Ruf des Blutes 3 - Dämonenring (German Edition)
einmal zu ihm, durchsuchte seine Taschen, bis ich seine Geldbörse fand. Ich nahm nur das Bargeld, warf das lederne Etui auf ihn, beugte mich ein letztes Mal zu ihm und schlitzte mit meinem Daumennagel seine Kehle auf. Ein normaler Raubüberfall. Und diesmal hatte es keinen Unschuldigen getroffen.
Nun wurde es aber Zeit, Franklin wartete sicher schon auf mich. Ich erreichte Gorlem Manor in wenigen Augenblicken. Zögernd blieb ich draußen stehen, fühlte das Blut dieses Mörders noch heiß in meinen Adern brennen. Zu heiß. Benommen lehnte ich mich an die kühle Steinmauer der Hauswand, wartete darauf, dass mein Herz langsamer schlug und die Gier verlosch. Mein Vater erkannte den Unterschied, wenn ich gerade frisch getrunken hatte. Er akzeptierte inzwischen zwar, dass ich zu den Bluttrinkern gehörte, aber es gefiel ihm so wenig wie am ersten Tag. Ich versuchte daher, Rücksicht auf seine Gefühle zu nehmen. Es gelang mir nicht immer.
Der Sog wurde stärker, der verlockende Strudel, der kommt, wenn das Blut unseres Opfers uns erfüllt, seine Erinnerungen durch die Gedanken tanzen. Es ist das Ziel der Jagd, dieses Gefühl, wieder menschlich zu sein, weil man Menschlichkeit geraubt hat.
Ich ergab mich der Dunkelheit um mich herum, ließ sie Teil von mir werden, spürte, wie sich Frieden auf mich herabsenke, ein Frieden, der mich mit Liebe und Ruhe erfüllte. Ich war Teil von alledem, von Dunkelheit, Tod und der Herrlichkeit der Nacht. Das Gefühl wurde stärker, wie jedes Mal, wenn das Blut eines Menschen mich mit neuem Leben erfüllt, bis ich mich endlich nicht mehr verloren fühle. Ein kurzer Moment des Glücks, der immer viel zu schnell wieder vergeht. Doch ich koste diese Augenblicke aus wie ein wertvolles Geschenk. Der einzige mir verbliebene Frieden, auch wenn er nicht echt ist. Nur eine Illusion, die die Jagd mir schenkt. Das, wofür wir alle leben.
Ich fasste mich schnell wieder. Heute war keine Zeit, sich zu verlieren. Ich hatte ja nicht mal jagen wollen, es war einfach passiert. Eigentlich hatte ich nur eine Weile Ruhe in den nächtlichen Gassen gesucht, ehe mich der Rummel mit den bunten Lichtern und würzigen Düften magisch angezogen hatte. Und dann war er da gewesen. Wie bedauerlich und auch ärgerlich. Franklin würde nicht begeistert sein. Dem Fremden fiel es sicher nicht auf, er wusste nicht, was ich war.
Ich lauschte angestrengt. Mein Vater war im Kaminzimmer, sein Gast bereits bei ihm. Zeit für meinen Auftritt. Lautlos glitt ich zur Tür hinein und suchte John, damit er mich anmelden konnte.
Begegnung zwischen den Welten
Draußen vor den Fenstern fiel leichter Nieselregen, was das Kaminfeuer noch gemütlicher erscheinen ließ. London war nass und kalt in diesen Tagen. Kaum zu glauben, dass sie eigentlich Sommer hatten. Kein Mensch würde jetzt die Heizung aufdrehen, aus Prinzip nicht. Doch so ein Kaminfeuer … aber er war ja nicht hier, um die Behaglichkeit von Gorlem Manor zu genießen. Die Leute, die in diesem Anwesen lebten und sich selbst als PSI-Orden bezeichneten, waren ihm suspekt. Er war ein Agent der Regierung, der sich mit Tatsachen beschäftigte. Für diesen Hokuspokus, mit dem die hier ihre Zeit verschwendeten, hatte er kein Verständnis. Doch seine Vorgesetzten bestanden auf der Zusammenarbeit mit dem Orden. Sie schätzten Franklin Smithers, den Leiter dieses Mutterhauses, auch wenn sie ihm mit Vorsicht begegneten. Mutterhaus! Wie albern. Er fuhr sich mit der Hand durch die kurzen schwarzen Haare. Das war alles nicht seine Welt. Seiner Meinung nach konnten sie die seltsamen Vorfälle auch sehr gut alleine lösen. Wer brauchte schon diese PSI-Spinner?
„Für mich ist die Ashera nichts anderes als eine weitere Sekte“, erklärte er daher unbeeindruckt.
„Nun, die Ashera ist keine Sekte, Mr. Forthys“, konterte Smithers säuerlich und schob sich seine Brille zurecht. „Wir erforschen und dokumentieren, was wir über die Welt des Unbekannten erfahren. Und jeder Einzelne ist der Gemeinschaft treuund loyal ergeben, bis zu seinem Tod. Aber wir haben keine Dogmen, wir unterziehen niemanden einer Gehirnwäsche, noch versuchen wir, das Individuum Mensch zu verändern. Und wir ziehen auch niemandem sein Vermögen aus der Tasche, indem wir ihn uns hörig machen. Die Ashera hat das nicht nötig. Jeder hier ist frei in seinem Glauben und weitestgehend auch in seinem Handeln.“
Ja, ja – weitestgehend
, dachte er. Welch dehnbare Umschreibung. Aber er sprach es nicht aus.
„Wir
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