Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
Sterblichen sein Wort gegeben, wofür auch immer. Dafür spielte er viel zu gerne mit den Menschen und kostete seine Macht über sie aus. Ich hätte Franklin verstanden, wenn er ihm nachgab, doch wenn man mich nach meiner ehrlichen Meinung fragte, hätte ich alles getan, um das zu verhindern. Nur besaß ich dazu kein Recht mehr. Es lag an Franklin, was er tat. Aber ihn in Luciens Bann zu wissen, war keine schöne Vorstellung.
Erneut rang ich mit mir, ihn einfach trinken zu lassen. Vielleicht aus einem Kelch, dann wäre das Risiko umgangen, dass wir übereinander herfielen und die Schuld eines Inzests auf uns luden. Stumm lag die Frage in meinem Blick und Franklin verstand sie durchaus, schüttelte aber den Kopf.
„Es wird Zeit, dass ich für meine Taten büße. Ich bin zu lange davongelaufen. Nun bekomme ich die Quittung.“
Mein Handy klingelte und unterbrach unsere Unterhaltung. Ich schaute auf das Display und wunderte mich über die unbekannte Nummer. Niemand außerhalb des Ordens, außer ein paar Vampiren, hatte meine Telefonnummer.
„Melissa Ravenwood?“, meldete ich mich.
„Mel! Ich brauche deine Hilfe. Bitte komm so schnell du kannst nach San Francisco.“
Der Schock lähmte mich, raubte mir fast das Bewusstsein. Meine Kehle war so zugeschnürt, dass ich kaum eine Antwort hervorpressen konnte.
„Wo?“, krächzte ich und ignorierte Franklins alarmierten Blick.
„Komm einfach, ich finde dich dann dort.“
„Ich breche sofort auf, mein Liebster!“
Ein paar Tage hatte sich Samara gedulden müssen, denn Dracon wollte auf keinen Fall Melissa noch mal unter die Augen treten, solange er ihr nicht bewiesen hatte, dass sie sich in ihm täuschte. Doch er war immer in der Nähe von Gorlem Manor geblieben und wusste daher, dass sie das Mutterhaus verlassen hatte. Wohin konnte er zwar nicht sagen, doch sie war sehr aufgebracht gewesen. Entweder der Plan von Kaliste und Sylion ging in die nächste Runde, oder Armand war irgendwo aufgetaucht. Letzteres hoffte er nicht, denn das würde ihm sehr ungelegen kommen.
„Wohnt hier der Elfenkönig?“, fragte Samara mit großen Augen.
„So ungefähr.“ Er beobachtete das Fenster zu Franklins Arbeitszimmer. Lucien war bei ihm, das spürte er. Sehr amüsant, er konnte sich denken, was sein Dunkler Vater im Schilde führte. Doch im Augenblick wäre ihm lieber gewesen, er hätte London längst wieder verlassen. Musste er gerade jetzt den Big Daddy für Mel spielen?
„Ich will zum Elfenkönig“, meldete sich Samara noch mal.
„Ja, Süße, gleich. Wir müssen erst auf die Audienz warten. Da ist noch jemand vor uns dran.“
Die Kleine war wieder still und schaute ebenfalls zum Fenster. Er seufzte, konzentrierte sich darauf, seine Anwesenheit vor dem Lord zu verschleiern, darin hatte er inzwischen Übung.
Endlich verließ der den Vater des Ashera-Mutterhauses und Gorlem Manor gleich mit. Jagdzeit! Doch weit kam Lucien nicht.Verblüfft sah Dracon zu, wie vier Ghanagoul-Wächter aus den Schatten hervortraten und ihre Lanzen auf Lucien richteten. Das hatte ja nicht lange gedauert, bis Kaliste ihren Worten Taten folgen ließ. Aber dass sie sich hierher trauten, ins Lager des Feindes? Andererseits, wenn Kaliste das befahl, gehorchten sie einfach. Scheiß auf das Risiko, gefasst zu werden, so viel Verstand hatten diese Biester nicht.
Es ging alles sehr schnell. Luciens überheblicher Blick beim Erscheinen der Wächter, weil er als direkter Nachkomme Kalistes keinerlei Respekt vor ihnen hatte, erstarb in dem Moment, als aus den Lanzen ein heller Blitz hervortrat und ihn lähmte. Zwei der Ghanagouls packten ihn unter den Armen und zerrten ihn fort.
Dracon schluckte. Er hatte seinen Plan, Lucien zu retten, wenn Kalistes Wächter ihn holten, zwar im Groben gefasst, doch jetzt fragte er sich doch, ob es nicht besser gewesen wäre, ihn zu warnen. Er musste zugeben, dass er Angst hatte, ihn zu befreien. Weniger aufgrund der Wächter, die ihn kannten und mit denen er schon klar kam, als vielmehr, weil Lucien vielleicht auf ihn losging, wenn sich die Wut über das Eingesperrtwerden erst richtig aufstaute.
Doch keine gute Idee, den Helden spielen zu wollen? Jetzt war es zu spät, ihm blieb keine andere Wahl, denn Lucien wurde gebraucht, sobald Melissa zum Tor von Darkworld aufbrach. Er selbst hatte nicht genug Macht, gegen Sylion oder gar Kaliste vorzugehen. Lucien, wenn er vorbereitet war, durchaus. Eine Sackgasse, in die er sich selbst gebracht hatte. Er seufzte,
Weitere Kostenlose Bücher