Melissa die Unsterblichkeit leichter machen, wenn sie durch Luciens Schule ging. Dennoch sorgte er sich um ihr Seelenheil, um ihr verletzliches Herz. Seines hatte gelitten in den Jahren an der Seite des Lords. Trotz allem schönen Schein, die Schatten hinter Luciens Fassade waren dunkler als die schwärzeste Nacht. Er schluckte hart. „Ich bleibe in der Nähe!“
Lucien machte eine gönnerhafte Geste, als wolle er sagen, ganz wie du meinst. Lehrer und Schüler, einstige Geliebte, doch heute Nacht trennten sie sich in Groll und Eifersucht, weil sie beide dieselbe Frau begehrten, wenn auch aus unterschiedlichem Antrieb.
*
„Ah, ich sehe, du hast dich entschieden“, begrüßte mich Lucien, als ich Stunden später wieder auf die Insel zurückkehrte. „Ich hoffe, ihr habt euch hinreichend verabschiedet. Du und dein Liebster.“ Ich erschrak darüber, dass er von unserer Begegnung wusste.Doch was hatte ich erwartet? Miami war sein Reich, nirgends war seine Macht so stark wie hier. Ein kalter Klumpen bildete sich in meinem Magen vor Angst, er könne Armand tatsächlich etwas antun. Der Lord verzog verächtlich die Lippen über diese Sorge. „Er ist doch keine Bedrohung für mich. Was hätte ich davon, ihn zu zerstören? Nein, es ist nur so, dass ich eigentlich angenommen hatte, die Monate, die ich euch ließ, hätten genügt, um ein wenig traute Zweisamkeit zu genießen, ehe ich dich rief.“
Ich blieb stumm, Osira hingegen knurrte warnend.
„Halte dein hübsches Hündchen besser zurück, oder du wirst dich bald nach einem anderen Seelentier umschauen müssen. Im Gegensatz zu deinem Liebsten sehe ich sie sehr wohl als Konkurrenz an. Ich dulde sie, weil sie ein Teil deiner selbst ist. Aber sorge dafür, dass sie mir nicht in die Quere kommt.“
Osira war
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