Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
Verpflichtung hatte, die ich nicht einhalten konnte.
Die Golden Gate lag unter mir und ich suchte nach einem Platz, wo ich wieder zur Erde sinken und mich unter die Leute mischen wollte. Meine geistigen Antennen waren ausgefahren, um jedes noch so kleine Zeichen von Armand aufzufangen.
Lange musste ich nicht warten, da fühlte ich einen inneren Ruf und folgte ihm blind. Er klang nicht so vertraut wie sonst, die lange Trennung musste ihre Spuren hinterlassen haben.
Sie lockte mich zu einem verlassenen Schrottplatz, was mich misstrauisch machte. Warum traf er sich an einem abgelegenen Ort mit mir und nicht in einem Restaurant, Hotel, einer Bar oder einfach irgendwo in den Straßen?
„Melissa?“ Ich wirbelte herum und fand augenblicklich die Antwort auf diese Frage.
„O mein Gott! Armand!“
Er sah fürchterlich aus. Über und über von Schrammen und Blutergüssen bedeckt.
„Mel!“
Die Erleichterung in seiner Stimme, zerriss mir das Herz. Wie hatte ich nur glauben können, dass er mich verlassen würde? Was war mit ihm geschehen? Wo war er die letzten Monate gewesen und wer hatte ihm das angetan? Tausend Fragen jagten sich hinter meiner Stirn.
„Ich habe nicht viel Zeit,
ma chére
“, flüsterte er und die Heiserkeit seiner Stimme erschreckte mich.
„Was … was meinst du damit?“
„Die Verletzungen heilen nicht. Die haben mir so ein Zeug gegeben. Ich weiß nicht was, aber es setzt meine Selbstheilung außer Kraft.“
„Wer? Kaliste? Sylion?“
Er schüttelte den Kopf. „Nein.“ Dann zögerte er, blickte sich gehetzt um. „Vielleicht. Ich weiß es nicht.“
Er klang so verzweifelt, dass es mir durch Mark und Bein ging. Ich schlug eine Hand vor den Mund, konnte das Schluchzen nicht unterdrücken, streckte die andere nach ihm aus, wagte kaum, ihn zu berühren, aus Angst, ihm wehzutun.
„Da war dieses Gemäuer und so viele Ebenen mit schrecklichen Geschöpfen.“ Ihn schauderte bei der Erinnerung und er schloss für einen Moment die Augen. Ich fühlte mich hin und her gerissen, hatte nur einen Gedanken: Wie konnte ich ihm helfen?
„Dann ist mir die Flucht gelungen, dachte ich zumindest. Aber sie sagten was von einem Gift und dass ich das Gegenmittel nur bekomme, wenn ich ihnen den Ring bringe.“ Er deutete auf den Smaragd.
„Armand, was haben sie damit vor? Weißt du das?“
„Nein, sie haben mir nichts weiter gesagt. Nur, dass ich den Ring besorgen soll, sonst sterbe ich. Ich habe nur noch wenig Zeit. Bitte Mel, wenn du mich wirklich liebst, dann gib ihn mir.“
Schuldgefühle, dass ich an ihm gezweifelt hatte, während er die Hölle durchmachte, nagten an mir. Der Ring war sein Geschenk an mich, und wenn er ihn jetzt wiederhaben wollte, noch dazu um sein Leben zu retten, dann war das nur recht. Ich hatte immer noch den Schlüssel und dass der Ring für das Tor eine Rolle spielte, stammte sowieso nur aus meinem Traum, dafür gab es keine Bestätigung. Vielleicht hatte das eine mit dem anderen gar nichts zu tun, doch selbst wenn, war Armand nicht wichtiger als alles andere auf der Welt? Tief im Inneren wusste ich, dass ich es nicht tun sollte, dass ich nicht das Recht hatte, sein Leben über dasSchicksal der Welt zu stellen, doch ich brachte es nicht über mich, ihn sterben zu lassen. Wenn er nur erst das Gegenmittel hatte, dann fiel mir sicher etwas ein, wie wir den Ring zurückbekamen. Ohne weiter zu zögern, zog ich den Smaragd vom Finger und gab ihn ihm.
Er umarmte mich dankbar, küsste meine Stirn, doch irgendwie fehlte der Geste die Wärme, die ich sonst empfand, wenn wir uns nahe waren. „Du rettest mir das Leben, Mel.“
Mein Handy klingelte und ich bat ihn einen Moment zu warten. Es war Franklin.
„Mel, wir haben jetzt auch die letzten Zeilen der Schriftrolle entziffert, die Lucien uns gegeben hat. Du darfst Armand auf keinen Fall den Ring oder den Schlüssel geben, denn du hattest recht mit deinem Traum. Es gibt einen Weg beides zu verbinden und das Tor nach Darkworld damit zu öffnen.“
„Was?“
Ich hoffte, mich verhört zu haben, aber mein Vater wiederholte noch einmal dasselbe und erzählte außerdem, dass Dracon ein Feuerkind der Wende ins Mutterhaus gebracht hatte. Verwirrt legte ich auf und wandte mich wieder an Armand.
„Armand, wir müssen uns schleunigst etwas überlegen. Du kannst denen den Ring nicht geben, egal wer es ist. Sie arbeiten vielleicht mit einem gewissen Sir Maxwell zusammen. Das ist eine lange Geschichte, ich erzähle sie dir ein andermal,
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