Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
zuckte die Schultern und fand sich damit ab, dass es für Überlegungen jetzt zu spät war. Aber ein wenig schmoren lassen wollte er Lucien. Dann war er sicher dankbarer für seine Rettung und nicht ganz so lebensgefährlich.
„Bringen die jetzt den Elfenkönig weg?“, erklang Samaras erschrockene Stimme und riss Dracon aus seinen Gedanken.
Verflucht, er hätte ihr die Augen zuhalten sollen. Na ja, nicht zu ändern. „Das war nicht der Elfenkönig. Der Mann da hatte nur eine Audienz bei ihm. Und jetzt sind wir an der Reihe.“
Vertrauensvoll fasste sie seine kalte Hand und schritt mit ihm zu dem Becken mit den beiden Engelsstatuen hinüber, das vor den Flügeltüren zu Franklins Arbeitszimmer stand. Mel liebte diese Statuen, das wusste er.
Es war nicht grade der höflichste Weg, sich Zugang zu verschaffen, aber an unzähligen neugierigen Ashera-Augen wollte er nicht vorbei. Also öffnete er die Türen mit einem Wink und drückte sie dann langsam auf. Ein effektvoller Auftritt, der Franklin erschreckte, war in diesem Fall kontraproduktiv, auch wenn er ungern darauf verzichtete.
Schon die Tatsache, dass ein Vampir sein Zimmer betrat, wofür er Minuten nach Luciens Abgang noch immer sensibel war, und dann auch noch das Erkennen, dass es sich dabei um Dracon handelte, reichte, um den Ashera-Vater in die hinterste Ecke seines Zimmers flüchten zu lassen. Dracon hob irritiert die Augenbrauen. Da wollte er mal kein Aufsehen erregen und ausgerechnet dann gelang es ihm umso besser. Falsche Strategie. Wo Worte wohl schwierig waren, um einen passenden Einstieg zu finden, erklärte das Mädchen hoffentlich besser seinen Besuchsgrund, darum schob er Samara sanft vor und sagte deutlich, damit auch Franklin ihn hören konnte: „Das, Samara, ist der Elfenkönig.“
In Franklins Gesicht zeigte sich eine Mischung aus Frage und Fassungslosigkeit. Dracon machte eine beschwichtigende Geste mit der Hand. Er wollte ihm gern alles erklären, aber nicht im Beisein des Kindes.
Samara nahm Franklin augenblicklich für sich ein. Mit strahlenden Augen eilte sie auf ihn zu, blickte zu ihm auf und plapperte begeistert drauflos, dass sie schon immer davon geträumt habe, dem Elfenkönig zu begegnen, auch wenn sie sich den ganz anders vorgestellt hatte. Dann erzählte sie von Malaida, die sie zu ihm hatte bringen wollen, aber von einem bösen Mann getötet wurde, der mit einer noch böseren Frau zusammenlebte.
Dracon beobachtete amüsiert den Farbwechsel in Franklins Gesicht und wie sich sämtliche Gefühlsregungen nacheinander zeigten. Die Fragen hinter seiner Stirn bildeten ein so wildes Durcheinander, dass Dracon nicht einmal Interesse daran hatte, sie zu lesen, auch wenn er sonst wenig Rücksicht auf die Privatsphäre im Kopf eines Menschen nahm. Als Franklins Hilflosigkeit gegenüber dem Kind allmählich einen kritischen Punkt erreichte und es ihn sichtbar drängte, mehr über die Elfe und ihre beiden Mörder zu erfahren, schritt Dracon schließlich ein.
„Samara, ich glaube, du überforderst den Elfenkönig ein wenig. Er ist ein sehr zurückhaltender Me… äh, Mann. Vielleicht vertagt ihr eure Unterhaltung auf morgen, wenn er über deine kleine Geschichte nachgedacht hat, okay?“
Die Kleine überlegte kurz, legte ihren Finger an die Lippe und Dracon konnte ein leises Seufzen nicht unterdrücken. Sein Herz für Kinder würde ihn noch ins Grab bringen.
„Vielleicht rufen Sie jemanden vom Orden, der das Mädchen zu Bett bringt. Sie ist zwar aufgedreht, aber auch hundemüde. Wenn sie unter eine kuschelige Decke schlüpft, schläft sie sicher sofort ein. Ich erkläre dann das Ganze noch mal der Reihe nach.“
Zumindest schien Franklin ihn nicht in Verdacht zu haben, etwas Schlimmes mit dem Kind angestellt zu haben oder an seiner Entführung beteiligt gewesen zu sein.
Er hielt sich im Schatten verborgen, als Franklin Samara an Vicky übergab, damit sie ihr etwas zu essen machte und sie dann ins Bett brachte. Vicky stellte auch keine Fragen, sondern entwickelte sofort Muttergefühle. Die dralle Frau mit dem irischen Akzent entsprach voll und ganz ihrem ersten Eindruck, stellte Dracon lächelnd fest.
„Nun, dann …“, Franklin räusperte sich, nachdem sie wieder allein waren und traute sich an seinen Schreibtisch zurück, wobei er Dracon den Stuhl davor anbot.
„Keine Entschuldigungen, Franklin. Ich habe Lucien rausgehen sehen und ich kenne meinen Vater.“
Der Adamsapfel des Ordensleiters hüpfte, als er hart schluckte,
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